Ortsseniorenrat: Lösung fürs Pflegeheim in Weissach?
Der Weissacher Ortsseniorenrat hat ein Diskussionspapier zum Erhalt des Pflegeheims in Unterweissach erarbeitet. Die Mitglieder fordern alle Beteiligten dazu auf, an einem runden Tisch zusammenzukommen. Als möglichen Lösungsweg sehen sie die Gründung einer Genossenschaft.
Von Melanie Maier
Weissach im Tal. Die Situation um das Pflegeheim in Weissach im Tal ist verfahren (wir berichteten): Bis Juli 2026 kann das Heim am Standort Brüdenwiesen 7 bis 9 am Rand von Unterweissach noch regulär betrieben werden. Spätestens dann jedoch muss der Gebäudekomplex den Vorgaben der Landesheimbauverordnung (LHeimBauVO) entsprechen. Alternativ muss der Betreiber eine dauerhafte Ausnahmegenehmigung von der Verordnung vorlegen können. Doch momentan sieht es weder danach aus, dass die Eigentümergemeinschaft sich zu einem Umbau entschließen würde (der wohl mit Kosten von rund 50000 bis 100000 Euro je Eigentümer einherginge), noch danach, dass das Alexander-Stift sich um eine Ausnahmeregel bemühen will.
Der Weissacher Ortsseniorenrat hat daher ein Diskussionspapier erarbeitet. Es soll ein Vorschlag sein, wie die Beteiligten aus dem bestehenden Dilemma herauskommen könnten. Das Papier wurde in der jüngsten Sitzung des Ortsseniorenrats einstimmig verabschiedet und an das Alexander-Stift, die Wohnungseigentümer, die Gemeinde Weissach im Tal und die beim Landratsamt angesiedelte Heimaufsicht verschickt.
In dem Diskussionspapier bekennen sich die Mitglieder des Ortsseniorenrats grundsätzlich zum Pflegestandort Unterweissach und zum Erhalt des bisherigen Pflegeheims in den Brüdenwiesen. Sie fordern die Beteiligten dazu auf, alle Maßnahmen, die dafür nötig wären, „sehr ernsthaft zu verfolgen“ und dabei den Umwelt- und Hochwasserschutz zu berücksichtigen (etwa bei einem notwendigen Erweiterungsbau).
Keine Notwendigkeit für einen Neubau?
Reinhard Knüdeler und weitere Mitglieder des Ortsseniorenrats haben das Heim, das zwischen den Jahren 2000 und 2002 in Betrieb genommen worden ist, vor Kurzem besichtigt. „Das ist ein helles, freundliches Haus“, sagt Knüdeler. Das Gebäude sei neuwertig, man sehe keine Abnutzungsspuren. Knüdeler weiß keinen Grund, weshalb man es nicht der LHeimBauVO entsprechend umbauen könnte: „Da sind enorme Erweiterungs- und Entwicklungsmöglichkeiten.“ Seiner Meinung nach könnten 20 zusätzliche Pflegezimmer problemlos geschaffen werden. „Wir sehen keine Notwendigkeit für einen Neubau“, betont er. Diese Option war von der Gemeindeverwaltung ins Spiel gebracht worden (siehe Infotext). „Der Ortsseniorenrat ist zwar kein Player in der Geschichte“, fügt Rüdiger Frey hinzu, der Vorsitzende der Gruppe. „Er kann keine Entscheidungen in der Hinsicht treffen. Aber wir versuchen, Vertreter der Personen zu sein, die in dem Heim leben.“
Deshalb fordert der Ortsseniorenrat alle Beteiligten dazu auf, zu einem runden Tisch zusammenzukommen und Lösungskonzepte für den Weiterbetrieb des Pflegeheims zu erarbeiten. Einen potenziellen Ansatz stellen die Mitglieder bereits selbst in ihrem Diskussionspapier vor: die Bildung einer Genossenschaft.
