Neubau verzögert sich auf unbestimmte Zeit
Die Karl-Euerle-Halle sollte in Kürze abgerissen werden. Es wäre der Startschuss fürs Projekt gewesen, das Backnangs Gemeinderat Ende 2016 abgesegnet hat. Nun geht es frühestens Anfang 2022 los. Das Verfahren rund um den Bundeszuschuss von drei Millionen Euro ist sehr aufwendig.
Von Steffen Grün
BACKNANG. Spätestens nach den anstehenden Sommerferien sollten die Bagger rollen und die marode Karl-Euerle-Halle dem Erdboden gleichmachen, um Anfang 2022 mit dem Neubau starten zu können. Beabsichtigte Fertigstellung: Juni 2023, Einweihung im Herbst desselben Jahres. So weit der zuletzt kommunizierte Zeitplan, den Siegfried Janocha am 22. März bei der ersten Sitzung des Bauausschusses allenfalls zaghaft infrage stellte. Eine kleine Verzögerung sei nicht ausgeschlossen, betonte der Erste Bürgermeister im beratenden Gremium, in dem neben zwölf Stadträten auch Vereins- und Schulvertreter sitzen. Er begründete das mit der eigentlich erfreulichen Nachricht vom bewilligten Zuschuss über drei Millionen Euro aus dem Bundesprogramm zur „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“. Der Geldsegen habe auch „gewisse Nachteile“, goss Janocha etwas Wasser in den Wein: „Wir müssen weitere Verfahrensschritte beachten und dürfen uns keinen Fehler erlauben, denn das gefährdet den Zuschuss.“
Botschaft mit bitterem Beigeschmack: Die Halle ist bis Jahresende nutzbar
An diesen Satz dürften sich die Vereinsfunktionäre erinnert haben, als ihnen unlängst elektronische Post der Stadt Backnang ins Haus flatterte. Laut Briefkopf war es Johannes Ellrott, neuer Leiter des Kultur- und Sportamtes, der sich an sie wandte. Unterschrieben war die E-Mail aber „Mit besten Grüßen“ vom frisch gebackenen Oberbürgermeister Maximilian Friedrich. Wie auch immer, es ging unverfänglich los: „Der Neubau der Karl-Euerle-Halle steht bevor und wir schauen gespannt und mit Vorfreude auf die neue Schul- und Vereinssporthalle.“ Dann wurde allerdings der „aktualisierte Projektablaufplan“ erwähnt, der eine böse Überraschung in sich birgt: Er sieht den Abriss der Karl-Euerle-Halle erst zum Jahresbeginn 2022 vor. „Die Gründe dafür liegen in den vom Fördermittelgeber erst jetzt vollständig kommunizierten Förderregularien, die im Ergebnis zu einem längeren zeitlichen Vorlauf führen als bisher geplant“, teilten Friedrich und Ellrott mit. Es folgte ein Satz mit positivem Unterton, der für die Sportvereine aber trotzdem eher einer Botschaft mit bitterem Beigeschmack gleichkam: „Das bedeutet für die Nutzer, dass eine Belegung in der bestehenden Halle noch bis Ende dieses Jahres möglich ist.“ Mit anderen Worten: Vorher passiert überhaupt nichts, der Abriss und damit auch der Neubau verzögern sich um mindestens vier Monate. Für die Bauzeit versprachen der Rathaus- und der Amtschef abschließend, eine Interimslösung anzustreben, „um die Belastungen und Einschränkungen auf ein notwendiges Minimum zu reduzieren“.
Spannend ist nun, wann es wirklich losgeht. „Das will ich nicht ausschließen“, sagt Andreas Stier, Leiter des städtischen Hochbauamts, auf die Frage, ob es sich noch länger hinziehen könnte: „Wir haben noch die Hoffnung, dass wir Anfang 2022 mit dem Abbruch in das Projekt einsteigen können.“ Mit den vier Unternehmen, die Interesse an der Umsetzung des Neubaus zum Festpreis bekundet hatten, laufe die zweite Verhandlungsrunde. Danach solle der Bauausschuss informiert werden, der seit seiner Premiere im März im Dornröschenschlaf liegt. Wann das passiert, ist aber auch völlig offen und hängt ebenso wie der separat zu vergebende Abriss an der Zuschussfrage. „Das Verfahren ist sehr aufwendig“, macht Siegfried Janocha nochmals deutlich, „wir hoffen aber, dass es nicht furchtbar lange dauert“. Vorher loszulegen, wäre „zuschussschädlich“, fügt der Erste Bürgermeister noch hinzu.
