Mutmaßlicher Erpresser springt im Gericht aus dem Fenster
dpa/lsw Heilbronn. Er sollte hinter Gitter. Doch kurz bevor er im Amtsgericht gehört wird, springt ein mutmaßlicher Erpresser ins Freie. Ein Fenster war nicht abgeschlossen. Das hat mit der Corona-Pandemie zu tun.

Ein Streifenwagen fährt mit Blaulicht über eine Straße. Foto: Friso Gentsch/dpa/Symbolbild
Vorsorgliches Lüften wegen Corona hat einem mutmaßlichen Erpresser im Amtsgericht Heilbronn zur Flucht verholfen: Der 23-Jährige, der am vergangenen Mittwoch einem Haftrichter vorgeführt werden sollte, öffnete ein unverschlossenes Fenster im Erdgeschoss, sprang heraus und verschwand. Er habe offenbar „die Gunst der Stunde“ genutzt, sagte ein Polizeisprecher am Freitag. Und, so fügte er hinzu: „Es ist auf jeden Fall ein Fehler passiert.“
Der Beschuldigte war am Freitag noch flüchtig. „Eine Gefahr für die Bevölkerung besteht aber nicht“, betonte der Polizist. Nach Angaben des Amtsgerichts wird dem mehrfach vorbestraften Mann räuberische Erpressung zur Last gelegt. Er soll über ein Internetportal Kontakt zu einem Mann aufgenommen und ein Treffen mit einer jungen Frau arrangiert haben.
Als der Mann am 7. November am verabredeten Treffpunkt in Offenau (Kreis Heilbronn) eintraf, soll der Beschuldigte mit weiteren - bislang nicht bekannten Komplizen - unter Androhung von Gewalt 500 Euro von ihm kassiert haben. Später verlangte der 23-Jährige für ein Stillschweigen noch einmal 1300 Euro mit dem Hinweis, die junge Frau sei noch minderjährig gewesen. Doch der Erpresste zahlte nicht weiter, sondern ging zur Polizei. Die nahm den 23-Jährigen fest.
Am Mittwoch sollte der Beschuldigte dem Haftrichter vorgeführt werden. Kurz davor wurde „bedingt durch die gegenwärtige Corona-Pandemie“ noch einmal gelüftet, so das Gericht. Die Verteidigerin habe noch mit dem Beschuldigten unter vier Augen sprechen wollen und das Fenster zugemacht. Sie habe es aber nicht zusätzlich mit dem abziehbaren Schlüssel abgeschlossen.
Nachdem Polizisten den Beschuldigten in den Raum gebracht hatten, sei er - inzwischen ohne Handschellen - an der Verteidigerin vorbei zum Fenster gegangen und auf einen Stuhl gestiegen. Er öffnete dieses „und türmte“, wie es das Gericht ausdrückte.
Die alarmierten Polizisten konnten den Mann nicht mehr einholen. „Zur zukünftigen Vermeidung derartiger Vorfälle werden seitens der Polizei erhöhte Maßnahmen zur Sicherung von Beschuldigten ergriffen werden“, hieß es vom Amtsgericht weiter. Zuvor hatte die „Bild“-Zeitung von dem Fall berichtet.