Energiewende in Baden-Württemberg
Nur sechs neue Windräder gingen dieses Jahr ans Netz
100 Windräder sollten jedes Jahr ans Netz gehen, damit Baden-Württemberg seine Klimaziele erreicht. Davon ist der Südwesten aktuell meilenweit entfernt.
Von Jonas Schöll
Energiewende im Schneckentempo: Der Ausbau der Windenergie ist in Baden-Württemberg in den vergangenen Monaten ins Stocken geraten. In den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres seien im Südwesten nur sechs neue Anlagen ans Netz gegangen, teilten die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (PEE BW) und der Bundesverband Windenergie in Baden-Württemberg am Donnerstag mit.
Die Zahl der genehmigten Anlagen stagniert demnach ebenfalls. In den ersten sechs Monaten des Jahres erhielten im Südwesten gerade mal 24 Windräder eine Genehmigung, wie die Verbände unter Berufung auf vorläufige Daten der Bundesnetzagentur weiter berichteten. Das sind nur drei mehr als noch im ersten Quartal. Zum Vergleich: Im gesamten Vorjahr gab es 47 Genehmigungen.
100 neue Windräder pro Jahr nötig
Deutschlandweit sind den Angaben zufolge im ersten Halbjahr 2024 insgesamt 250 neue Windenergieanlagen gebaut worden, die eine Gesamtleistung von 1308 Megawatt haben. Das waren 19 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Spitzenreiter im Ländervergleich ist Nordrhein-Westfalen. Dort sei durch Neubau – abzüglich des Rückbaus – 249 Megawatt mehr Leistung entstanden.
Der Süden müsse endlich aufholen und Flächen ausweisen, forderte Bärbel Heidebroek, Präsidentin des Bundesverbands Windenergie. Um die Klimaziele zu erreichen, benötigt Baden-Württemberg mehr als 100 neue Windräder im Jahr. Ursprünglich hatte die grün-schwarze Landesregierung im Koalitionsvertrag als Ziel vereinbart, bis 2026 im Land 1000 neue Windräder zu bauen. Dieses Ziel hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) allerdings schon länger einkassiert.
Verbände nehmen Kommunen in die Pflicht
„Der Windenergieausbau kommt noch nicht recht vom Fleck“, moniert Jürgen Scheurer, Geschäftsführer der PEE BW. Er nimmt vor allem die Regionalverbände und Kommunen in die Pflicht. Im Zuge der Regionalplanung müssen diese bis Ende September 2025 mindestes 1,8 Prozent der Landesfläche als Vorrangflächen für die Windenergie ausweisen.
Als Hauptgründe für den stockenden Ausbau gelten lange Genehmigungsverfahren, zu wenig ausgewiesene Flächen und viele Klagen. An Orten, wo Windräder gebaut werden sollen, gibt es oft erhebliche Proteste. Weitere Knackpunkte: die lange Planungszeit für Stromtrassen aus dem Norden und dramatische Engpässe im regionalen Stromnetz.
Im Land stehen aktuell rund 775 Windräder mit einer installierten Leistung von insgesamt rund 1,8 Gigawatt. Bis zum Jahr 2040 sind den Angaben zufolge 3000 Windräder mit einer installierten Leistung von insgesamt zwölf Gigawatt erforderlich. Zum Vergleich: Die Leistung der in den ersten sechs Monaten neu errichteten sechs Windräder sowie einer erneuerten Anlage beläuft sich insgesamt auf 35 Megawatt, also umgerechnet 0,035 Gigawatt.