Neue Attraktionen für den Plattenwald

Die Stadt will das beliebte Backnanger Naherholungsgebiet weiterentwickeln. Zu den Ideen gehören ein Naturspielplatz und eine Boulderanlage. Im Gemeinderat finden das nicht alle gut: Manche befürchten zu viel Trubel und noch mehr Verkehr.

Unterhalb des Wildgeheges entsteht gerade eine neue Kugelbahn. Sie soll am Ende rund 180 Meter lang sein und ein neuer Anziehungspunkt für Familien mit Kindern im Plattenwald werden. Foto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Unterhalb des Wildgeheges entsteht gerade eine neue Kugelbahn. Sie soll am Ende rund 180 Meter lang sein und ein neuer Anziehungspunkt für Familien mit Kindern im Plattenwald werden. Foto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Radfahrer und Jogger, Familien mit Kindern und Jugendcliquen, Ruhesuchende und Partygänger – sie alle zieht es vor allem in der warmen Jahreszeit in den Plattenwald. Nicht immer funktioniert das Miteinander dort reibungslos: Vor allem auf dem Waldspielplatz gab es in den vergangenen Jahren regelmäßig Probleme mit Vermüllung und Vandalismus, im Mai kam es sogar zu einer Massenschlägerei mit mehr als 30 Beteiligten (wir berichteten). Neben dem städtischen Vollzugsdienst schaut dort seit 2018 deshalb auch ein privater Sicherheitsdienst nach dem Rechten.

Trotz dieser Schattenseiten hat der Plattenwald für die Stadt Backnang und ihre Bewohner aber eine wichtige Funktion. Deshalb hatte die CDU-Fraktion im Gemeinderat im vergangenen Jahr beantragt, die Verwaltung solle sich Gedanken über eine Neukonzeption für das Naherholungsgebiet machen und Optionen für weitere Angebote prüfen. „Gerade in der Pandemie suchen die Bürger Erholung und Abwechslung wohnortnah“, hieß es zur Begründung.

Am Donnerstag hat Tobias Großmann, Leiter des Stadtplanungsamtes, nun die Überlegungen der Verwaltung im Technischen Ausschuss des Gemeinderats präsentiert. „Die Naherholung muss verträglich mit dem Naturschutz sein“, betonte Großmann. Denn der Plattenwald ist nicht nur Teil des Naturparks Schwäbisch-Fränkischer Wald, sondern beinhaltet noch weitere Schutzgebiete, Naturdenkmale und Biotope. Trotzdem sieht man bei der Stadt durchaus Entwicklungspotenzial.

Neue Sportangebote aufder Wiese am Waldheim?

Zum Beispiel auf dem Waldspielplatz: Auf diesem dominieren im Moment noch klassische Spielgeräte aus Stahl und Holz, außerdem mangelt es im Sommer an Schatten. Großmann könnte sich eine Umgestaltung zu einer „gestalteten Spiellandschaft mit Naturerfahrungsraum“ vorstellen. Beispielhaft präsentierte er den Stadträten Fotos von hölzernen Kletterlandschaften und Wasserspielen. Auch den bestehenden Walderlebnispfad könne man noch um weitere Stationen ergänzen.

Auch das Sportangebot soll verbessert werden. Der Trimm-dich-Pfad sei in schlechtem Zustand und zum Teil auch nicht mehr zeitgemäß. Neue Schilder und Stationen könnten hier wieder mehr Sportlerinnen und Sportler anlocken. Für Radfahrer wurden bereits im Frühjahr der „Hugotrail“ und der „Fix-und-Foxy-Trail“ als legale Mountainbikestrecken in Betrieb genommen. Nun denkt man schon über weitere Trails nach. Geplant ist außerdem ein separater Radweg durch den Plattenwald in Richtung Strümpfelbach.

Verbesserungsbedarf sieht die Verwaltung auch am Waldheim. Die Wiese neben dem Lokal liegt derzeit brach: Hier könnte sich Tobias Großmann zum Beispiel einen „Dirt Trail“ für Biker, eine Boulderanlage wie im Allmersbacher Sporterlebnispark oder eine neue Minigolfanlage vorstellen. Einziges Problem: Das Grundstück gehört dem Land Baden-Württemberg, die Stadt kann ihre Ideen hier also nicht alleine umsetzen. Sehr konkret und zum Teil sogar schon umgesetzt sind dagegen die Pläne für eine Kugelbahn. Ein erster, 15 Meter langer Abschnitt entsteht gerade in der Nähe des Wildgeheges, am Ende soll die Bahn eine Länge von 180 Metern haben. Umgesetzt wird das Projekt vom Forstbetrieb mit Unterstützung von Backnanger Schulen. Eine ähnliche, allerdings noch deutlich längere Kugelbahn bei Kernen-Stetten hat sich seit der Remstalgartenschau zu einem echten Publikumsmagneten entwickelt.

