Land informiert Asylbewerber über Möglichkeiten

dpa/lsw Stuttgart. Rund 30.000 Asylbewerber leben in Baden-Württemberg mit einer „Duldung“. Sie sind zwar ausreisepflichtig, können aber nicht abgeschoben werden. Denen, die geduldet sind und arbeiten, will das Land nun einen Weg zeigen, wie sie länger bleiben können.

Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek bei einem Interview in seinen Büroräumen. Foto: Bernd Weißbrod/dpa/archivbild

Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek bei einem Interview in seinen Büroräumen. Foto: Bernd Weißbrod/dpa/archivbild

Tausende gut integrierte, aber abgelehnte Asylbewerber in Baden-Württemberg werden in den kommenden Wochen Post von der Landesregierung bekommen. Mit den Schreiben soll den insgesamt rund 10.000 Männern und Frauen nach Angaben von Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek (CDU) geholfen werden, trotz des negativen Asylbescheids eine Perspektive in Baden-Württemberg zu bekommen.

„Wir haben uns im Koalitionsvertrag geeinigt, Menschen in Beschäftigung unter bestimmten Umständen Bleibeperspektiven aufzuzeigen“, sagte Lorek der Deutschen Presse-Agentur dpa. „Deshalb wollen wir geduldete Menschen nun aktiv über konkret bestehende Bleiberechtsoptionen informieren. Und zwar bevor eine Abschiebung droht.“ Sie sollen zudem darauf hingewiesen werden, dass sie sich an die Härtefallkommission wenden können.

Wer einen festen Job hat, seinen Lebensunterhalt über einen längeren Zeitraum selbst bestreitet und Deutsch spricht, kann eine sogenannte Beschäftigungsduldung für 30 Monate erhalten. In dieser Phase ist die Abschiebung ausgesetzt. Nach Ablauf der Frist wäre es auch möglich, eine Aufenthaltserlaubnis zu bekommen. Straftaten dürfen die Kandidaten nicht begangen haben.

Damit diese Regelung nicht als Einladung für Migranten aus aller Welt verstanden wird, bleibt sie nach Angaben Loreks auf Altfälle beschränkt. Nur wer vor dem 1. August 2018 eingereist ist, kann die „Beschäftigungsduldung“ erhalten. Eine verlässliche Bleibeperspektive oder Duldung erhalten außerdem Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis, die eine Ausbildung angefangen haben.

Nach Angaben des Migrationsstaatssekretärs werden die rund 10.000 geduldeten beschäftigten Männer und Frauen vom Regierungspräsidium Karlsruhe angeschrieben und gebeten, Dokumente vorzuweisen, damit geprüft werden kann, ob sie eine Beschäftigungsduldung oder eine Ausbildungsduldung erhalten können. „Wir stellen oft fest, dass Gründe für ein Bleiberecht nicht vorgetragen werden“, sagte Lorek. „Man ist zwar nach dem Ausländergesetz verpflichtet, das mitzuteilen, das machen aber viele nicht.“

Nicht selten treffe es engagierte und integrierte Menschen, die nach Ansicht Loreks eine Chance verdient haben. „Wenn jemand 2015 oder 2016 nach Deutschland kam und nicht in seine Heimat zurückgeführt wurde, weil damals viele Menschen zu uns gekommen sind und die Verfahren lange gedauert haben, wenn er nun fünf, sechs Jahre alles gemacht hat, was wir gesagt haben, Deutsch gelernt, sich integriert, eine Beschäftigung gesucht und gefunden, wenn er für seinen Lebensunterhalt aufkommt, dann hat er die Chance meines Erachtens genutzt“, sagte Lorek. Erfüllten Menschen die Voraussetzungen für ein Bleiberecht, müssten ihnen auch die Möglichkeiten aufgezeigt werden. „Aber wer hierherkommt und Straftaten begeht, der gehört nicht zu diesem Kreis“, sagte Lorek.

In einem zweiten Schritt der Info-Offensive sollen die 137 unteren Ausländerbehörden die langjährig Geduldeten beraten. Dies falle allerdings wegen der Pandemie noch schwer, daher verzögere sich dieses Projekt. Insgesamt werden in Baden-Württemberg derzeit rund 30.000 Menschen geduldet.

Der Baden-Württembergische Handwerkstag (BWHT) zeigte sich erfreut. „Die Fachkräftesituation im baden-württembergischen Handwerk ist seit langem angespannt“, sagte BWHT-Präsident Rainer Reichhold der dpa. Betriebe engagierten sich mit großem Einsatz bei der Integration von Geflüchteten. Ganz überwiegend machten sie gute Erfahrungen in der Beschäftigung Geflüchteter. „Da ist es oft nur schwer vermittelbar, wenn gut integrierte Beschäftigte nach mehreren Jahren plötzlich den Betrieb wieder verlassen müssen, weil sie nicht mehr in Deutschland bleiben dürfen“, sagte Reichhold.

© dpa-infocom, dpa:210816-99-856685/6

Zum Artikel

Erstellt:
16. August 2021, 10:01 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen