Obere Walke Backnang: Heizzentrale hinkt der Bebauung hinterher

In der Oberen Walke geht es Schlag auf Schlag, das Pflegeheim ist bereits im Bau und die restlichen Bauabschnitte kurz vor ihrer Genehmigung. Für die Holzhackschnitzelanlage, die das große Backnanger Wohngebiet mit Wärme versorgen soll, wird aber erst der Bebauungsplan festgezurrt.

Die Retentionsfläche zwischen der Bebauung und der Murr kann künftig für Freizeitaktivitäten genutzt werden. Aktuell sind bereits alle Mauern und Stützwände gebaut und das Gelände modelliert. Auch die Leitungen der Fernwärmetrasse sind bereits verlegt.Visualisierung: Dibag

Die Retentionsfläche zwischen der Bebauung und der Murr kann künftig für Freizeitaktivitäten genutzt werden. Aktuell sind bereits alle Mauern und Stützwände gebaut und das Gelände modelliert. Auch die Leitungen der Fernwärmetrasse sind bereits verlegt.Visualisierung: Dibag

Von Matthias Nothstein

Backnang. Die Bebauung der Oberen Walke nimmt kräftig Fahrt auf. In der gemeinsamen Sitzung zweier Ausschüsse des Gemeinderats wurde jetzt erneut ein Sachstandsbericht des Investors Dibag vorgestellt sowie der Bebauungsplan für jenes Gebiet, in dem das künftige Heizkraftwerk für die Obere Walke gebaut werden soll, dem Gemeinderat einstimmig zum Satzungsbeschluss empfohlen. Weil die Heizzentrale deutlich später als ein Großteil der Gebäude fertig wird, sind Übergangslösungen vonnöten

.Pflegeheimbau schon weit fortgeschritten

Der Bau des künftigen Pflegeheims an der Gartenstraße, das von der Gesellschaft Dienste für Menschen betrieben wird, ist schon sehr weit fortgeschritten. Er gilt als erster Bauabschnitt. Dibag-Projektleiter Sebastian Kuhlen rechnet mit der Baugenehmigung für den zweiten Bauabschnitt noch in diesem Jahr. Im ersten Quartal 2023 sollen die Arbeiten ausgeschrieben und vergeben und mit den Erdarbeiten sogar schon begonnen werden. Ein Jahr später soll es dann sogar schon mit den Bauabschnitten drei und vier weitergehen, hier rechnet Kuhlen mit der Baugenehmigung und der Vergabe der Arbeiten im Laufe des Jahres 2023 und dem Baustart 2024.

Eigentlich sollte man denken, dass es beim Thema Heizkraftwerk keinen großen Diskussionsbedarf in den Ausschüssen geben sollte, da die technischen Aspekte des Projekts und die Standortanalyse im Sommer bereits ausführlich vorgestellt worden waren . Nun berichtete Tobias Großmann, welche Einwendungen es zum Bebauungsplan gegeben hat.

Keine wesentlichen Einwände gegen den Bebauungsplan.

Um es kurz zu machen: Es gibt keine essenziellen Einwände von den Trägern öffentlicher Belange oder Bürgern gegen den Bebauungsplan. Einzige Ausnahme stellte der BUND-Ortsverband Backnanger Bucht dar. Dessen Vorsitzender Andreas Brunold griff dafür bei seiner Kritik nicht nur zum Florett, sondern gleich zum Degen. So monierte er, dass es bei der Änderung des bestehenden Bebauungsplans um eine „umweltschädliche Subvention“ beziehungsweise um eine „ausschließlich für den privaten Investor Dibag geplante Infrastrukturmaßnahme“ handele. Außerdem geißelte er den Standort zwischen der Eugen-Adolff-Straße und der Murr auf Höhe des Pflegeheims Haus am Berg. Brunold forderte, die Heizzentrale im Gebiet Obere Walke zu bauen, dies sei dem „millionenschweren Investor“ ohne Weiteres zuzumuten, zumal es dann kürzere Leitungswege gebe.

„Der Standort ist hervorragend geeignet.“

Die Mitglieder des Ausschusses Technik und Umwelt sowie des Verwaltungs- und Finanzausschusses gingen auf Brunolds Kritik nicht ein. Zumal Großmann nochmals kurz die Argumente wiederholt hatte, die im Sommer bei der Auslegung des Planwerks bereits ausführlich dargelegt wurden. Für den gewählten Standort sprachen viele Gründe. Nur Willy Härtner (Grüne) konterte die Kritik knapp: „Der Standort ist hervorragend geeignet, ich freue mich, dass die Anlage kommt.“ Einstimmig sprachen die Ausschussmitglieder eine Empfehlung für den Gemeinderat aus. Dieser kann nächste Woche den Bebauungsplan festzurren.

