Physik der Meere
Monsterwellen rollen über die Nordsee
Forscher untersuchen seit Jahren, wie sich besonders hohe Wellen bilden können. Diese können selbst großen Schiffen zum Verhängnis werden.
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© Imago/Depositphotos
Ein Containerschiff wird in einem Sturm von einer Riesenwelle getroffen (Simulation).
Von Markus Brauer/AFP
Extrem hohe Wellen sind in der deutschen Nordsee nach Erkenntnissen von Wissenschaftlern häufiger als gedacht.
Häufiger in der Nordsee als vorhergesagt
Eine von etwa 5800 Wellen vor der Insel Norderney sei eine sogenannte Monsterwelle oder Freak Wave, wie das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) am Mittwoch (19. Februar) in Hamburg unter Berufung auf Bojenmessungen im Rahmen eines Forschungsprojekts mitgeteilt hat. Extremwellen kämen in dem Seegebiet insgesamt öfter vor als theoretisch vorhergesagt.
So genannte Freak Waves sind plötzlich auftretende sehr steile Wellen, die mindestens doppelt so hoch sind wie der Seegang um sie herum. Sie werden weltweit beobachtet und stellen eine Gefahr für Schiffe dar. Sie gelten als mutmaßliche Ursache für zahlreiche Havarien und Schiffsverluste.
Laut BSH werden weltweit pro Woche durchschnittlich zwei bis drei Wellenwände dieser Art dokumentiert. Im Nordatlantik treten Extremwellen besonders häufig auf.
Gezeitenströmungen erhöhen Wahrscheinlichkeit von Monsterwellen
Die Mechanismen hinter der Entstehung von Monsterwellen werden noch immer erforscht. Laut BSH lieferte die gemeinsam mit dem Helmholtz-Zentrum Hereon im schleswig-holsteinische Geesthacht initiierte Studie Erkenntnisse, dass die starken Gezeitenströmungen in der Nordsee die Wahrscheinlichkeit des Auftretens solcher Wellenberge erhöhen und diese dadurch noch höher werden.
Analysiert wurde die Wellenhöhenverteilung an sechs Messbojen zwischen 2011 und 2016. Die Häufigkeit von Extremwellen unterschied sich demnach je nach Messstandort. Im Flachwasser vor der Insel Norderney war sie insgesamt am höchsten. Dort könnten nach Einschätzung der Expertinnen und Experten zusätzlich noch sich schnell verändernde Wassertiefen eine Rolle spielen.
Info: Freak Waves
Freak Waves Üblicherweise versteht man darunter einzelne Wellen, deren Höhe weit über den anderen Wellen liegt. Typisch ist, dass sie urplötzlich wie aus dem Nichts auftauchen können. So ganz eindeutig ist der Begriff der Monsterwelle oder Freak Wave indes nicht. Laut der wissenschaftlichen Definition muss die Wellenhöhe mehr als doppelt so hoch sein wie die sogenannte signifikante Wellenhöhe. Diese wiederum ergibt sich, wenn man den Mittelwert der 33 höchsten von 100 aufeinander folgenden Wellen bildet.
Typen Und dann gibt es noch unterschiedliche Riesenwellen-Typen:
• Die Kaventsmänner sind besonders riesige Einzelwellen.
• Eine Weiße Wand ist eine steile bis fast senkrechte gigantische Welle, die mitunter mehrere Kilometer breit sein kann und von deren Kamm Gischt sprüht.
• Dann gibt es noch die berüchtigten Drei Schwestern. Bei einer solchen Drei-Schwestern-Wellenserie mindestens zwei besonders große Wellen schnell aufeinander, wobei diese zwar deutlich höher sind als die übrigen Wellen, zumeist wohl aber nicht die Höhe einer Monsterwelle erreichen. Das betroffene Schiff wird von der ersten Welle angehoben oder durchbricht sie mit dem Bug, um dann in das Wellental zu sinken. Die zweite Welle und eventuell weitere Wellen folgen mit so kurzem Abstand, dass sie das Schiff überrollen und dann für Schäden sorgen können.