Wer war Jack the Ripper?

Nachfahrin von Jack-the-Ripper-Opfer fordert Wiederaufnahme des Falls

Er fasziniert bis heute: Der Mythos um den Londoner Serienmörder, der vermeintlich wahllos seine Opfer ausweidete und bis heute nicht identifiziert worden ist. Vor 136 Jahren schlug Jack the Ripper zum ersten Mal zu. Es folgten vier weitere brutalste Morde.

31. August 1888: Constable Neil findet die Leiche von Mary Ann Nichols in der Buck’s Row im Londoner Stadtteil Whitechapel.

© Imago/Gemini Collection

31. August 1888: Constable Neil findet die Leiche von Mary Ann Nichols in der Buck’s Row im Londoner Stadtteil Whitechapel.

Von Markus Brauer

136 Jahre nach den grausamen Morden von Jack the Ripper in London hat die Nachfahrin eines seiner Opfer neue Ermittlungen gefordert. Die Zeit sei reif für eine Wiederaufnahme des Falls, sagte Karen Miller in einem am Montag (13. Januar) veröffentlichten Interview der englischen Tageszeitung „Daily Mail“. „Es würde mir, meiner Familie und vielen Menschen sehr viel bedeuten, wenn dieses Verbrechen endlich aufgeklärt würde“, betonte sie.

Descendants of Jack the Ripper's victims want new inquest after DNA breakthrough on killer's identity https://t.co/04w6XwhRT8pic.twitter.com/86bebt8irR — Daily Mail Online (@MailOnline) January 13, 2025

Nachfahrin von Mordopfer Catherine Eddowes

Miller ist eine direkte Nachfahrin der am 30. September 1888 ermordeten Catherine Eddowes, dem mutmaßlich vierten der insgesamt fünf Opfer des berüchtigten Serienmörders.

„Der Name Jack the Ripper ist zu einer Sensation geworden. Er ist als berühmte Figur in die Geschichte eingegangen“, erklärte sie der Zeitung. Die Menschen hätten jedoch die Opfer vergessen, die zur Zeit der Taten keine Gerechtigkeit erfahren hätten. „Jetzt brauchen wir diese Untersuchung, um den Mörder legal zu benennen.“

1888: Mysteriöse Morde im Londoner East End

Der Fall von Jack the Ripper, einem der bekanntesten Serienmörder der Kriminalgeschichte, ist genauso spektakulär wie mysteriös. Seine Verbrechen hatten im Jahr 1888 London in Angst und Schrecken versetzt.

Seine wahre Identität blieb jedoch ein Rätsel, der Kriminalfall wurde nie aufgeklärt. Verdächtige gab es zahlreiche: von Mitgliedern des Königshauses über den Premierminister bis hin zu einem Schuhverkäufer und Friseur.

War der Friseur Aaron Kosminski der Ripper?

2014 erklärte dann der Autor Russell Edwards, mithilfe von DNA-Spuren den aus Polen eingewanderten Friseur Aaron Kosminski als Täter identifiziert zu haben. Die DNA war von einem Schal sichergestellt worden, der am Tatort des Mordes an Catherine Eddowes gefunden worden war. Die Spuren stimmten sowohl mit dem Erbgut eines Nachfahren von Kosminski als auch mit dem von Karen Miller überein.

Edwards forderte in der Folge eine weitere Untersuchung des ungelösten Mordes und erklärte, dass die DNA-Beweise dies rechtfertigen würden. Allerdings werden seine Recherchen von einigen Experten in Zweifel gezogen. Da seine Erkenntnisse in keiner Fachzeitung veröffentlicht wurden, können sie nicht von unabhängiger Seite überprüft werden.

Nach dem Gesetz ist es Sache des Generalstaatsanwalts, eine neue Untersuchung zu genehmigen. Vor zwei Jahren lehnte der damalige Generalstaatsanwalt Michael Ellis einen Antrag mit der Begründung ab, es lägen keine ausreichenden neuen Beweise vor.

Rekonstruktion eines Kriminalfalls

Zwischen dem 31. August und dem 9. November 1888 wurden im Londoner Armenviertel Whitechapel fünf bestialische Morde begangen, die die Handschrift eines einzigen Täters trugen.

Am 27. September 1888 erhielten die Fahnder von Scotland Yard einen Brief. Sein Verfasser gab sich als der gesuchte Mörder aus und nannte sich Jack the Ripper. Gefasst wurde der Täter nie. 

