Murrhardter Schule als „Digitale Schule“ ausgezeichnet

Das Kollegium des Heinrich-von-Zügel-Gymnasiums Murrhardt nutzt viele Möglichkeiten, die sich durch die Neuen Medien im Unterricht bieten, und engagiert sich im Sinne einer klugen Auseinandersetzung mit ihnen. Nun hat die Schule die Auszeichnung „Digitale Schule“ erhalten.

Bei der Preisverleihung in Karlsruhe (von links): Staatssekretärin Sandra Boser, kommissarische Schulleiterin Annette Zickler-Maier, Nicole Wurst, Netzwerkbeauftragte am Gymnasium, und Harald Fisch vom Verein Mint-Zukunft. Foto: Frank Eppler

© Frank Eppler

Bei der Preisverleihung in Karlsruhe (von links): Staatssekretärin Sandra Boser, kommissarische Schulleiterin Annette Zickler-Maier, Nicole Wurst, Netzwerkbeauftragte am Gymnasium, und Harald Fisch vom Verein Mint-Zukunft. Foto: Frank Eppler

Von Christine Schick

Murrhardt. Wenn die Fünftklässler zu Allan Campos-Fischer in den Basiskurs Medienbildung am Heinrich-von-Zügel-Gymnasium Murrhardt kommen, lernen sie erst einmal, mit Computer und Maus sowie Schreib- und Präsentationsprogramm umzugehen. „Aber es geht auch darum, Gefahren im Netz kennenzulernen“, sagt er. So digital nativ die Mädchen und Jungen auch sind, bestimmte Dinge sind dann doch nicht selbstverständlich, wie beispielsweise wo genau eine Datei nach dem Speichern landet und wie die schulinterne Plattform Moodle funktioniert, die seit Corona Einzug in den Schulalltag gehalten hat. „Wir haben uns dazu entschlossen, den Basiskurs auch als Extrastunde anzubieten und nicht einfach noch schnell in einer Viertelstunde an eines der Unterrichtsfächer dranzuhängen“, sagt Nicole Wurst, die Mathematik, Sport und Informatik unterrichtet und Netzwerkbeauftragte der Schule ist.

Die Auszeichnung gilt für drei Jahre

„Es geht dabei um eine Fortentwicklung des Unterrichts. Wir haben ja auch die Aufgabe, die Schüler auf die Zukunft vorzubereiten. Das bedeutet nicht einfach nur den Einsatz von Neuen Medien im Unterricht, sondern sie auch kritisch zu reflektieren“, sagt Annette Zickler-Maier, kommissarische Schulleiterin. Dabei ist die Bildungseinrichtung sehr gut unterwegs, wie die Auszeichnung des Heinrich-von-Zügel-Gymnasiums als „Digitale Schule“ zeigt.

Das Zertifikat würdigt das Engagement auf den verschiedenen Ebenen. Nachgewiesen werden müssen bei der Bewerbung Aktivitäten und Leistungen in Bezug auf einen Kriterienkatalog mit fünf Modulen: Pädagogik und Lernkulturen, Qualifizierung der Lehrkräfte, regionale Vernetzung, Konzept und Verstetigung sowie Technik und Ausstattung. Das Zertifikat „Digitale Schule“ ist als Anerkennung, aber genauso als Ansporn gedacht, gilt für drei Jahre und hält über ein damit verbundenes Netzwerk auch viele Infos und Anregungen für die Pädagoginnen und Pädagogen bereit.

Digitale Bilderbearbeitung macht viel möglich

„In der Kunst gibt es viele Möglichkeiten, ans Thema anzuknüpfen“, sagt Nora Holländer, die Kunst und Geschichte unterrichtet. Über eine digitale Bildbearbeitung lassen sich Fotos, Zeichnungen und Gemälde verändern oder Bildfolgen bis hin zur Animation erstellen. Ein spielerischer Umgang mit der Thematik kann an besagten kritischen Umgang anknüpfen. Er macht bewusst, dass heute so gut wie jeder Dokumente bearbeiten und in eine bestimmte Richtung manipulieren kann. Wer hat die Texte oder Bilder hergestellt, die ich als Quelle benutze? Wo liegen mögliche Interessen, die bei der Einordnung helfen?

Für Gianluca Cannella sind das im Gemeinschafts- und Wirtschaftsunterricht wichtige Fragen. „Meinungen lassen sich so bewusst beeinflussen“, sagt er. „Man sollte schauen, ob die Quelle vertrauenswürdig ist, und den Infos nicht blind vertrauen. Es lassen sich Menschen aus den Bildern herausretuschieren oder reinkopieren, sodass eine Demonstration viel größer wirkt.“

Chancen der neuen Instrumente nutzen

Neben dem kritischen Blick geht es für das Kollegium aber auch darum, die Chancen der neuen Instrumente zu nutzen, sprich die Schülerinnen und Schüler im praktischen Umgang zu begleiten, damit sie sich neugierig durch die digitalen Welten bewegen und sich so Kompetenzen aneignen können. Theresa Bilharz’ Fünftklässler konnten beispielsweise im Deutschunterricht rund ums Thema Märchen ihre Texte einsprechen und so ein eigenes E-Book herstellen.

