Hatte Essens Gründerbischof Kinder?

Neffen wollen mögliche Vaterschaft von Kardinal Hengsbach klären

Ein katholischer Bischof als Vater? Zwei Neffen des gestorbenen Kardinals Franz Hengsbach sind bereit, mit einem DNA-Test Klarheit zu schaffen. Sie stellen aber Bedingungen: Denn sie bezweifeln, dass das Essener Bistum offen mit den Gentest-Ergebnissen umgeht.

Franz Kardinal Hengsbach, Gründerbischof des Bistums Essen, im Jahr 1988, drei Jahre vor seinem Tod.

© Imago/Bon-Sequenz

Franz Kardinal Hengsbach, Gründerbischof des Bistums Essen, im Jahr 1988, drei Jahre vor seinem Tod.

Von Markus Brauer/KNA

Zwei Neffen des 1991 gestorbenen Essener Kardinals Franz Hengsbach wollen laut Medienberichten dazu beitragen, eine mögliche Vaterschaft des Geistlichen zu klären. Hintergrund ist die Vermutung eines Mannes, Sohn des Bischofs zu sein.

„Wir wollen Aufklärung, egal, was dabei herauskommt“

Beide Neffen sind bereit, Material für einen Gentest abzugeben, wie einer von ihnen der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ in Essen und der „Rheinischen Post“ in Düsseldorf sagte. „Wir wollen Aufklärung, egal, was dabei herauskommt“, so der namentlich nicht genannte Verwandte. In der katholischen Kirche sind Priester und Bischöfe zur sexuellen Enthaltsamkeit verpflichtet.

Im Dezember vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass ein Mann den Verdacht hegt, Sohn des Gründerbischofs des Ruhrbistums zu sein. Er bat die Diözese um Unterstützung bei der Klärung der Vaterschaft.

Eine Anfrage des Bistums nach einer möglichen Exhumierung der sterblichen Überreste Hengsbachs lehnte die Stadt Essen ab. Ein DNA-Abgleich ließe sich auch anders bewerkstelligen. Auch müsse sich zunächst ein Familiengericht mit dem Fall befassen.

Gericht soll Abstammungsfrage klären

Die zwei von noch drei lebenden Neffen Franz Hengsbachs bestehen laut den Berichten darauf, die Abstammungsfrage über ein offizielles Verfahren beim Familiengericht zu klären. Denn es sei zweifelhaft, dass das Bistum offen mit den Gentest-Ergebnissen umgehe.

An die Objektivität der Justiz glaubten sie dagegen. Ein solches Verfahren müsste allerdings der vermeintliche Sohn anstrengen, der dafür auch seine Anonymität aufgeben müsste.

Das Bistum Essen erklärte, dass es zum Schutz der Persönlichkeitsrechte aller Beteiligten derzeit keine Auskünfte zu dem Vorgang geben könne. Der Person, die um Unterstützung bei der Klärung einer möglichen Vaterschaft bat, habe das Bistum Vertraulichkeit zugesichert, so ein Sprecher.

Auch Missbrauchsvorwürfe gegen Kardinal Hengsbach

Weiter bekundeten die beiden Neffen „außerordentliche Zweifel“, dass die Ende 2023 bekannt gemachten Missbrauchsvorwürfe gegen ihren Onkel zutreffen. Die Bistümer Essen und Paderborn hatten 2023 zwei Vorwürfe sexualisierter Gewalt gegen den als Anwalt der Arbeiter und Bergleute populären Geistlichen bekannt gemacht. Sie beziehen sich auf die 1950er und 1960er Jahre. Hengsbach war von 1958 bis 1991 Bischof von Essen und zuvor Weihbischof in Paderborn.

Im Herbst vergangenen Jahres teilte der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer mit, dass mittlerweile sieben weitere Hinweise auf mögliche Fälle sexualisierter Gewalt beim Bistum Essen eingegangen seien. Derzeit läuft eine wissenschaftliche Studie, mit der die Vorwürfe aufgearbeitet werden sollen. Einer der Leiter, der Historiker Thomas Großbölting, starb vergangene Woche bei dem Zugunglück in Hamburg.

Familie Hengsbach – drei Priester, drei Missbrauchtäter

Nach den Vorwürfen gegen Franz Hengsbach und seinen Bruder Paul, der jahrzehntelang als Pfarrer tätig war, waren im vergangenen Jahr Missbrauchsvorwürfe gegen einen dritten Priester aus der Familie Hengsbach bekannt geworden, wie der WDR berichtet hat.

Ein Onkel des 1991 verstorbenen Ruhrbischofs soll demnach in den Jahren 1906 und 1907 als Kaplan in Sandebeck (heute ein Stadtteil von Steinheim im Kreis Höxter) übergriffig gegen Schulmädchen gewesen sein. Anschließend wurde er per Steckbrief gesucht, nachdem er nicht mehr auffindbar war.

Er habe sich der staatsanwaltlichen Verfolgung 1908 durch Flucht in die USA entzogen, wie Hans-Jürgen Rade, Leiter des Kirchlichen Gerichts im Erzbistum Paderborn, im „Jahrbuch für mitteldeutsche Kirchen- und Ordensgeschichte“ berichtet. Das Buch erschien im Januar 2023. Im Jahr 1919 sei der Geistliche US-Staatsbürger geworden und als Pfarrer vor allem im Bundesstaat South Dakota tätig gewesen.

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Erstellt:
17. Februar 2025, 15:48 Uhr

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