Geleakte Dokumente

Nawalny mit Nowitschok vergiftet?

Brisante Neuigkeiten zum mysteriösen Tod von Alexej Nawalny: Ermittlungsergebnisse deuten womöglich auf eine Vergiftung des Kremlkritikers hin. Die offizielle russische Version eines natürlichen Todes wird stark angezweifelt.

Nawalny-Beerdigung im März 2024.

© ZGS/AP/dpa

Nawalny-Beerdigung im März 2024.

Von Michael Maier

Mutmaßliche Enthüllungen werfen Licht auf den mysteriösen Tod des russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny im Februar 2024. Während offizielle russische Stellen von einem natürlichen Tod durch Herzversagen sprechen, deuten nun geleakte Dokumente auf eine gezielte Vergiftung hin. Das investigative Medienportal „The Insider“ veröffentlichte kürzlich brisante Unterlagen, die von russischen Ermittlungsbehörden stammen sollen.

Laut den Dokumenten zeigte Nawalny kurz vor seinem Tod typische Vergiftungssymptome: Er klagte über starke Bauchschmerzen, musste sich übergeben, erlitt Krämpfe und verlor schließlich das Bewusstsein. Diese Details wurden jedoch angeblich aus späteren offiziellen Berichten entfernt. Stattdessen sprachen die Behörden nur noch von Herzrhythmusstörungen als Todesursache.

Nawalny mit Vergiftungssymptomen?

Besonders brisant: Eine Liste beschlagnahmter Gegenstände vom Tatort enthält laut „The Insider“ eine „Probe von Erbrochenem“ - obwohl offiziell nie von Erbrechen die Rede war. Mediziner sehen in den beschriebenen Symptomen klare Anzeichen für eine Vergiftung, möglicherweise mit einem Nervengift, das dem berüchtigten Nowitschok ähnelt.

Die neuen Erkenntnisse passen zu früheren Vergiftungsversuchen gegen Nawalny. Bereits 2020 überlebte er nur knapp einen Anschlag mit Nowitschok. Auch damals versuchten die Behörden, die wahre Ursache zu verschleiern.

 

 

Nawalnys mysteriöser Tod

Das Verhalten der russischen Behörden nach Nawalnys Tod nährt ebenfalls Zweifel an der offiziellen Version: Tagelang wurde die Herausgabe des Leichnams verweigert, eine unabhängige Untersuchung verhindert. Kritiker sehen darin den Versuch, Spuren zu verwischen.

Die Regierung von Bundeskanzler Olaf Scholz hatte mit den Russen laut Medienberichten über einen Gefangenenaustausch verhandelt, von dem auch Nawalny profitieren sollte. Tatsächlich wurden Anfang August Geiseln freigelassen, doch war Alexej Nawalny zu diesem Zeitpunkt bereits ein halbes Jahr tot. Wollte Putin vor den unfreien Präsidentenwahlen im März ein Fanal setzen und einen Austausch seines schärfsten Gegners in Russland verhindern?

 

 

Alexej Nawalny im Steckbrief

  • 4. Juni 1976: Geboren in Butyn, Moskauer Oblast, Sowjetunion
  • 2000: Abschluss des Jurastudiums an der Russischen Universität der Völkerfreundschaft
  • 2000: Beitritt zur liberalen Oppositionspartei Jabloko
  • 2007: Ausschluss aus Jabloko wegen „nationalistischer Aktivitäten“
  • 2011: Gründung der Anti-Korruptions-Stiftung
  • 2013: Zweiter Platz bei der Moskauer Bürgermeisterwahl mit 27% der Stimmen
  • August 2020: Vergiftung mit Nowitschok auf einem Inlandsflug, mutmaßlich durch den russischen Geheimdienst und KGB-Nachfolger FSB
  • Januar 2021: Rückkehr nach Russland und sofortige Verhaftung
  • Februar 2021: Verurteilung zu 3,5 Jahren Haft wegen angeblichen Betrugs
  • März 2022: Weitere Verurteilung zu 9 Jahren Haft
  • August 2023: Zusätzliche Verurteilung zu 19 Jahren Haft
  • 16. Februar 2024: Ungeklärter Tod in der Strafkolonie „Polarwolf“

 

 

Wo lebt Julia Nawalny?

Die Behauptungen des Medienportals „The Insider“ konnten bisland allerdings nicht unabhängig überprüft werden. Es handelt sich um eine russischsprachige Internetzeitung, die 2013 vom Politologen und Aktivisten Roman Dobrochotow gegründet wurde. Sie ist auf investigative Recherchen spezialisiert und arbeitet unter anderem mit dem mutmaßlich westlichen Geheimdiensten nahestehenden Netzwerk „Bellingcat“ zusammen. 2017 erhielt „The Insider“ einen Demokratiepreis de Europarats. Unbekannt ist, wo sich der Journalist Roman Dobrochotow und die Kremlkritiker-Witwe Julia Nawalny derzeit aufhalten. Beide müssen um ihre Sicherheit fürchten.

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Erstellt:
30. September 2024, 15:01 Uhr

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