„Annus iubilaeus“ 2025 steht vor der Tür

Mit Manga-Maskottchen „Luce“ zum Heiligen Jahr nach Rom pilgern

Alle 25 Jahre begeht die katholische Kirche ein Heiliges Jahr. Bald ist es wieder so weit und der Papst eröffnet das Glaubensspektakel. Rom erwartet einen beispiellosen Touristen-Ansturm.

Papst Franziskus steht vor der verschlossenen Heiligen Pforte im Petersdom im Vatikan.

© Tiziana Fabi Pool/AFP Pool/epa/dpa

Papst Franziskus steht vor der verschlossenen Heiligen Pforte im Petersdom im Vatikan.

Von Markus Brauer/AFP/dpa

Seit Monaten fiebert und stöhnt Rom einem ganz besonderen Datum entgegen: Am 24. Dezember wird dort wie in vielen Teilen der Welt nicht nur Heiligabend begangen, sondern Papst Franziskus eröffnet zudem das Heilige Jahr der katholischen Kirche, auch Jubeljahr oder von Italienern „Giubileo“ genannt. Der Pontifex tritt dann, gekleidet in liturgische Gewänder, an die Heilige Pforte am Petersdom und öffnet sie in einer ehrwürdigen Zeremonie.

Seit knapp drei Wochen ist alles für diesen festlichen Akt vorbereitet: Handwerker der vatikanischen Dombauhütte brachen im uralten Ritus der „Recognitio“ die Mauer auf, die die schwere Bronzetür im Innern des Petersdoms versiegelt. Sie entnahmen eine Kassette mit den Schlüsseln und Türklinken der Pforte sowie Pergamenten, goldenen Steinen und Medaillen.

Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz werden 45 Millionen Pilger erwartet, das sind im Schnitt mehr als 120.000 pro Tag.

The Vatican has unveiled the official mascot of the Holy Year 2025: Luce (Italian for Light). Archbishop Fisichella says the mascot was inspired by the Church's desire "to live even within the pop culture so beloved by our youth." pic.twitter.com/hVU2CmYA3O — CatholicTV (@CatholicTV) October 28, 2024

Heilige Jahre in der Regel nur alle 25 Jahre

Die Heilige Pforte, von außen betrachtet der ganz rechte der fünf Eingänge des Petersdoms, wird selten geöffnet, in der Regel alle 25 Jahre. Das ist der Rhythmus, in dem Heilige Jahre eigentlich begangen werden. Es gibt jedoch Ausnahmen. Denn der Papst kann auch sogenannte außerordentliche Heilige Jahre ausrufen, wie 2015.

Die Pforte wird nach einem Heiligen Jahr wieder geschlossen, versiegelt und von innen zugemauert. Dieses Jubeljahr dauert einige Tage länger als ein reguläres Kalenderjahr: Es beginnt zunächst an diesem 24. Dezember, zieht sich über das gesamte Jahr 2025 und endet offiziell am 6. Januar 2026.

Tilgung von Sünden durch Gebet und Buße

Nach katholischem Verständnis können Gläubige im „Giubileo“ durch Gebet und Buße einen Ablass ihrer Sünden erlangen. Dazu gehört auch die Wallfahrt nach Rom sowie das Durchschreiten Heiliger Pforten in der Ewigen Stadt.

Ein Mensch erlebt in seinem Leben nur wenige Heilige Jahre. In der langen Geschichte Roms ist das kommende nur eines unter vielen: Papst Bonifaz VIII. rief 1300 das erste „Annus iubilaeus“ aus. Eigentlich sollte es sich alle 100 Jahre wiederholen. Die Frequenz wurde jedoch erst auf 50, dann 33 und schließlich 25 Jahre verkürzt. 2000 fand das letzte ordentliche „Giubileo“ statt.

Presentación oficial de la mascota del Jubileo, se llama “Luce”, una peregrina preparada para caminar con las botas manchadas de barro, su cruz al pecho, el bastón de peregrino y los ojos brillantes, símbolo de esperanza#Giubileo2025#Jubileo2025pic.twitter.com/04djTOU8YL — Eva Fernández (@evaenlaradio) October 28, 2024

Rom erwartet riesigen Pilger-Andrang

Mehr als 30 Millionen zusätzliche Besucher werden 2025 in Rom erwartet. Viele von ihnen werden auch die Pforte im Petersdom durchschreiten. Eine riesige Herausforderung für Italiens Hauptstadt, die schon in normalen, nicht-heiligen Zeiten fast aus allen Nähten platzt vor Besuchern und Pilgern.

Wie groß der Andrang bereits in der Vergangenheit war, zeigt ein Vorfall auf der Engelsbrücke aus dem Jubeljahr 1450: Durch das ständige Nachrücken der Menschenmassen auf die Brücke, die aus dem Zentrum Roms Richtung Petersplatz führt, kam es zu einer Massenpanik. Unter dem Gewicht der Menschen brach die Brücke zusammen, fast 200 Pilger ertranken im Tiber.

Vollkommener Ablass für Pilger nach Rom

Das Heilige Jahr ist mit einem vollständigen Ablass verbunden. Gläubigen, die nach Buße und Kommunion die Heilige Pforte durchschreiten, winkt nach katholischem Verständnis der Ablass, also der Nachlass der sogenannten Sündenstrafen. Das heißt demnach etwa eine Verkürzung oder Aufhebung der Zeit im Fegefeuer. Ein Ablass ist daher vergleichbar mit einer Amnestie.

In Rom öffnen nach dem 24. Dezember auch die anderen drei Papstbasiliken ihre Heiligen Pforten: die Lateranbasilika, Sankt Paul vor den Mauern und Santa Maria Maggiore.