Etwaige Bedenken, das Geld könnte am Ende gar nicht fließen, zerstreut Janocha: „Wir haben das grundsätzliche Okay, der Zuschuss ist bewilligt. Es gibt keinen Grund, daran zu zweifeln.“ Das bestätigen die Bundestagsabgeordneten Christian Lange (SPD) und Norbert Barthle (CDU), die sich für Backnang ins Zeug gelegt hatten. Der Haushaltsausschuss habe den Drei-Millionen-Euro-Zuschuss beschlossen, das könne nicht mehr zurückgenommen werden, sagt Lange: „Damit ist Projektphase 1 abgeschlossen und die Gelder stehen sicher zur Verfügung.“ Derzeit befinde sich die Stadt wohl im Antragsprozess mit dem Projektträger – der Firma Jülich GmbH, die Förderprogramme für den Bund umsetzt. Ihn habe bislang aber niemand kontaktiert, berichtet Lange. Er habe sich nach der Zeitungsanfrage trotzdem „umgehend an Bundesminister Seehofer gewandt und um einen aktuellen Sachstand gebeten“.
Die Stadt selbst werde alles tun, um das Tempo zu beschleunigen, versichert Janocha, auch die Haushaltsmittel stünden bereit. Zumindest das dürften die Vereine und Schulen gerne hören, wenn sich der Neubau schon erneut verzögert. Möglich ist trotzdem, dass beim Sportstammtisch am 26. Juli, zu dem die Stadt die Klubvertreter alljährlich einlädt, die Kröpfe geleert werden.
Hiobsbotschaften Geht es um die Karl-Euerle-Halle, sind die Vereine und die benachbarten Schulen als Hauptnutzer immer wieder neuen Kummer bereits gewohnt. Die Zukunft des maroden Sporttempels auf der Maubacher Höhe ist seit 14 Jahren der kommunalpolitische Dauerbrenner. Seit die neue Katharinenplaisirhalle in Sachen Zuschauerkapazität in abgespeckter Form gebaut wurde und stattdessen die Karl-Euerle-Halle der Ort sein sollte, um größere Veranstaltungen mit bis zu 1400 Besuchern in modernem Ambiente durchziehen zu können. Von einer Sanierung und Erweiterung für 1,7 bis 2,3 Millionen Euro war zunächst die Rede.
Prioritäten Im Dezember 2016 war noch immer nichts passiert, weil von der Stadtverwaltung und vom Gemeinderat stets andere Projekte vorgezogen worden waren (Hallenbad, Hochwasserschutz, Sanierung von Schulturnhallen/Kunstrasenplätzen oder Kleinkindbetreuung, um nur einige Beispiele zu nennen). Dann bezifferte ein Fachbüro die Kosten auf fast 13 Millionen Euro und sorgte für eine Überraschung: Im Vergleich sollten für den Neubau nur rund 11 Millionen Euro fällig werden. Der Gemeinderat votierte mit einem einstimmigen Grundsatzbeschluss für den großen Wurf.
Fördertöpfe Viereinhalb Jahre sind seitdem vergangen, in denen die unterschiedlichsten Zuschüsse ins Auge gefasst wurden. Die Devise lautete stets aufs Neue: Abwarten. Lange ohne Erfolg, vom eher bescheidenen Landeszuschuss (600000 Euro) abgesehen. Weil die bereits vorher stetig gestiegenen Baupreise im selben Zeitraum noch einmal explodierten und für Abriss und Neubau nun insgesamt 15,7 Millionen Euro veranschlagt werden, war die Freude im März diesen Jahres umso größer, als aus dem Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ ein satter Zuschuss in Höhe von 3 Millionen Euro bewilligt wurde.