Wenn überhaupt kritische Töne zu vernehmen waren, dann am ehesten bei der Frage von Ute Ulfert (CDU). Sie sprach die provisorischen Zwischenlösungen bei der Wärmeversorgung an. Denn die ersten Gebäude auf der Oberen Walke werden weit vor der Fertigstellung der Heizzentrale bezogen. So sind sowohl ein kleineres Heizungsmobil sowie auch ein größerer Heizungscontainer als Überbrückung notwendig. Nun fragte Ulfert: „Waren wir zu spät dran mit unseren Überlegungen?“ Und auch Pia Täpsi-Kleinpeter (SPD) wollte wissen, was sie sich unter einem Heizmobil und einem Heizcontainer überhaupt vorzustellen habe. Thomas Steffen, der Geschäftsführer der Stadtwerke Backnang, die später einmal die Heizzentrale betreiben werden, konnte Ulferts Bedenken aus dem Weg räumen: „Nein, wir sind nicht zu spät dran.“ Seine Begründung: Vor zwei Jahren hätten die Stadtwerke keine Förderung erhalten. Und obwohl derzeit alles teurer werde, wäre der Bau der Heizzentrale für die Stadtwerke teurer geworden, wenn der schon vor einem Jahr realisiert worden wäre. Die Erklärung hierfür: Inzwischen gibt es eine Bundesförderung für effiziente Wärmenetze in Höhe von 40 Prozent auf das gesamte Projekt. Zudem, so gab Steffen zu bedenken, sei es üblich und oft auch sinnvoll, wenn Zwischenlösungen bei Neubauten gewählt werden. So sei es zum Beispiel wenig sinnvoll, wenn die Heizzentrale bereits in Betrieb wäre, obwohl auf der Oberen Walke erst ein Bruchteil der Wärmeabnehmer gebaut sei. Da wären mobile Heizcontainer effizienter und wirtschaftlicher.

Das Wärmenetz kann im Bereich Eugen-Adolff-Straße verlängert werden.

Angesichts der in Hinsicht auf den Klimaschutz und der Unabhängigkeit sehr sympathischen Technik erkundigte sich Sabine Kutteroff (CDU), ob das Wärmenetz auch als Fernwärmenetz über die Obere Walke hinaus etwa in den Bereich Walksteige verlängerbar wäre. Steffens Antwort war eindeutig: „Wegen der Leitungslänge und anderen Gründen eher Nein.“ Er erinnerte daran, dass das Netz jedoch die Wohngebiete entlang und jenseits der Eugen-Adolff-Straße versorgen könnte. Zwar gebe es auch da Schwierigkeiten wegen der Topografie, aber die seinen in den Griff zu bekommen. Und Großmann betonte erneut, dass auch diese Erweiterungsmöglichkeit ein Argument für den gewählten Standort war.

„Machen auch kleinere Einheiten Sinn?“

Die künftige Heizzentrale wird mit über 1000 KW Leistung die größte im Stadtgebiet sein. Nun fragte Gerhard Ketterer (CDU) nach, wie groß Einzugsgebiete in der Stadt sein müssten, um solche Holzhackschnitzelheizungen wirtschaftlich betreiben zu können. Und er fragte, ob angesichts der Backnanger Topografie nicht auch kleinere Einheiten Sinn machen würden. Laut Steffen gibt es keine definierten Größenangaben, aber aus technischen Gründen und wegen der Abnahmemengen sollten die Anlagen mindestens 250 KW Leistung haben, um wirtschaftlich zu sein.

Architekt Rainer Wild von der Stuttgarter Architekten-Gruppe Schwarz erläuterte die äußere Gestaltung der Heizzentrale. Die schwarze Betonwand wird mit einer zweiten Schicht veredelt. Dabei handelt es sich um eloxierte Alubleche, die im Abstand von 20 Zentimetern vor der Fassade montiert werden.

Die Genehmigungen für die weiteren Bauabschnitte stehen unmittelbar bevor

Retentionsraum Der Retentionsraum zwischen der Murr und der Bebauung der Oberen Walke ist weit fortgeschritten. Der Aushub und die Sanierung der Fläche ist erledigt. Es liegt auch ein Nachweis über die schadlose Versickerung vor. Die Stützwände sind in allen Bereichen hergestellt, ebenso sind die Fernwärmetrassen und die Regen- und Schmutzwasserkanäle im Retentionsraum verlegt. Auch die Modellierung des Geländes erfolgte schon. Was noch aussteht ist das Streichen (Graffitischutz) der Wände sowie der Garten- und Landschaftsbau.

Bauabschnitt 2 Der Bauantrag wurde von der Dibag bereits im April diesen Jahres eingereicht, die Verantwortlichen rechnen noch in diesem Jahr mit der Baugenehmigung. In ersten Quartal folgt dann die Ausschreibung und Vergabe der Arbeiten. Geplant ist, dass mit den Erdarbeiten noch im ersten Quartal des nächsten Jahres begonnen werden kann.

Bauabschnitt 3 und 4 Der Bauantrag für diese beiden Abschnitte wurde ebenfalls schon Ende Juni diesen Jahres eingereicht. Dibag-Projektleiter Sebastian Kuhlen rechnet damit, dass er vonseiten der Stadt die Baugenehmigung im nächsten Jahr erhält. Der Baubeginn der Baugrube ist für das erste Quartal 2024 vorgesehen, der Beginn des Hochbaus im zweiten Quartal 2024. Mit der Fertigstellung rechnen die Verantwortlichen der Dibag für das Quartal 2026.

Projektdaten Die Geschossfläche der Bauabschnitte drei und vier beträgt 28220 Quadratmeter. Es entstehen 276 Wohnungen, wovon 80 Wohneinheiten mit insgesamt 7400 Quadratmetern sozial gefördert werden. Die Wohnfläche insgesamt summiert sich auf 21000 Quadratmeter, die Gewerbefläche auf 460 Quadratmeter.

Stellplätze Insgesamt gibt es 296 Stellplätze in Tiefgaragen sowie 13 sogenannte Besucherstellplätze im Areal. Sie sind vor allem für Ärzte und Pflegedienste gedacht. 17 Stellplätze sind rollstuhlgerecht. Des Weiteren gibt es 577 Fahrradstellplätze im Areal. Davon sind 379 Stellplätze in den Wohngebäuden, sowohl im Erdgeschoss als auch im Keller, und 198 Stellplätze in Freianlagen.

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Erstellt:
29. Oktober 2022, 06:00 Uhr

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