Bundestagswahl 2025

Ökonom reagiert entsetzt auf Wahlversprechen der Parteien

Der Ökonom Marcel Fratzscher hat den Parteien quer durch alle politischen Lager unlautere Wahlversprechen vorgeworfen. Seiner Meinung nach wollen sie die Wähler für dumm verkaufen.

Marcel Fratzscher ist der Chef des Deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts DIW. (Archivbild)

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Marcel Fratzscher ist der Chef des Deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts DIW. (Archivbild)

Von red/AFP

Der Ökonom Marcel Fratzscher hat den Parteien quer durch alle politischen Lager unlautere Wahlversprechen vorgeworfen. „Was mich schockiert ist, dass die Parteien die Wähler und die Wählerinnen hinters Licht führen wollen“, sagte der Chef des Deutschen Wirtschaftsforschungsinstituts DIW der „Augsburger Allgemeinen“ vom Donnerstag. „Die Parteien trauen den Wählerinnen und Wählern nicht die Wahrheit zu - und sie überbieten sich mit Wahlversprechen.“

Fratzscher präsentierte Berechnungen zu den Kosten der Wahlversprechen. Spitzenreiter sei die FDP mit 138 Milliarden Euro Steuererleichterungen zum größten Teil für die Topverdiener, gefolgt von der Union mit 99 Milliarden, sowie SPD und Grüne mit Entlastungen von 30 Milliarden und 48 Milliarden Euro. „Das ist auch kein Pappenstiel“, sagte der Institutschef. „Das ist das, was ich mit Hinters-Licht-Führen meine.“

Mehr Geld für Straßen, Schulen und Soldaten

Fratzscher verwies auf den aktuell großen Investitionsbedarf in Deutschland, wofür der Staat viele Mittel benötige. Deutschland brauche jedes Jahr zusätzliche Investitionen von 40 Milliarden Euro in Straßen, Schienen, Brücken und Schulen sowie jährlich 30 Milliarden Euro zusätzlich für die Bundeswehr. „Diese großen Beträge können nicht aus den laufenden Ausgaben herausgespart werden“, sagte der DIW-Chef. 

Neue Schulden dürften nicht nur negativ gesehen werden, warnte der Ökonom mit Blick auf die Debatte um die Schuldenbremse. Aus Schulden ergäben sich eben auch „sanierte Straßen, gute Schulen und schnelles Internet“, sagte er. „Ohne diese Voraussetzung wird Deutschland nicht dauerhaft zu mehr Wirtschaftswachstum zurückkehren.“

Ökonomen rechnen mit mehr Arbeitslosen

Ökonomen kritisierten am Donnerstag zudem die Pläne der rot-grünen Bundesregierung, im laufenden Jahr Einsparungen beim Bürgergeld zu erzielen. Solche Einsparungen seien „mehr als fraglich“, schrieb das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in einer Untersuchung. Das IW verwies dabei auf die anhaltend schwache Wirtschaft und die steigende Arbeitslosigkeit.

Potenziell könnten 2025 „mehr Menschen aus dem Arbeitslosengeld I in die Grundsicherung rutschen, weil Arbeitssuchende immer schwerer eine Beschäftigung finden“, erklärte IW-Expertin Stefanie Seele.   

Am Bürgergeld soll gespart werden

Die Bundesregierung veranschlagt im Haushalt für 2025 insgesamt 45,3 Milliarden Euro für das Bürgergeld - rund 2,5 Milliarden Euro weniger als im abgelaufenen Jahr. Auch die Oppositionsparteien CDU und FDP sehen beim Bürgergeld großes Einsparpotenzial; sie wollen die Sozialleistung im Falle eines Regierungswechsels gründlich reformieren und die Auszahlung an strengere Bedingungen knüpfen. 

CDU und CSU wollen zudem beim Bürgergeld und der Unterstützung von Flüchtlingen ansetzen, um die Staatsausgaben zu reduzieren und ihr milliardenschweres Wahlprogramm mit massiven Steuersenkungen zu finanzieren. Mit Blick auf eine mögliche erneute Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl im September hatte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich bereits Gesprächsbereitschaft beim Bürgergeld signalisiert.

Im nun begonnenen Jahr 2025 gilt eine Nullrunde für Bürgergeldempfänger. Das heißt: Alleinstehende erhalten weiterhin 563 Euro monatlich, eine vierköpfige Familie erhält zwischen 1783 Euro und 2011 Euro zuzüglich Kosten für Unterkunft und Heizung.

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Erstellt:
2. Januar 2025, 12:52 Uhr

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