Mit fast 70 immer noch fit wie ein Turnschuh

Von Steffen Grün

„Gehts euch gut?“ Diese Frage stellt Brigitte Würfel den Laufend-BKZ-Teilnehmern bei den wöchentlichen Trainingseinheiten immer wieder aufs Neue. Meistens dann und mit einem schelmischen Lächeln, wenn ihre Schützlinge richtig aus der Puste sind, weil sie gerade beispielsweise das stramme Aufwärmprogramm absolviert haben. Trotzdem schallt ihr in der Regel ein lautes und vielstimmiges „Ja“ entgegen. Die 69-Jährige besitzt die nötigen Motivationskünste, um die Frauen und Männer dazu zu bewegen, ihren inneren Schweinehund zu überwinden. Das dient dem klar definierten Ziel bei Laufend BKZ, die Einsteiger von Mitte September bis Ende Dezember in einen Fitnesszustand zu bringen, der es ihnen ermöglicht, beim Silvesterlauf das 10-Kilometer-Rennen meistern zu können. Bei den Fortgeschrittenen geht es darum, die Zeiten zu verbessern.

„Gehts dir gut?“ Diese Frage würde Brigitte Würfel auch dann mit einem eindeutigen Ja beantworten, wenn sie gerade selbst mit gutem Beispiel vorangegangen ist. Und das tut sie andauernd. Sei es bei den Koordinations-, Kräftigungs- und Dehnübungen, nach denen vor allem so manche Männer beinahe einen Knoten in den Beinen haben. Oder bei den Läufen an sich, die von Woche zu Woche ein bisschen länger werden. Dass die gebürtige Braunschweigerin, die bereits seit 1980 im Backnanger Stadtteil Steinbach wohnt, auch mit fast 70 Jahren noch fit wie ein Turnschuh ist, kommt nicht von ungefähr. Es hat vielmehr damit zu tun, dass der Sport ihr Leben in vielerlei Hinsicht schon immer prägt, im Privaten und im Beruf.

Brigitte Würfel, die in einem kleinen Ort in der Nähe der zweitgrößten niedersächsischen Stadt aufgewachsen ist, entpuppt sich bereits als kleines Mädchen als Sportskanone. Sie wird von ihren Eltern fürs Kinderturnen beim Verein angemeldet und avanciert zur Kreismeisterin im Vierkampf. Handball spielt sie später auch und unterstreicht mit dem Erwerb des Deutschen Sportabzeichens ihre Vielseitigkeit. „Meine beste Note war stets die Sportnote“, erinnert sich Brigitte Würfel. Meist war es eine glatte Eins – mit Sternchen, wenn es das in der Schule geben würde. Als sie das Abitur in der Tasche hatte, wusste sie deshalb sofort, wie es weitergehen sollte: mit dem Sportstudium an der Technischen Universität in Braunschweig.

Sportliches Kind, Sportstudentin, Sportlehrerin, Sportpädagogin

Bis zu ihrem Abschluss kam die Studentin mit etlichen Sportarten in Berührung – nicht allein in der Theorie, sondern auch in der Praxis. „Leichtathletik, Turnen, Basketball, Schwimmen, Volleyball, Skifahren“, zählt Brigitte Würfel auf und diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie arbeitete als Sportlehrerin an einer Realschule in Braunschweig, bis das erste ihrer vier Kinder (drei Söhne, eine Tochter) zur Welt kam und sie eine Pause einlegte. Als die Pädagogin im Beruf wieder durchstartete und sich mit Zusatzausbildungen im Gesundheitssport noch breiter aufstellte, lebte die Familie längst im Ländle. Würfel leitete Kurse in Vereinen, Krankenkassen, Firmen und Volkshochschulen, seit 2001 steht sie in Diensten der AOK. Sie habe bis zu ihrem Ruhestand vor vier Jahren „ein total interessantes Tätigkeitsfeld im Sportbereich abgedeckt“, was unter anderem dazu führte, dass sie mit Trainingsplänen aus ihrer Feder selbst zur begeisterten Läuferin wurde.

Den ersten „Zehner“ absolvierte sie 2005 beim Gaildorfer Kocherlauf. „Anstrengend, aber schön“, erinnert sich Brigitte Würfel, „das Lauffieber war entfacht“. Den Silvesterlauf 2006 meisterte sie in 47:52 Minuten, der Lauftreff Auenwald durfte sich über einen starken Zugang freuen. Das Highlight mit den Vereinskollegen liegt erst drei Jahre zurück, der Sieg beim Team-Lauf-Cup des Württembergischen Leichtathletik-Verbandes. Bei zehn Kilometern blieb es nicht, die ehrgeizige Sportlerin traute sich auch an die Halbmarathondistanz. In Berlin und Stuttgart lief sie in 1:45:59 und 1:46:05 Stunden gute Zeiten. Würfel plauderte also aus dem Nähkästchen, als sie für ihren Arbeitgeber begann, Laufkurse zu leiten. „Von 0 auf 10“, hieß es, wenn sie die Anfänger in wenigen Monaten für einen Zehner trimmte.

Der Spaß an der Bewegung ist bei Brigitte Würfel unverändert groß

Exakt darum geht es seit 2012 auch bei Laufend BKZ – dem Kurs, den unsere Zeitung in Kooperation mit der AOK anbietet. Brigitte Würfel, die von einem engagierten Betreuerstab unterstützt wird, ist seit der Premiere vor zehn Jahren die Frontfrau dieser Aktion. Sie gibt stets ab dem ersten Dienstag nach den Sommerferien den Takt beim wöchentlichen Training vor und sorgt mit ihrer Art für gute Laune, obwohl die Einheiten keine Spaziergänge sind. Ob die Hausaufgaben erledigt werden, kontrolliert die ehemalige Lehrerin nicht, aber ratsam ist es. Es erhöht die Wahrscheinlichkeit, den Silvesterlauf letztlich tatsächlich zu schaffen.

Dafür, dass sie diesen und einige weitere Kurse auf Honorarbasis weiterhin leitet, obwohl sie seit 2018 eigentlich im Ruhestand ist, hat Brigitte Würfel eine einfache, zu ihrem Leben passende Erklärung: „Ich habe nach wie vor viel Spaß an der Bewegung.“ Wie lange sie es noch mache, hänge von der Gesundheit ab. Wohl so lange, wie sie die Frage „Gehts dir gut?“ mit „Ja“ beantwortet.