Neues Konzept für den Sonnenhof: Mehr Wellness, weniger Party

Die Coronapandemie hat das Hotel in Kleinaspach in finanzielle Schieflage gebracht: Eine der Betreibergesellschaften musste Insolvenz anmelden. Mit einer Neuausrichtung will die Familie Ferber die Wende schaffen.

Das 1966 eröffnete Hotel Sonnenhof in Kleinaspach steckt in seiner schwersten Krise. Uli Ferber (links) und sein Sohn Michael haben ihre Zuversicht aber nicht verloren. Mit einem neuen Konzept wollen die Hoteliers künftig verstärkt Urlaubsgäste ansprechen. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Das 1966 eröffnete Hotel Sonnenhof in Kleinaspach steckt in seiner schwersten Krise. Uli Ferber (links) und sein Sohn Michael haben ihre Zuversicht aber nicht verloren. Mit einem neuen Konzept wollen die Hoteliers künftig verstärkt Urlaubsgäste ansprechen. Foto: A. Becher

Von Kornelius Fritz

ASPACH. Das Hotel Sonnenhof in Kleinaspach wirkt zurzeit verlassen. Auf dem Parkplatz stehen nur wenige Autos; wer durch die Hotellobby und die verwinkelten Flure geht, trifft fast niemanden. In dem riesigen Hotelkomplex mit insgesamt 550 Betten verlieren sich etwa 20 bis 30 Geschäftsreisende.

Noch vor einem Jahr war der Sonnenhof jedes Wochenende ausgebucht, auch unter der Woche waren mehrere Hundert Gäste im Haus. Die Betreiberfamilie Ferber plante bereits die Feierlichkeiten zum 70-jährigen Bestehen ihres Unternehmens. „Dann kam der 16. März und hat alles geändert“, sagt Uli Ferber. Die Zahlen, die der Hotelchef nennt, klingen dramatisch: Die Übernachtungen sind 2020 infolge von Lockdown und Beherbergungsverbot um 40 Prozent eingebrochen, obwohl die ersten beiden Monate des Jahres hervorragend gelaufen waren. Den Umsatzausfall beziffert Ferber auf neun Millionen Euro. Gleichzeitig ließen sich die Kosten nur bedingt reduzieren, denn die große Hotelanlage muss weiter in Schuss gehalten werden. Und man könne auch nicht alle Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken, erklärt der Hotelier. Allein die Stornierungen für das abgesagte Andrea-Berg-Heimspiel hätten sein Team sechs Wochen lang beschäftigt.

Von den versprochenen staatlichen Hilfen sei bisher so gut wie nichts angekommen: „Hotellerie und Gastronomie werden von der Politik komplett vernachlässigt“, beklagt Ferber. So habe Wirtschaftsminister Peter Altmaier etwa angekündigt, dass 75 Prozent der Umsatzausfälle vom November ausgeglichen würden. Beim Sonnenhof wären das laut Ferber etwa 1,2 Millionen Euro gewesen, erhalten habe man bislang aber gerade mal 10000 Euro. Um den Betrieb am Leben zu erhalten und die Liquidität zu sichern, habe seine Familie deshalb hohe Summen aus ihrem Privatvermögen zugeschossen. Das kann allerdings keine Dauerlösung sein, zumal die Betreiber inzwischen auch nicht mehr mit einer schnellen Erholung rechnen: „So wie es vorher war, wird es so schnell nicht wieder werden“, ist sich Ferber sicher.

Es gab zwei Optionen: Verkauf oder Neuausrichtung.

Das hängt auch mit dem bisherigen Konzept des Sonnenhofs zusammen, dessen Erfolg vor allem auf zwei Standbeinen basierte: Unter der Woche buchten Firmen Seminare und Geschäftsreisen, das Wochenende gehörte dem Partyvolk, das in den hauseigenen Clubs und Tanzbars die Nacht zum Tage machte. Hinzu kamen regelmäßige Liveauftritte bekannter Schlagerstars wie DJ Ötzi, Maite Kelly oder Ferbers Ehefrau Andrea Berg.

Mittlerweile haben die Hoteliers allerdings Zweifel, ob dieses Konzept, mit dem sie viele Jahre Erfolg hatten, noch für die Zukunft trägt. „Dass Menschen dicht an dicht in einer Bar stehen und feiern, kann man sich momentan gar nicht mehr vorstellen“, sagt Uli Ferbers Sohn Michael. Bis das wieder ohne Beschränkungen möglich sein wird, werde sicher noch einige Zeit vergehen. Bei Seminaren und Geschäftsreisen werde man das alte Niveau wohl überhaupt nicht mehr erreichen, denn die Firmen hätten in der Pandemie festgestellt, dass sich vieles auch in Videokonferenzen klären lässt. Bei Dienstreisen setzten die Unternehmen deshalb den Rotstift an.

