Mutmaßlicher Holocaustleugner und Mitangeklagte vor Gericht
dpa/lsw Mannheim. Unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen hat am Freitag vor dem Landgericht Mannheim der Prozess gegen einen als rechtsextremistisch eingestuften, selbst ernannten „Druiden“ und drei weitere Männer wegen Verstoßes gegen das Waffenrecht begonnen. Der 71-jährige Hauptangeklagte muss sich auch wegen des Vorwurfs der Volksverhetzung verantworten.
Laut Staatsanwaltschaft (Az.: 4 KLs 530 Js 30566/17) soll er auf einer bei Neonazis beliebten Internetplattform den den Holocaust geleugnet, zum Mord an Juden aufgerufen und gegen Flüchtlinge gehetzt haben. Mit seinen Äußerungen habe der Mann nationalsozialistische Vebrechen verharmlost und geleugnet, sagte Staatsanwalt Thomas Röber am Freitrag vor der vierten Strafkammer. „Damit ist der öffentliche Frieden gestört worden.“
Die zwischen Ende 2015 und April 2016 veröffentlichen Beiträge des 71-Jährigen waren laut Anklage geeignet, das Vertrauen der Menschen in die Rechtssicherheit zu erschüttern und das gesellschaftliche Klima zu vergiften. Im Juni 2019 hatte der den sogenannten Reichsbürgern nahe stehende Mann nach früheren Angaben im Netz den Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke begrüßt. Am Rande der Verhandlung wies der Angeklagte, der mit weißem langen Haar und Rauschebart und einer Halskette mit keltischen Motiven auftrat, den Vorwurf der Volksverhetzung zurück.
Er und die drei weiteren Beschuldigten sollen sich wegen eines aus ihrer Sicht drohenden Zusammenbruchs der staatlichen Ordnung mit einem ganzen Waffenarsenal ausgestattet haben - zum Selbstschutz, wie sie sagten. Die Polizei fand bei Hausdurchsuchungen im Jahr 2017 bei dem Quartett Tausende Patronen, selbstgebaute Pistolen, Schießkugelschreiber, einen Flammenwerfer und explosive Stoffe, darunter 1,4 Kilogramm Schwarzpulver.
Gegen den „Druiden“ hatte die Bundesanwaltschaft bereits 2017 wegen Terrorverdachts ermittelt. Sie hatte ihre Ermittlungen gegen ihn und fünf mutmaßliche Komplizen wegen Bildung einer rechtsterroristischen Vereinigung aber seinerzeit nicht weiterverfolgt, weil sich der Terrorismus-Verdacht nicht hatte belegen lassen. Stattdessen gab sie das Verfahren ab an die Karlsruher Staatsanwaltschaft. Diese erhob Anklage beim Landgericht Mannheim gegen den 71-Jährigen und drei mutmaßliche aus dem Rhein-Neckar-Kreis stammende Gesinnungsgenossen wegen des Verdachts des unerlaubten Erwerbs von Munition. Der Anführer wohnte zeitweise auch im Rhein-Neckar-Kreis.
Der Prozess beginnt erst mit einem so langen zeitlichen Abstand zu den Taten zwischen 2015 und 2017, weil laut einem Gerichtssprecher Haftsachen vorrangig behandelt wurden. Die vier Angeklagten sind derzeit nicht in Untersuchungshaft. Bis zum 8. April sind neun Folgetermine vorgesehen.
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