Stadt hält zusätzliche Parkplätze für verzichtbar

Bei der CDU-Fraktion, die den Antrag gestellt hatte, kamen Großmanns Vorschläge gut an: „Das hört sich klasse an“, lobte Stadtrat Rolf Hettich. Allerdings verwies er auf die Parkplatzprobleme, die es im Plattenwald schon heute immer wieder gebe: „Die Leute müssen wissen, wo sie parken können“, forderte Hettich. Rund ums Waldheim hätten im Sommer nämlich viele Autofahrer Strafzettel kassiert.

Tobias Großmann ist allerdings der Meinung, dass es im Plattenwald insgesamt genügend Parkplätze gibt, nämlich rund 140 an sechs Standorten. Allerdings ballt sich das Verkehrsaufkommen oft rund ums Waldheim, während beim Waldfriedhof noch jede Menge Stellplätze frei sind. Mit einer besseren Beschilderung müsse man versuchen, den Verkehr hier besser zu lenken. Falls der Gemeinderat zusätzliche Parkplätze schaffen wolle, sei dies im Bereich des Hochbehälters grundsätzlich möglich, aber nicht ganz billig. Für den Eingriff in die Landschaft müsste die Stadt nämlich einen ökologischen Ausgleich leisten. Alternativ wäre auch denkbar, den Takt auf den Buslinien 362 und 368 zu verdichten. Auch das wäre allerdings mit zusätzlichen Kosten für die Stadt verbunden.

Im Gemeinderat stießen die Ideen der Stadtverwaltung nicht auf ungeteilte Zustimmung. Vertreter mehrerer Fraktionen äußerten die Befürchtung, dass neue Attraktionen noch mehr Besucher anlocken und sich die Probleme dadurch verschärfen. „Es geht um eine behutsame Weiterentwicklung. Wir sollten auf dem begrenzten Platz nicht zu viel wollen“, mahnte Armin Dobler (SPD). Willy Härtner (Grüne) hat auch die Ökologie im Blick: Weitere Radwege durch den Plattenwald könnten zum Todesurteil für Molche und Kröten werden. „Wir sollten nicht nur den Freizeitcharakter sehen.“ Auch Erster Bürgermeister Siegfried Janocha warnte vor zu ambitionierten Plänen: „Wir dürfen es nicht übertreiben.“

Noch handelt es sich bei den vorgestellten Ideen aber sowieso nur um Gedankenspiele. Was davon umgesetzt wird und bis wann, ist noch nicht entschieden.

Kommentar
Die Geister, die ich rief

Von Kornelius Fritz

Die Herzogliche Kugelbahn, die 2019 zur Remstalgartenschau in Kernen-Stetten in Betrieb ging, ist ein echter Renner. Darüber kann die Gemeinde sich freuen, sollte man meinen. Tatsächlich wären viele Bewohner mittlerweile aber froh, wenn es die Bahn nicht gäbe. Denn an den Sommerwochenenden verstopfen Autos aus ganz Baden-Württemberg die Zufahrtswege, die Besucher parken kreuz und quer und hinterlassen ihren Müll. „Für uns selbst ist Erholung in unserem Wohnumfeld an den Wochenenden kaum mehr möglich“, heißt es in einer Onlinepetition, die mehr als 200 Bürgerinnen und Bürger unterzeichnet haben.

Die Erfahrungen aus Kernen sollten Backnang eine Warnung sein. Der Wunsch, den Plattenwald mit weiteren Attraktionen aufzuwerten, ist zwar nachvollziehbar. Klar ist aber, dass jedes zusätzliche Angebot auch zusätzliche Menschen anlockt. Und die Geister, die man einmal rief, wird man so schnell nicht wieder los. Der Gemeinderat tut also gut daran, auf eine maßvolle Entwicklung zu setzen. Denn der Wald selbst ist eigentlich Attraktion genug.

k.fritz@bkz.de

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Erstellt:
19. November 2022, 06:00 Uhr

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