Neun Jahre Gefängnis für Mordversuch an der Ehefrau
Ein Mann hat im April 2023 in Fellbach seine Noch-Frau mit einem Messer attackiert. Das Urteil am Stuttgarter Landgericht ist nun gefallen.
Von Heike Rommel
Fellbach. Neun Jahre Gefängnis wegen versuchten Mordes lautet das Urteil des Stuttgarter Landgerichts über den 61-Jährigen, der seine Noch-Frau mit 20 Messerstichen in den Hals- und Brustbereich lebensgefährlich verletzt hat. Aus der Sicht der Schwurgerichtskammer hatte die arg- und wehrlose Mutter von fünf Kindern keine Chance, sich gegen den Messerangriff in ihrer Küche zu wehren. Sie hätte sterben können, wenn nicht eines der Kinder einen Notruf abgesetzt hätte.
Die Tatwaffe stammte aus dem Küchenmesserblock in der Fellbacher Wohnung, zu welcher der Verurteilte nach dem Gewaltschutzgesetz schon lange keinen Zutritt mehr hatte, als der versuchte Mord an der 48-Jährigen am 19. April vergangenen Jahres gegen 11 Uhr passiert ist. Ein minderjähriger Sohn sollte die Wohnungstür nicht öffnen, wenn der getrennt lebende Vater klingelt, drückte jedoch auf den Türöffner, worauf sein Vater mit seiner Mutter in der Küche Streit anfing, ein Küchenmesser aus dem Block nahm und die Mutter niederstach. Es waren schreckliche Bilder, die sich die Schwurgerichtskammer in diesem Fall von der in einer Blutlache liegenden Frau anschauen musste. Sie lag niedergestochen und gekrümmt in der hintersten Ecke der Küche und hatte nach der Urteilsbegründung der Vorsitzenden Richterin, Monika Lamberti, keine Chance gegen den Messerstecher. Zwei Stiche in den Bauch, welcher sich der 61-Jährige nach der Tat selbst zugefügt hat, wertete das Gericht lediglich als Vortäuschung einer Notlage oder gar eines Selbstmordversuchs aus Verzweiflung über die Bluttat.
Der jugendliche Sohn kann im Leben nicht mehr vergessen, was er mitansehen musste, als sein Vater seine Mutter in der Küche zu ermorden versuchte.
„Er sah seine Felle davonschwimmen“, kam Richterin Lamberti noch einmal auf die Beweggründe zurück. Im Hintergrund stand ein Erbe der Frau und zwar von ihrer Mutter in Paris, an welchem der Täter teilhaben wollte, aber nicht sollte. Die Entscheidung der Frau, sich zu trennen, stand schon lange vorher fest und das hatte diese ihrem Noch-Mann auch deutlich gesagt.
„Meine Mutter ist tot.“ Diesen Satz des jugendlichen Sohnes, der den Notruf abgesetzt hat, rief Richterin Lamberti im Zuge der Urteilsverkündung noch einmal auf, um zu verdeutlichen, dass die Mutter tot sein könnte, wenn der Sohn keine Hilfe geholt hätte. Sechs Messerstiche in den Hals und 14 in den Brustbereich waren konkret lebensgefährlich für die Mutter, wie das Gutachten eines Gerichtsmediziners ergab. Psychisch krank war der Täter einem psychiatrischen Sachverständigen zufolge nicht. Das Urteil auf neun Jahre Gefängnis erging im Sinne der Stuttgarter Staatsanwaltschaft, welche das Mordmerkmal der Heimtücke bereits in der Anklage als erfüllt ansah.
Die Schwurgerichtskammer betonte am Ende des Prozesses gegenüber dem Täter, er könne froh sein, dass die Mutter seiner Kinder noch am Leben ist und bis auf Alpträume keine weiteren Folgeschäden von dem versuchten Messermord davontrage. Der jugendliche Sohn, zu seinem Schutz von der Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts unter Ausschluss der Öffentlichkeit als Zeuge vernommen, kam nach Informationen der Kriminalpolizei mit einem Schock davon, kann aber im Leben nicht mehr vergessen, was er mitansehen musste, als sein Vater seine Mutter in der Küche zu ermorden versuchte.
Die Angabe des Verurteilten, es könnte eventuell auch das Opfer gewesen sein, welches ihm in einer Art Gegenwehr zwei Messerstiche in den Bauch versetzt hätte, wertete die Kammer als Schutzbehauptung – in der Überzeugung, dass sich der Mann die zwei Stiche in den Bauch selbst zugefügt hat, um eine Notwehrlage oder einen eventuellen Suizidversuch aus angeblicher Verzweiflung über seinen Mordversuch an seiner Noch-Ehefrau vorzutäuschen.