Museumsleiterin: Bronzen-Rückgabe ist Chance für Museen
dpa Stuttgart. Die angekündigte Rückgabe von Kunstschätzen der als Raubgut geltenden Benin-Bronzen an Nigeria bietet Völkerkundemuseen nach Ansicht der Ethnologin Inés de Castro große Chancen für einen öffentlichen Dialog. „Das ist eine sehr gute Gelegenheit, die Gesellschaft für Themen wie den Umgang mit der kolonialen Vergangenheit zu öffnen und zu sensibilisieren“, sagte die Direktorin des Stuttgarter Linden-Museums am Freitag der dpa. „Wir müssen die Debatte in die Gesellschaft bringen und deutlich machen, dass die Kolonialzeit Kontinuitäten wie den Rassismus hervorgebracht hat, die teilweise bis heute existieren.“

Verschiedene Reliefplatten aus Nigeria, sind in der „Afrika“ Ausstellung im Lindenmuseum in Stuttgart zu sehen. Foto: Christoph Schmidt/dpa
Es sei allerdings wichtig, die Aufarbeitung dieser Vergangenheit nicht nur auf die Rückgabe von Kolonialobjekten zu reduzieren, sie müsse in einem gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang betrachtet werden, sagte de Castro. Ethnologische Museen müssten die Chance nutzen, um eine neue gesellschaftliche Relevanz zu erhalten. Sie hätten einst dazu beigetragen, einen stark eurozentrischen Graben zwischen Europa und dem Rest der Welt zu ziehen. Nun müssten sie die Aufgabe übernehmen, dieses Denken zu überwinden.
„Bislang wird die Diskussion vor allem über das Feuilleton geführt“, sagte de Castro, die eines der bedeutendsten Völkerkundemuseen in Europa leitet. Es sei aber möglich, über die öffentliche Debatte neue Formen des respektvollen Miteinanders zu finden.
Museen wie das Linden-Museum sollen im nächsten Jahr erste Kunstschätze der als Raubgut geltenden Benin-Bronzen an Nigeria zurückgeben. Darauf hat sich eine Runde von Museumsexperten und politisch Verantwortlichen geeinigt. Bis zu diesem Sommer sollen konkrete Handlungsschritte und ein Fahrplan für die Frage der Rückführung von Benin-Bronzen“ entwickelt werden. Bis zum 15. Juni soll zunächst eine Aufstellung aller im Besitz der Museen befindlichen Benin-Bronzen veröffentlicht werden.
Das Linden-Museum hat insgesamt 64 dieser Güter in seiner Sammlung. Treibende Kraft in der Debatte war die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne).
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