Übermaß an Touristen

Mona Lisa hat zu viele Liebhaber

Frankreich war 2024 Ziel von hundert Millionen Touristen. Mehr gab es in keinem anderen Land. Das hat seinen Preis: Auch der Louvre leidet.

Besucheransturm vor der „Mona Lisa“ im Louvre.

© dpa/Lukeee@lukexc2002

Besucheransturm vor der „Mona Lisa“ im Louvre.

Von Stefan Brändle

In dem Bestseller „Da Vinci Code“ von Dan Brown war die Große Galerie des Louvre wenigstens nachts menschenleer. Heute ist die meistbesuchte Kunstsammlung der Welt auch nach Sonnenuntergang ein begehrtes Ziel: Am Dienstagabend etwa zeigte Louis Vuitton seine Herrenmode unter der berühmten Louvre-Pyramide .

Tagsüber ergießt sich dort ein unablässiger Besucherstrom in die Galerien des vertrackten ehemaligen Königspalastes. 8,7 Millionen Kunstinteressierte waren es 2024. Dabei hatten die Olympischen Spiele den Andrang eher gebremst. 2023 hatte der Louvre fast neun Millionen Besucher.

Zu sehen ist das vor allem im Saal der Mona Lisa, des rätselhaften Gemäldes von Leonardo da Vinci. Wie in einem Verkehrsstau gibt es dort zeitweise kein Fortkommen mehr. Gerade jüngere Touristen wollen sich und das Lächeln der Gioconda auf Instagram zeigen und blockieren damit den Menschenfluss durch das Museum.

Dieser Ansturm bleibt nicht ohne Folgen. Am Donnerstag gelangte ein vertrauliches Schreiben der Louvre-Direktorin Laurence des Cars an die Öffentlichkeit. Sie schreibt von zunehmenden Schäden, „wasserundichten Stellen“ und Sälen mit „besorgniserregenden Temperaturschwankungen“, die den Gemälden zusetzen. In einem Wort: Die gesamte Infrastruktur sei „obsolet“.

Toiletten ungenügend

Es mangele an Pausenräumen, gebe zu wenig Hinweisschilder; Essgelegenheiten und Toiletten seien ungenügend, jedenfalls „weit unter internationalem Standard“.

Der an Kulturministerin Rachida Dati gerichtete Brief verfolgt offenkundig den Zweck, mehr Zuschüsse lockerzumachen. Des Cars will unter anderem einen zweiten Eintritt von der Rue de Rivoli her schaffen und sowohl der Mona Lisa als auch der Venus von Milo zu neuen Sälen verhelfen. Schleierhaft bleibt, warum die Eintrittserlöse nicht zur Finanzierung genügen.

Die Zeitung „Le Parisien“, die den Warnruf der Louvre-Chefin veröffentlicht hat, führt den verschlechterten Zustand des berühmten Museums auf Übertourismus zurück. Frankreich hat 2024 erstmals die Schwelle von 100 Millionen ausländischen Besuchern überschritten. Die haben im vergangenen Olympiajahr 71 Milliarden Euro ins Land gebracht. Immer mehr Tourismusexperten verweisen aber auf die hohen Begleitkosten. Noch gibt es in Frankreich keine Demos gegen ausländische Besucher. Immer mehr geschützte Orte wie die Calanques bei Marseille beschränken aber den Zutritt. Der Louvre hat schon 2021 eine Höchstzahl von 30 000 Besuchern am Tag festgelegt. Sie wird aber nicht immer eingehalten.

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Erstellt:
24. Januar 2025, 12:22 Uhr

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