Möchtegerngangster landet erneut im Gefängnis
Zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft wird ein 29-Jähriger vom Landgericht Stuttgart verurteilt.
Von Heike Rommel
Backnang/Winnenden. 29 Jahre alt, davon fast acht Jahre im Gefängnis gesessen und nun schon wieder drin: Zu zwei Jahren und sieben Monaten Haft hat das Stuttgarter Landgericht den Mann verurteilt, der sich nicht nur in Backnang und Winnenden „über die Rolle des Gangsters identifiziert“, wie der Vorsitzende Richter der siebten Strafkammer, Rainer Skujat, sagte.
Günstig für den in anderer Sache schon wieder in Untersuchungshaft sitzenden Ex-Winnender sehen die zwei Jahre und sieben Monate nur auf den ersten Blick aus. Das Grundproblem bei dem 29-Jährigen, der schon einmal in eine Entziehungsanstalt eingewiesen wurde und aus dieser wieder rausflog, sei nicht die Sucht, sondern das Wohlfühlen in der Rolle des Gangsters und Regelbrechers.
Die Kammer fragte sich angesichts mehrerer Gewalttaten in Backnang und Winnenden, bei denen Menschen bedroht, geschlagen und getreten wurden, ob der 29-Jährige eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Mittäter ließ er als Anführer wie die Puppen tanzen. Und die Gewalttaten sprechen für sich: Einem Mann in der Winnender Brunnenstraße ein etwa ein Meter langes Kantholz über den Schädel zu ziehen, ging zum Beispiel nur knapp an einem Tötungsvorsatz vorbei.
„Wir wissen nicht, was noch kommt“, machte sich die Kammer Sorgen um den „unbelehrbaren, uneinsichtigen“ 29-Jährigen, der wegen schwieriger familiärer Verhältnisse auf Jugendhilfeeinrichtungen angewiesen war. Gefährliche Körperverletzungen, Drogendelikte, Nötigungen, Bedrohungen und Diebstähle tauchten immer wieder auf, bis es für den am Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADS) Leidenden die erste Jugendstrafe setzte.
Sein Geständnis bewahrte den Mann vor einer noch längeren Haftstrafe
Bereits im Jugendgefängnis Adelsheim spielte sich der 29-Jährige als Aufwiegler und Gruppenführer auf. Eine Auseinandersetzung im Gefängnishof artete so aus, dass sogar das Wachpersonal verletzt wurde.
Revisionsgründe wie eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung wegen Krankheit eines Besetzungsmitglieds lieferte die Kammer dem Verteidiger Gunnar Stuhlmann keine. Der Prozess, der im Mai/ Juni schon kurz vor den Plädoyers stand, wurde wegen Überlastung des Gerichts nach etwa fünf Monaten noch einmal neu aufgerollt. Dafür gab es zwei Monate Strafrabatt. Der 29-Jährige, so Richter Skujat bei der Urteilsbegründung, habe alle Pluspunkte bekommen, die er mit seinem geständigen Verhalten während des Prozesses erreichen konnte. Zeugen, die ihn kennen, hätten sich eher mundfaul gezeigt auf die Gefahr hin, dass sie sich mit ihrer Aussage selbst belasten könnten.
„Ohne Geständnis hätte eine Vier vor dem Komma gestanden“, erklärte der Richter das Urteil auf 2,7 (zwei Jahre und sieben Monate). An die aktuelle Partnerin des Angeklagten gewandt, die als Zuhörerin anwesend war, ging er noch einmal auf deren Vorgängerin ein, die sich aus Liebe zu dem 29-Jährigen selbst strafbar gemacht hatte und dafür auch noch eine brennende Zigarette aufs Schlüsselbein von ihrem Freund gedrückt bekam.
Als Gehilfe wurde auch ein Backnanger verurteilt, bei dem der Angeklagte unter Verstärkung einiger Jugendlicher mit Baseballschläger und Teleskopschlagstock auftauchte, um angebliche Schulden für Drogen einzutreiben.
„Wir haben für das, was Ihnen vorgeworfen wurde und wofür Sie bekannt waren, ein moderates Urteil gefällt“, erklärte Richter Skujat dem Untersuchungshäftling. Staatsanwältin Laura Schubert hatte drei Jahre und neun Monate Haft gefordert, die Verteidigung eine bewährungsfähige Strafe.