Für dieses Heilige Jahr will Franziskus auch erstmals eine „Porta santa“ in der römischen Haftanstalt Rebibbia öffnen. Eine symbolische Geste, setzt sich Franziskus doch seit jeher dafür ein, dass verurteilten Straftätern vergeben wird und sie in die Gesellschaft wiedereingegliedert werden.

Infos zum „Annus iubilaeus“ 2025

  • Manga-Maskottchen Luce: Zum ersten Mal in der Kirchengeschichte gibt es auch ein Maskottchen für ein Heiliges Jahr. Luce, also Licht, heißt die Mangafigur, die junge Menschen ansprechen soll. Rom und der Vatikan setzen alles daran, das Heilige Jahr 2025, das bereits an Heiligabend eingeläutet wird, zum Magnet für Pilger zu machen.
  • Heiliges Jahr: Die Idee für Heilige Jahre stammt aus dem Mittelalter. Papst Bonifatius VIII. rief im Jahr 1300 ein Pilgerjahr aus, das damals für die Römer gedacht war. Bonifatius legte danach Wiederholungen im 100-Jahres-Rhythmus fest. Das wurde schon bald verkürzt, bis schließlich 1470 Papst Paul II. einen bis heutige gültigen 25-jährigen Rhythmus festlegte.
  • Außerordentliche Heilige Jahre: Vom polnischen Papst Johannes Paul II. wurde noch die Möglichkeit außerordentlicher Heiliger Jahre geschaffen. Der heutige Papst Franziskus nutzte dies 2016 für ein „Heiliges Jahr der Barmherzigkeit“.
  • Mea culpa: Vom letzten regulären Heiligen Jahr im Jubiläumsjahr 2000 ist insbesondere das große Mea Culpa in Erinnerung. Papst Johannes Paul II. bat damals um Vergebung für Sünden von Katholiken in der Geschichte, darunter besonders eindringlich auch für Verbrechen gegen Juden. Papst Franziskus griff dieses Mea Culpa vor der Weltsynode im Vatikan im Oktober auf und leitete einen großen Bußritus, in dem Kardinäle um Vergebung für Verfehlungen der Kirche baten. Unter anderem Missbrauchstaten von Klerikern wurden dabei thematisiert.
  • Pilger der Hoffnung: Durch das frühzeitige Mea Culpa wollte Franziskus womöglich dem Leitwort des Heiligen Jahres, nämlich „Pilger der Hoffnung“, mehr Raum geben und vermeiden, während des Heiligen Jahres über die kirchlichen Verfehlungen sprechen zu müssen.
  • Heilige Pforten: Heilige Pforten sind Türen, die außerhalb Heiliger Jahre verschlossen sind. Wer diese Pforten als Pilger durchschreitet kann nach den vom Vatikan aktuell bekräftigten Bedingungen für einen Sündenerlass darauf hoffen, einen Erlass zeitlicher Sündenstrafen im Fegefeuer zu bekommen.
  • Sünden: Auch dies sind überholt wirkende Vorstellungen: Der Katechismus sagt, dass es für geringere Vergehen zeitlich begrenzte Sündenstrafen gibt. Diese können durch das Pilgern schon zu Lebzeiten auf Erden getilgt werden. Nicht befreit ist der Mensch dem katholischen Verständnis nach aber von der schweren Sünde. Hier kann ihn nur eine aufrechte Umkehr retten.
  • Verkündigungsbulle: Der 88 Jahre alte Papst hat im Vorfeld des Heiligen Jahres eine sogenannte Verkündigungsbulle veröffentlicht, mit Bitten und Impulsen für das Thema Hoffnung. Der Papst richtete außer auf Gefangene den Blick auch auf Kranke und Migranten, auf Menschen im Krieg oder auch auf zurückgehende Geburtenraten.
  • Programm: Auf Franziskus warten in den kommenden zwölf Monaten eine Vielzahl von Terminen. Für verschiedene Gruppen gibt es sogenannte Jubiläen. Migranten oder Jugendliche, Unternehmer oder Arbeiter, Künstler oder Soldaten, Ehrenamtliche oder Priester: Für die jeweiligen Gruppen sind im Vatikan teils mehrtägige Programme, mit Pilgerfahrt zur Heiligen Pforte und Gottesdiensten mit dem Papst, reserviert.

Hoffen, dass alles gut gehen wird

In den vergangenen Monaten liefen die Vorbereitungen auf Hochtouren. Rom putzte sich heraus und holte nach, was lange liegen blieb. Die Stadt versank im Baustellen-Chaos: Die marode Infrastruktur musste zumindest halbwegs auf Stand gebracht werden, auch berühmte Sehenswürdigkeiten wie der Trevi-Brunnen oder die Engelsbrücke wurden noch schnell hübsch gemacht.

Ein Vierteljahrhundert hatte Rom Zeit, um sich nach dem letzten Jubeljahr auf das aktuelle Heilige Jahr vorzubereiten. Dennoch ließ es die Stadtverwaltung auf den letzten Drücker ankommen. Im Eiltempo wurden nur einige Monate vor Eröffnung des Jubeljahres Straßen und Tramgleise aufgerissen und erneuert, Plätze abgesperrt und saniert, neue Busse gekauft und U-Bahnlinien renoviert.

Viele Römer treibt trotz all der Vorbereitungen die Sorge um, dass die vom Massentourismus geplagten Stadt dem Ansturm der Millionen Besucher nicht gewachsen sein könnte und ein Chaos ausbricht. Da trifft sich jedoch das vom Papst ausgerufene Motto dieses Heiligen Jahres gut: „Peregrinantes in Spem“ – „Pilger der Hoffnung“ – hoffen, dass alles gut gehen wird.

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Erstellt:
20. Dezember 2024, 17:14 Uhr

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