Neuer Pflegedienst für Schwerbehinderte in Backnang und der Umgebung

Von Anja La Roche

Rems-Murr. Feierlich schneidet Daniela Sick am gestrigen Mittag das Band durch, das die zwei neuen Autos der Paulinenpflege Winnenden schmückt. Damit eröffnet sie im Namen der Bewohner, die von der evangelischen Einrichtung für behinderte Menschen betreut werden, den neuen Pflegedienst „Pauline pflegt“. Von nun an ist die Einrichtung also auch offiziell Pflegedienstleister. Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die eine Schwerbehinderung von mindestens 50 Prozent haben, können die Leistungen in Anspruch nehmen. Das Einzugsgebiet reicht von Winnenden bis Murrhardt.

Die Räumlichkeiten des ambulanten Dienstes befinden sich im Hotel am Südtor in Backnang in der Stuttgarter Straße, wo auch die Behindertenwerkstatt untergebracht ist. Bislang war die Paulinenpflege Winnenden kein offizieller Pflegedienst, auch wenn der Name etwas anderes vermuten lassen mochte, erklärt Hauptgeschäftsführer Andreas Maurer. Denn im 19. Jahrhundert habe das Wort Pflege noch generell die Zuwendung für Menschen beschrieben. Nun passt der Name dafür umso besser.

Abrechnung mit den Kassen möglich

Die Entscheidung, einen eigenen Pflegedienst einzurichten, ist aufgrund gesetzlicher Änderungen im Bundesteilhabegesetz gefallen. Denn die offizielle Abrechnung der Pflegeleistungen mit den Kranken- und Pflegekassen muss über einen offiziellen Pflegedienst erfolgen. Hätte die Einrichtung keinen eigenen Dienst gegründet, so hätten die Leistungen künftig über einen externen Anbieter erfolgen müssen. Etwas Geeignetes zu finden wäre allerdings schwierig geworden, erklärt Maurer. Denn Pflegefachkräfte seien rar, vor allem für Menschen mit besonderen Bedarfen.

Um die vielen bürokratischen Hürden auf dem Weg zu „Pauline pflegt“ zu bewältigen, hat die Paulinenpflege im Oktober 2022 Michaela Klein eingestellt, im September erfolgte dann die Zertifizierung. „Frau Klein hat viele dicke Bretter gebohrt“, lobt Maurer die Projektleiterin.

Seither ist der Pflegedienst in Betrieb, allerdings noch auf Sparflamme. „Die ersten Klientenanfragen sind schon da, mehr als wir dachten“, sagt Andreas Maurer. Fünf Klienten betreue „Pauline pflegt“ bereits, fünf Anfragen würden derzeit bearbeitet, so Klein. Besonders viel Interesse komme von Familien mit behinderte Kindern oder Jugendlichen. Das liege daran, erklärt Pflegedienstleiterin Claudia Reisser, dass es besonders bei älteren Kindern und Jugendlichen an passenden Angeboten mangele. Mit „Pauline pflegt“ gehe es auch darum, den überlasteten Eltern beiseitezustehen.

„Wir haben schon die erste Rückmeldung von Familien erhalten, die sehr dankbar sind“, sagt Klein. So habe eine Familie bereits ein Jahr lang nach Unterstützung für ihr Kind mit ADHS gesucht.

Bislang sind neben der Teamleiterin Klein und der Pflegedienstleiterin Reisser vier Mitarbeiterinnen angestellt. Sie haben einen fachlichen Hintergrund als Krankenschwester oder Altenpflegerin und sind erfahren im Umgang mit Menschen mit psychischer Beeinträchtigung. Damit auch schwerhörige und gehörlose Menschen optimal versorgt werden können, sollen sie zudem die Gebärdensprache erlernen.

Und das Team soll in den kommenden Monaten weiter wachsen. So sollen 2024 drei weitere Autos angeschafft sowie weitere Fachkräfte angestellt werden. Um zu weite Fahrtwege zu vermeiden, sollen je eine Station in Winnenden und Murrhardt hinzukommen. Außerdem soll „Pauline pflegt“ im familienunterstützenden und psychosozialen Dienst ausgeweitet werden. Regine Wüllenweber, Dezernentin des Sozial- und Kulturdezernats Backnang, begrüßt das. „Wir merken, dass Familien, die dort Bedarf haben, zunehmen“, berichtet sie. Das habe sicherlich auch mit Corona zu tun.

Der OB dankt den Verantwortlichen

Neben der Dezernentin ist auch Oberbürgermeister Maximilian Friedrich zu der offiziellen Eröffnung gekommen. „Das Projekt ist eine wunderbare Ergänzung zu dem Angebot, das es in Backnang bereits gibt“, lobt er die Gründung des neuen Pflegedienstes. Besonders toll findet er, dass das Projekt verschiedenen Zielgruppen zugutekommt, egal welchen Alters. „Unsere Unterstützung haben Sie“, betont er.

Ebenfalls anwesend sind Vertreter der Diakoniestationen, darunter Natascha Bobleter, die die ambulanten Pflegedienste im Rems-Murr-Kreis vertritt und die Diakoniestation Mittleres Murrtal leitet. Sie begrüßt den neuen Pflegedienst und freut sich auf die Zusammenarbeit.

Michaela Klein ist zufrieden mit dem Start. Wenn nun noch die Werbetrommel gerührt werde, sei sie zuversichtlich, dass das Team weiter wachsen werde. „Wenn Sie jemanden mit Bedarf im Verwandten oder Bekanntenkreis haben, dürfen Sie sich gerne an uns wenden“, appelliert sie an ihre Zuhörer bei der Eröffnung in Backnang.