Das erste Opfer: Mary Ann Nichols

  • Kurz vor vier Uhr morgens am 31. August 1888 macht ein Kutscher im Londoner Stadtteil Whitechapel eine grausige Entdeckung: Die Leiche von Mary Ann Nichols liegt in einer engen Gasse auf dem Rücken mit durchschnittener Kehle, die Röcke hochgeschoben, mit aufgeschlitztem Bauch. Das erste Opfer des bekanntesten Serienmörders der Weltgeschichte, Jack the Ripper.

Tatort Whitechapel

Wer im Armenviertel Whitechapel im Londoner East End überleben will, verdingt sich als Tagelöhner am Großmarkt und Hafen oder als Gelegenheitsprostituierte. Die Gegend um Whitechapel und Spitalfields ist als Einwanderungsviertel verrufen, in dem Deutsche, Hugenotten, Iren und jüdische Flüchtlinge vor osteuropäischen Pogromen seit Jahrhunderten eine erste Unterkunft finden – oftmals in Armenhäusern mit Suppenküchen, die von der Heilsarmee unterhalten werden.

Ein Labyrinth aus engen Höfen und Gassen mit Herbergen und kleinen Werkstätten, in dem Jack the Ripper unbehelligt morden kann. Zwar gibt es viele Verdächtige, doch bis heute sind die fünf Morde nicht gelöst worden, die ihm sicher zugerechnet werden.

Ermordet und ausgeweidet

  • Innerhalb einer guten Woche nach dem ersten Mord wird am 8. September 1888 das zweite Opfer des Londoner Rippers entdeckt – Annie Chapman. Ein Teil ihrer Eingeweide ist entfernt worden – eine erste Eskalation des unbekannten Täters.
  • Drei Wochen später, am 30. September 1888, dann zwei Morde in einer Nacht: Elizabeth Stride wird um ein Uhr nachts getötet. Dabei scheint der Mörder überrascht worden zu sein.
  • Nur Minuten später schlachtet er Catherine Eddowes ab, deren linke Niere und Gebärmutter fehlen.
  • Am 10. November beendet der Killer seine Serie mit dem Mord an Mary Jane Kelly, die im Bett in einer schäbigen Unterkunft gefunden wird. Ein Teil ihrer Organe liegen neben ihr auf einem Tisch.

Keine Spur führt zum Mörder

Die Polizei tappt im Dunkeln. Dabei ist die „Arbeitsweise“ des unbekannten Mörders klar: Die meisten seiner Opfer sind Ende 30 oder über 40. Sie alle sind Prostituierte gewesen oder arbeiteten noch in dem Gewerbe. Der Täter tötet am Wochenende oder an Feiertagen, schneidet ihre Kehle durch und verstümmelt sie.

Möglicherweise haben Passanten ihn einmal sogar zu Angesicht bekommen: Das vierte Opfer, Catherine Eddowes, wird in Begleitung eines Mannes gesehen, nur zehn Minuten vor der Entdeckung ihrer Leiche. In der Londoner Zeitung „Times“ beschreibt ein Zeuge ihn als „etwa 30 Jahre alt, 1,75 Meter groß, heller Teint, mit kleinem blondem Schnurrbart, rotem Halstuch und spitzer Mütze.

Verdächtige gibt es zur Genüge: Ex-Liebhaber, Kriminelle, Schlachter, Ärzte oder Hebammen wegen ihres anatomischen Wissens, Freimaurer, Einwanderer, Scharlatane und Anarchisten. Es hilft nichts – der wahre Mörder wird nie gefasst.

Wer war Aaron Kosminski?

Aaron Kosminski (1865-1919) war ein polnischer Einwanderer, der im Londoner Armenviertel Whitechapel wohnte, wo die Morde verübt wurden. 2014 veröffentlichte Russell Edwards das Ergebnis einer Erbgut-Analyse, die Jari Louhelainen, Professor für Biochemie an der Universität von Liverpool, durchgeführt hatte.

Demnach könnten die Sperma- und Blutspuren an einem Halstuch, das bei der ermordeten Prostituierten Catherine Eddowes gefunden wurde, von Kosminski stammen. Der polnische Jude hatte damals als Friseur in Whitechapel gearbeitet.

Viele Kritiker bezweifeln diese Theorie. Nach mehr als einem Jahrhundert sei es nicht möglich, auf einem alten Schal noch brauchbare DNA sicherzustellen, die sich eindeutig dem Täter zuordnen lasse (mit AFP-Agenturmaterial).

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Erstellt:
13. Januar 2025, 17:30 Uhr
Aktualisiert:
13. Januar 2025, 19:08 Uhr

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