Nachruf: Trauer um die „Tango-Queen“
Nachruf: Trauer um die „Tango-Queen“
Von Uwe Bogen
Stuttgart - Alles fing damit an, dass Ute Frühwirth 1983 in der Rosenau in Stuttgart ihre erste Milonga veranstaltete, wie Tangoabende im Ursprungsland Argentinien genannt werden. Ihre Begeisterung für den südamerikanischen Paartanz steckte rasch an. „Das hat sich wie bei einem Schneeball entwickelt“, sagte sie einmal. Eifrig arbeitete die rothaarige Vortänzerin daran, immer noch besser zu werden. Ihr Ehrgeiz und ihre Freude daran waren gleichermaßen groß.
Unzählige Male fuhr Ute Frühwirth mit dem Zug nach Paris, um bei den Argentiniern Coco und Jorgé Rodriguez zu lernen. Auch in der Geburtsstadt dieses Tanzes, in Buenos Aires, nahm sie Unterricht bei Meistern wie Antonio Todaro, Pepito Avellaneda und Gustavo Naveirra. Tanzen war schon immer ihre Leidenschaft. Zunächst hatte sie als junge Frau in der Tanzschule ihrer Tante in Frankfurt gearbeitet und den Schülern klassische Standardtänze beigebracht.
Doch kaum ein anderer Tanz ist so sinnlich wie Tango, bei dem man eng tanzt und sich der Poesie und der Melancholie bedingungslos hingibt. „Wer einmal Tango getanzt hat, will nichts anderes mehr tanzen“, sagte Ute Frühwirth. Als „Tango-Queen“, wie man sie nannte, hat sie wesentlich dazu beigetragen, dass Stuttgart heute als heimliche Tangohauptstadt in Deutschland gilt. Die Powerfrau trug zu ihren roten Haaren gern rote Kleider und rote Schuhe.
Bei der Feier zu ihrem 80. Geburtstag im Friedrichsbau-Varieté dachte Ute Frühwirth mit Freude an „die rauschenden Nächte“ in ihrer früheren Tanzschule Tango Vorstadt an der Christophstraße oder an die großen Bälle in der Alten Reithalle, dem Kursaal oder dem Züblin-Glashaus zurück. „Tango hält jung und ist gut gegen Demenz“, sagte sie damals.
Noch mit 80 Jahren hat sie unterrichtet. Nur für die ganz großen Partys fehle ihr nun die Energie, sagte sie. Ute Frühwirth, die Grande Dame des Tangos, freute sich, dass viele ihrer früheren Schüler selbst Tanzlehrer geworden sind.
Generationen von Tänzern haben bei ihr gelernt. „Im Alter von 86 Jahren ist sie friedlich eingeschlafen“, teilen ihre Freunde mit, danken ihr dafür, dass sie den Tango nach Stuttgart brachte, und schreiben voller Trauer: „Ute, wir vermissen dich jetzt schon!“
Kunststaatssekretär Arne Braun (Grüne) war über viele Jahre mit Ute Frühwirth befreundet. „Sie gehörte zum Aufregendsten, was die Stadt zu bieten hatte“, sagte er unserer Redaktion. Die Tangopionierin habe Menschen aus den unterschiedlichsten Kulturen zusammengebracht und stets eine „große Lust auf Unbekanntes, Neues und Abenteuer“ verbreitet. Braun würdigt Ute Frühwirth als „leidenschaftliche Botschafterin für Vielfalt und Offenheit“.