„Wenn im Deutschunterricht Lyrik auf dem Programm steht, sorgt das erst mal für ein Gähnen“, sagt Samuel Feinauer. Gute Erfahrungen hat er aber damit gemacht, dass die Schülerinnen und Schüler zu zweit ein Video zum Thema oder einen Ausschnitt aus einem Dramendialog aufnehmen: „Da ist dann viel Motivation und die Technik lässt sich als Türöffner nutzen.“

Spieleentwicklung trifft Vokabellernen

Bei Nora Holländer haben Siebtklässler ausgehend von Goethes „Zauberlehrling“ nicht nur eigene Charaktere, sondern auch eine Fortsetzung entwickelt und die Fotos, die auf dem Schulgelände per Tablet entstanden sind, in einen Comic verwandelt.

Ähnlich gut hat der Technikeinsatz für Gianluca Cannella funktioniert, als er seine Achtklässler in Spanisch mittels einer App eigene Spiele entwerfen ließ, über die sich Nutzer spielerisch Vokabeln aneignen können. Die Brücke zwischen digitaler und analoger Welt wiederum haben die Zehntklässler im Fach Naturwissenschaft und Technik geschlagen. Allan Campos-Fischer zeigt das Modell einer Wind-Wasser-Pumpe, für das sie am Computer dreidimensionale technische Zeichnungen angefertigt haben, sodass entscheidende Teile wie Ventile am 3-D-Drucker umgesetzt werden konnten. Zudem gibt es für die Betriebs- und Berufsorientierung ein künftiges Projekt: Bevor es an die Livebewerbungsgespräche mit Firmenvertreterinnen und -vertretern geht, soll mithilfe eines KI-gestützten Trainings schon mal vorgearbeitet werden.

Bei einem Kunstprojekt haben Siebtklässler über Fotos auf dem Schulgelände eine Comicerzählung als Fortsetzungsgeschichte des Zauberlehrlings geschaffen. Grafik: HvZG

Bei einem Kunstprojekt haben Siebtklässler über Fotos auf dem Schulgelände eine Comicerzählung als Fortsetzungsgeschichte des Zauberlehrlings geschaffen. Grafik: HvZG

All das braucht eine Infrastruktur, für die insbesondere ländliche Regionen immer noch beim Ausbau nachlegen müssen. „Die WLAN-Abdeckung in der Schule ist in Ordnung“, sagt Nicole Wurst. Aber wenn viele gleichzeitig streamen, kann sich das schon bemerkbar machen und zum Stillstand auf den Bildschirmen führen. „Ich lade Filme oft schon vor dem Unterricht lokal aufs Gerät“, erklärt Wurst. Insofern sei der Schritt zum Glasfaser wichtig. „Der Anschluss liegt bereits“, sagt Bürgermeister Armin Mößner. Nun müsse die Telekom noch die Technik innerhalb des Gebäudes umsetzen.

Um auch alle Kolleginnen und Kollegen in Bezug auf die „Digitale Schule“ mitzunehmen, soll die Ausstattung in den Klassenräumen vereinheitlicht und dadurch vereinfacht werden, erläutert Wurst eines der Zukunftsziele. Die Arbeit wird dem Kollegium nicht ausgehen: Da ist die Frage, wie Prüfungen in Zeiten von KI aussehen sollen, die Verwaltung eines immer größeren Pools an Geräten, eigene Fortbildungen sowie die künftige Abwägung, wann analoge Unterrichtsmittel ebenso wichtig sind.

Rund 700 Schulen ausgezeichnet

Infrastruktur Neben dem WLAN-Netz hat die Stadt als Schulträger die Klassenräume mit Beamern, Projektionsflächen und Dokumentenkameras ausgerüstet. Es wurden Ipad-Klassensätze für Schüler und Lehrer angeschafft. Künftig ist angesichts der zunehmenden Geräte neben dem Glasfaseranschluss geplant, das WLAN zu erweitern und das Netzwerk zu ertüchtigen. Neben der Stadt unterstützen auch externe Dienstleister.

Auszeichnung Alle Schulen können sich um die neue Auszeichnung „Digitale Schule“ bewerben. Unter der Leitung der Gesellschaft für Informatik und unter Mitwirkung weiterer Partner, unter anderem der Wissensfabrik für Deutschland, des Fraunhofer IAIS, des eco, Verbands der Internetwirtschaft und des VDI, ist ein „Leitfaden für digitale Schulen“ entwickelt worden. Bisher haben sich rund 700 Schulen in Deutschland erfolgreich um das Signet „Digitale Schule“ beworben.

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Erstellt:
17. Oktober 2023, 11:00 Uhr

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