Mit Pistole Tankstelle in Backnang überfallen

Für sieben Jahre und neun Monate muss ein 22-Jähriger ins Gefängnis, der mit einem Freund zwei weitere Überfälle begangen hat.

Der Fall von Borko V. wurde vor dem Landgericht Mannheim verhandelt.  dpa

© Uwe Anspach

Der Fall von Borko V. wurde vor dem Landgericht Mannheim verhandelt. dpa

Von Roland Schmellenkamp

BACKNANG/MANNHEIM. Sieben Jahre und neun Monate Gefängnis lautete gestern das Urteil gegen Borko V. Für das Landgericht Mannheim ist erwiesen, dass der 22-jährige Serbe zusammen mit dem 44-jährigen Kroaten Mario T. drei schwere Überfälle begangen hat: Am 14. Juli 2020 hat Borko V. gegen 21.45 Uhr in der Esso-Tankstelle Donaustraße an der B14 in Backnang-Waldrems die Angestellte mit einer Schreckschusspistole bedroht, damit sie rund 740 Euro Bargeld herausrückt. Mario T. wartete im Fluchtauto.

Vier Tage später ein ähnliches Szenario in Schwäbisch Hall: gegen 4.30 Uhr ein Überfall nach gleichem Muster in einer Total-Tankstelle. Rund 1000 Euro waren dabei erbeutet worden.

Schon elf Tage später folgte der Überfall auf die Filiale der Western-Union-Bank in Mannheim: Stattliche 188000 Euro erbeuteten die beiden, doch Mario T. wurde in der Nähe der Bank samt dem Geld von der Polizei festgenommen, Borko V. kurz darauf in einem Hotel. Sie waren beide zur Öffnung der Filiale kurz nach 8 Uhr dort eingedrungen, hatten zwei Mitarbeiter mit Schreckschusspistolen in Schach gehalten, die Herausgabe von Bargeld verlangt und die Scheiben beklebt, damit der Überfall von der Straße nicht sichtbar ist.

Bei den Taten wertete das Gericht als erschwerend, dass die Angestellten mit Schreckschusspistolen bedroht wurden und die Überfälle gut geplant waren: Beide Tankstellen waren an Ausfallstraßen, die eine schnelle Flucht möglich machten, und die Filiale der Bank wurde vorher ausgekundschaftet. Der Zeitpunkt war geschickt gewählt: Vor Ramadan transferieren viele Muslime Geld, worauf Western Union spezialisiert ist – der Tresor war entsprechend gut gefüllt. Strafmindernd sind laut Richterin das geringe Alter von Borko V., sein Geständnis und dass er keine Vorstrafen hat.

Mario T. wohnt in Schwäbisch Hall, am Landgericht wurde an einem früheren Verhandlungstag eine Stellungnahme von ihm vorgelesen. Demnach wohnt der gebürtige Kroate mit seiner Frau und zwei kleinen Kindern seit rund drei Jahren in Deutschland und leide an der Krankheit Morbus Crohn, deshalb wurde aus gesundheitlichen Gründen das Verfahren gegen ihn noch nicht eröffnet. Seine erste Anstellung hierzulande habe er wegen der Krankheit verloren, die zweite Anfang vergangenen Jahres wegen Corona. Mario T. rechnet dem Gericht vor, dass seine Frau 1150 Euro netto verdient und nach Abzug von 600 Euro Miete, 200 Euro Rate fürs Auto sowie 125 für Strom und Gas lediglich 225 Euro übrig blieben: Es sei wegen des Geldmangels „unmöglich, unsere Kinder normal aufwachsen zu lassen“.

Mario T. macht den deutschen Behörden den Vorwurf, die Familie finanziell zu wenig zu unterstützen: Bei einem Ausflug hätte er seinen Kindern nicht mal Eis kaufen können. Das sei „ein Armutszeugnis für Deutschland“. Pikant an der Rechnung: Zum einen haben Kroaten in Deutschland Anspruch auf Kindergeld, also für die Familie zweimal 219 Euro. Außerdem hatte er unterschlagen, dass sie von Borko V. monatlich 400 Euro für Unterkunft und Essen erhielt. Borko V. sagte während des Verfahrens auch aus, dass er Mario T. 300 Euro geliehen hatte: Dieser habe damit eine Tätowierung für sich bezahlt.

Borko V. erklärte an einem früheren Verhandlungstag, dass er eine medizinische Berufsschule nach der 12. Klasse mit der Note „Gut“ abgeschlossen habe. Danach hätte das in Serbien für seinen Beruf nötige sechsmonatige Volontariat gefolgt, doch in dieser Zeit gebe es weder Lohn noch sonstige Unterstützung. Aus Geldmangel habe er, so Borko V., deshalb angefangen, auf dem Bau zu arbeiten. Dafür erhielt er rund 350 Euro im Monat und der Arbeitgeber stellte ein Zimmer.

Der schmächtige junge Mann erklärte, dass er nach einigen Jahren den Entschluss fasste, sein Leben zu ändern und nach Deutschland zu ziehen, um hier zu arbeiten. Nach Frankfurt sei er im März vergangenen Jahres zufällig gekommen und habe dort einen Job auf dem Bau gefunden: 1400 Euro sollte es „schwarz“ auf die Hand geben, doch „wir wurden nur ausgenutzt und haben keinen Lohn erhalten“. Die Richterin sagte dazu in der Urteilsbegründung: „Ohne Ausbildung und ohne Sprachkenntnisse konnten Sie hier nur schwarz arbeiten.“

Über einen Bekannten sei er nach Schwäbisch Hall gekommen und habe dort die Familie T. kennengelernt.

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Erstellt:
25. März 2021, 06:00 Uhr

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