Für Uli Ferber gab es deshalb nur zwei Optionen: „Entweder wir verkaufen das Hotel oder wir müssen es ganz neu aufstellen.“ Dass man sich für Letzteres entschied, ist dem Wunsch von Michael Ferber und seiner Cousine Katrin Boysen-Ferber geschuldet, die die Familientradition gerne fortsetzen wollten. „Wir können uns gar nichts anderes vorstellen“, sagt der Juniorchef. Deshalb holte sich die Betreiberfamilie Ende vergangenen Jahres einen Sanierungsfachmann ins Haus. Der empfahl ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung für die am stärksten betroffene Aspacher Event und Gastronomie GmbH. Die übrigen vier im Sonnenhof ansässigen Firmen seien davon nicht betroffen, betont Uli Ferber.

Die Insolvenz gibt dem Unternehmen ein wenig Luft, weil die 190 Beschäftigten nun für bis zu drei Monate Insolvenzgeld von der Arbeitsagentur erhalten. Diese Zeit will die Unternehmensleitung nutzen, um den Sonnenhof neu aufzustellen. Ziel sei es, alle Arbeitsplätze zu erhalten und – falls es bis dahin wieder erlaubt ist – zum 1. April mit einem neuen Konzept zu starten.

„Wir wollen unseren Stammgästen weiterhin einen tollen Aufenthalt bieten und uns gleichzeitig mit attraktiven Ideen einen neuen Gästekreis erschließen“, erklärt Uli Ferber. Der Name Sonnenhof soll künftig weniger für Remmidemmi als für Wellness und sanften Tourismus stehen. Schließlich habe der vergangene Sommer gezeigt, dass Urlaub in Deutschland wieder angesagt sei. „Und die Landschaft ist hier in der Umgebung so schön. Da müssen wir uns nicht verstecken“, ist Uli Ferber überzeugt.

Damit der Imagewechsel gelingt, wollen die Betreiber in einen neuen und wesentlich größeren Sauna- und Wellnessbereich investieren. Auch das kulinarische Angebot soll auf ein anspruchsvolleres Publikum zugeschnitten werden. „Da wollen wir im gutbürgerlichen Rahmen noch besser werden“, erklärt der Hotelchef. Außerdem will das Sonnenhof-Team für seine Gäste ein umfangreiches Programm auf die Beine stellen mit Outdooraktivitäten wie Wanderungen, E-Bike-Touren oder Bogenschießen. Mit dem neuen Fokus auf Urlaubsgäste wollen die Ferbers auch die Aufenthaltsdauer in ihrem Hotel verlängern. Die lag bisher im Schnitt nur bei zweieinhalb Nächten, Ziel sei es, diese auf vier bis fünf Nächte pro Aufenthalt zu steigern.

Ihre bisherigen Stammgäste wollen die Sonnenhof-Macher allerdings nicht vergraulen. Wer gerne tanzen oder Livemusik hören möchte, sei weiterhin willkommen: „Wir werden auch künftig nicht um neun Uhr die Bordsteine hochklappen“, verspricht Uli Ferber. Ob die Wende gelingen wird, kann heute noch keiner wissen, Michael Ferber ist aber zuversichtlich, dass seine Cousine und er der Erfolgsgeschichte des Familienbetriebs noch einige Kapitel hinzufügen werden: „Die Motivation, den Betrieb durch diese Krise zu führen, ist riesig.“

Kommentar
Weitblick

Von Kornelius Fritz

Man muss es deutlich sagen: Die Krise trifft das Hotel Sonnenhof und die Familie Ferber unverschuldet. Dass die bislang so erfolgsverwöhnten Unternehmer für eine ihrer Firmen nun sogar Insolvenz anmelden mussten, hat nichts mit Misswirtschaft zu tun. Vor Corona hat das Sonnenhof-Konzept bestens funktioniert. Gute Unternehmer zeichnen sich allerdings dadurch aus, dass sie sich nicht an die Erfolge der Vergangenheit klammern, sondern Zukunftschancen erkennen – auch und gerade in der Krise.

Deshalb zeugt es von Weitblick, wenn die Ferbers nun einen Imagewechsel anstreben und künftig mehr auf Qualität als auf Masse setzen wollen. Das neue Konzept könnte auch zu einem besseren Miteinander in Kleinaspach beitragen, denn für die Anwohner war die wöchentliche Invasion der Partygänger eine erhebliche Belastung. Eine Garantie, dass das neue Konzept aufgeht, gibt es zwar nicht, denn die Konkurrenz der Urlaubs- und Wellnesshotels ist groß. Doch der Sonnenhof hat einen entscheidenden Pluspunkt: Er ist „das Hotel von Andrea Berg“. Allein das wird weiterhin viele Gäste nach Kleinaspach locken.

k.fritz@bkz.de

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Erstellt:
22. Januar 2021, 06:00 Uhr

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