Mogelpackung des Jahres 2024

O-Saft mit Zuckerwasser gestreckt

Weniger Orangensaft, dafür Zuckerwasser, aber der gleiche Preis. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat wieder die „Mogelpackung des Jahres“ gekürt. Zur Auswahl standen fünf Produkte. Granini Trinkgenuss Orange belegte Platz 1.

Sieger des Negativpreises: Fast die Hälfte der abgegebenen Stimmen ging an dieses Getränk.

© VZ Hamburg und Canva.com

Sieger des Negativpreises: Fast die Hälfte der abgegebenen Stimmen ging an dieses Getränk.

Von Imelda Flaig

Safthersteller Eckes-Granini hat laut Verbraucherschützern besonders dreist getrickst. Der Anteil an Orangensaft pro Flasche wurde halbiert und das Getränk mit Zuckerwasser gestreckt. Bei gleichem Preis im Handel sei das Getränk bezogen auf den Fruchtsaftanteil nun doppelt so teuer. „Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben Eckes-Granini zu Recht einen Denkzettel verpasst“, sagt Armin Valet von der Verbraucherzentrale Hamburg.

Der Anbieter habe seinen hundertprozentigen Orangensaft gestreckt und auch noch versucht, dies zu vertuschen. Das Etikett sei nahezu unverändert, einen Hinweis auf die neue Zusammensetzung der Zutaten suche man vergebens. Lediglich die prominente Auslobung „100 % Fruchtsaft“ fehle auf der Banderole, werde aber nicht durch die Angabe „50 % Fruchtsaft“ ersetzt.

Fünf Produkte standen bei der Wahl zur Mogelpackung des Jahres 2024 zur Auswahl – ein Negativpreis, den die Verbraucherzentrale Hamburg jedes Jahr vergibt. Mehr als 32 000 Verbraucher haben abgestimmt, fast die Hälfte der Stimmen entfielen auf Granini Trinkgenuss Orange.

Der Hersteller Eckes-Granini verweist in seiner Stellungnahme darauf, dass eine Kombination aus einer geringeren Ernte bei zeitgleich steigender Nachfrage zu einem starken Anstieg der Rohstoffpreise führt.

So begründet der Hersteller die veränderte Rezeptur

Um die unverbindlichen Preisempfehlungen des Granini-Sortiments in diesem Jahr stabil halten zu können, habe man den Granini Orangensaft (Fruchtgehalt 100 %) durch einen Orangennektar (Fruchtgehalt 50 %) ersetzt. „Diese Anpassung ermöglicht es uns, einerseits die Verfügbarkeit trotz der momentanen Knappheitssituation zu gewährleisten und andererseits die Preise trotz erheblicher Preissteigerung der Rohware konstant zu halten“, so das Unternehmen.

Für Verbraucherschützer Valet ist nachvollziehbar, dass Unternehmen versuchen, höhere Kosten an Verbraucher weiterzugeben. Doch schrumpfende Füllmengen und der Verzicht auf wertvolle Zutaten seien der falsche Weg, um Margen zu sichern. „Statt Shrink- und Skimpflation brauchen wir mehr Preisklarheit und -wahrheit“, fordert Valet.

Shrinkflation – aus dem englischen Begriff shrink, also schrumpfen, und Inflation – bedeutet weniger Inhalt bei gleichem Preis. Bei Skimpflation – aus dem englischen Begriff skimp, also knausern, und Inflation – ersetzen Hersteller teure durch günstige Zutaten oder verringern die Menge wertiger Zutaten.

Andere Länder kennzeichnen Mogelpackungen

Fehlende Transparenz beim Lebensmitteleinkauf verärgere Verbraucher, so die Verbraucherschützer. Die Kandidatenliste zeige, dass gesetzliche Vorgaben für eine klare Kennzeichnung von Mogelpackungen notwendig seien. In anderen Ländern habe man bereits Maßnahmen ergriffen: In Ungarn und Frankreich etwa müssen Lebensmitteleinzelhändler seit dem vergangenen Jahr Mogelpackungen mit einem Hinweis am Regal kenntlich machen. In Brasilien müssen die alte und neue Füllmenge sowie die prozentuale Reduzierung deutlich auf der Verpackung stehen. Eine ähnliche Kennzeichnungspflicht könnte laut Verbraucherschützern auch hierzulande versteckten Preiserhöhungen durch Mogelpackungen ein Ende setzen.

Es sei besonders ärgerlich, wenn Verbraucher absichtlich hinters Licht geführt würden. „Wir fordern die Politik auf, endlich Rahmenbedingungen zu schaffen, um sie besser zu schützen“, sagt Valet.

Versteckte Preiserhöhung bis zu 150 Prozent

Mit der „Mogelpackung des Jahres“ rückt die Verbraucherzentrale Hamburg die Tricksereien der Unternehmen ins Rampenlicht. „Wir machen sichtbar, was die Anbieter lieber verbergen würden“, so Valet. Auf der Produktliste, die zur Abstimmung stand, landete ein Gewürzsalz von Ulrich Walter auf Platz zwei beim Negativpreis. In der Verpackung sind nur noch 80 statt 150 Gramm, verkauft wird es aber einen Euro teurer, was einer Preiserhöhung von 150 Prozent entspricht. Der Hersteller begründete dies mit einer nachhaltigeren Verpackung, einer bedarfsgerechteren Füllmenge und gestiegenen Kosten für Rohstoffe, Transport und Energie.

Platz drei belegte eine Eiscreme zum selben Preis, aber mit viel weniger Inhalt, was der Hersteller mit der Nachfrage nach kleineren Füllmengen begründete. Auf Platz vier landete eine Duschcreme, laut Hersteller eine Produktneuheit in einer neu gestylten Verpackung, der Inhalt fast identisch – nur weniger. Dafür aber nahezu doppelt so teuer. Platz fünf belegten die Waffelblättchen von Aldi Nord – 100 Gramm weniger Inhalt bei gleichem Preis, was einer Preiserhöhung um 100 Prozent entspricht. Die Rezeptur blieb unverändert. Der Discounter verwies in einer Stellungnahme auf die gestiegenen Kosten für Rohkakao.

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Erstellt:
22. Januar 2025, 11:38 Uhr

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