Familienmitglieder in Haft
Mutmaßlicher Mord an Achtjähriger wühlt die Türkei auf
Was ist mit der achtjährigen Narin passiert? Das Mädchen wurde in der Türkei wochenlang vermisst - und nun tot gefunden. Das Land ist erschüttert. Unter Verdacht steht die Familie.
Von Von Mirjam Schmitt, dpa
Istanbul - Nach wochenlanger Suche ist die Leiche eines vermissten achtjährigen Mädchens in der Türkei gefunden worden. Der Fall bewegt das ganze Land. Einsatzkräfte entdeckten das tote Kind am Sonntag in einem Sack in der Nähe eines Flusses, nicht weit entfernt von dem Heimatdorf. Das Mädchen namens Narin verschwand am 21. August. In den mutmaßlichen Mordfall hat sich inzwischen Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan eingeschaltet. Er werde dafür sorgen, dass die Täter zur Rechenschaft gezogen werden und den Fall persönlich verfolgen, schrieb er auf der Plattform X.
Im Fokus steht Narins eigene Familie - sowohl die Eltern als auch der Bruder und Onkel des Mädchens sind in Haft. Insgesamt gibt es 24 Festnahmen. Viele Fragen sind noch offen, unter anderem steht die Todesursache bislang nicht fest. Unklar ist zudem noch, weshalb bis zu dem Fund der Leiche 19 Tage vergehen konnten.
Narins Onkel war bereits wegen des Verdachts des Mordes und der Freiheitsberaubung verhaftet worden. Er gilt als Hauptverdächtiger. In seinem Auto wurden Berichten zufolge DNA-Spuren gefunden, die darauf hinweisen, dass Narins Leiche in dem Fahrzeug gelegen habe. Details über Aussagen der Verdächtigen sind inzwischen an die Öffentlichkeit gedrungen.
Sack mit Leiche unter Ästen versteckt
So berichtete die Tageszeitung "Sabah", ein Dorfbewohner habe ausgesagt, dass Narins Onkel - der auch der Ortsvorsteher ist - ihn darum gebeten habe, die Leiche zu entsorgen. Demzufolge war Narin schon am Tag ihres Verschwindens tot. Der Sack mit der Leiche war nach offiziellen Angaben unter Steinen und Ästen versteckt gewesen. Andere Familienmitglieder verstrickten sich Berichten zufolge in Widersprüche. Zudem hätten sowohl die Mutter als auch der Onkel Nachrichten bei WhatsApp gelöscht.
Narins Familie hatte das Mädchen am 21. August in einem kleinen Dorf der Provinz Diyarbakir als vermisst gemeldet. Anschließend folgte eine großangelegte Suchaktion unter anderem mit Hundestaffeln. Das Dorf, das aus nur etwa 20 Häusern besteht, wurde vollständig durchsucht. Nach dem Leichenfund am Sonntag am nahegelegenen Fluss sperrten die Behörden den Ort ab.
Beerdigung ohne Eltern
Die Autopsie ist inzwischen abgeschlossen, finale Ergebnisse stehen aber noch aus. Unter anderem sind Todesursache- und Zeitpunkt noch unklar. Der Sender CNN-Türk berichtete unter Berufung auf den vorläufigen Autopsiebericht, dass die Leiche teils stark verwest sei. Außerdem sei ein Bein unterhalb des Knies gebrochen. Hinweise auf sexuellen Missbrauch habe es zunächst nicht gegeben. Proben seien zur genaueren Untersuchung nach Istanbul geschickt worden.
Das Mädchen wurde noch am Montag in einem Nachbardorf beerdigt. Die festgenommenen Eltern durften nicht teilnehmen. Zahlreiche Prominente hatten ihre Anteilnahme an dem Fall geäußert. Frauenrechtsorganisationen riefen zu Demonstrationen auf und forderten Gerechtigkeit für Narin.