Knüdeler: „Wir sehen keine Notwendigkeit für einen Neubau. In dem Heim könnten problemlos 20 weitere Zimmer geschaffen werden.“
Sie betrachtet Reinhard Knüdeler als das „ideale Instrument“ im vorliegenden Fall. Die Eigentümer, meint er, könnten ihre Pflegezimmer als Sachanlage einbringen und würden dafür Geschäftsanteile von der Genossenschaft bekommen, die somit als Finanzierungseinrichtung dienen würde. Damit gingen laut Knüdeler viele Vorteile einher. „Der Betreiber hätte dadurch zum Beispiel nur noch einen Ansprechpartner (Anm. d. Red.: aktuell besteht die Eigentümergemeinschaft aus mehr als 50 Parteien), aber die Eigentümer wären nach wie vor an Entscheidungen beteiligt“, sagt er. „Außerdem würden die Eigentümer von der Wertentwicklung der Immobilie profitieren. Und diejenigen, die aussteigen möchten, könnten ihre Zimmer zu einem angemessenen Preis an die Genossenschaft verkaufen.“
Bürgermeister Bogner geht nicht von einem Weiterbetrieb des Heims aus
Eine Genossenschaft sieht Weissachs Bürgermeister Daniel Bogner auch als eine gute Möglichkeit an, um das Pflegeheim in Unterweissach künftig zu managen. Mit ihm hat der Ortsseniorenrat bereits zwei Gespräche geführt. Allerdings geht Bogner nicht davon aus, dass im Gebäude Brüdenwiesen 9 die stationäre Pflege über den Juli 2026 hinaus angeboten werden kann. „Die Unsicherheit aufseiten des Betreibers und der Eigentümergemeinschaft ist zu hoch“, sagt er. „Die Eigentümer müssten höhere Investitionen tätigen, um das Pflegeheim entsprechend umzubauen. Und selbst dann wäre es nicht sicher, ob die Mieteinnahmen dem Alexander-Stift ausreichen.“ Der Verwaltungschef zeigt sich aber zuversichtlich, dass ein alternatives Nutzungskonzept für das Gebäude gefunden werden könne, etwa in Form von betreutem Wohnen oder der Einrichtung einer mobilen oder auch Tagespflege. „Die Gemeinde hat natürlich auch kein Interesse daran, dort eine Bauruine stehen zu haben“, verdeutlicht er. Um das Gebäude Brüdenwiesen 7, in dem sich derzeit die Diakoniestation befindet, mache er sich „gar keine Sorgen“, sagt Bogner. „Ich bin sicher, dass wir dafür ziemlich schnell eine sehr gute Lösung finden werden.“
Ein Genossenschaftsmodell könne man aber durchaus in Erwägung ziehen, findet er. Doch auch die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) kann er sich gut vorstellen. Es sei im Interesse der Eigentümergemeinschaft, von dem aktuellen Modell wegzukommen. Die Gemeinde Weissach im Tal gehört ebenfalls der Eigentümergemeinschaft an.
Gemeinde will den Pflegestandort erhalten
Wichtig ist Bogner noch einmal hervorzuheben, dass die Gemeinde den Pflegestandort Weissach im Tal erhalten möchte – „wenn möglich in der Gebietskulisse des aktuellen Heims“. Da sei man sich mit dem Ortsseniorenrat einig. Und er sagt: „Auch die Verwaltung hat Interesse daran, dass man versucht, den aktuellen Standort durch verschiedene Maßnahmen beizubehalten.“ Nur geht er eben nicht davon aus, dass ein Weiterbetrieb erreicht wird. „Ich persönlich glaube nicht, dass die Eigentümer dazu bereit sind, da so viel zu investieren“, sagt er. Die Gemeindeverwaltung habe in der Angelegenheit leider nur einen beschränkten Einfluss, wolle aber für eine gute Lösung werben. Ein Teil davon könnte ihm zufolge ein Neubau für die stationäre Pflege sein. Und da sei man schon auf einem guten Weg. „Ich denke, wir kriegen da eine gute Lösung hin“, so Bogner. „Bis zum Sommer sollte man wissen, wie es dort weitergeht.“
Falls es zu einem Neubau kommen sollte, habe Bogner dem Ortsseniorenrat bereits zugesagt, dass er sich mit Ideen einbringen könnte, berichtet Vorstand Rüdiger Frey. Da wäre zum Beispiel die Idee eines Tagescafés, „das gibt es im Alexander-Stift noch nicht“. Allerdings hat der Erhalt des jetzigen Pflegeheims für den Rat eindeutig Vorrang, für ihn möchten die Mitglieder sich einsetzen. Bei einem funktionierenden Bestandsgebäude, sagt Uwe Rahr, gelte es schon aus ökologischer Sicht einen Neubau zu vermeiden.
Verordnung Die Landesheimbauverordnung (LHeimBauVO) von 2009 regelt die Qualität des Wohnens in stationären Einrichtungen. Sie soll sicherstellen, dass in allen Alten- und Pflegeheimen im Land derselbe Standard gilt. In Baden-Württemberg gilt die Regelung (anders als in anderen Bundesländern) nicht nur für Neubauten, sondern auch für Bestandsgebäude. Das wurde bereits vielfach kritisiert.
Vorgaben Die Verordnung bestimmt neben baulichen Anforderungen an Zimmergrößen und Gemeinschaftsflächen auch andere Vorgaben, etwa zur Barrierefreiheit. Zudem sieht sie vor, dass in Pflegeheimen für alle Bewohnerinnen und Bewohner ein Einzelzimmer zur Verfügung stehen muss.
Umsetzung Für nach 2009 gebaute Heime galt die LHeimBauVO unmittelbar. Für ältere Einrichtungen bestand eine zehnjährige Übergangsfrist. Diese konnte in besonderen Fällen auf bis zu 25 Jahre verlängert werden. Im Mai 2018 wurden außerdem ermessenslenkende Richtlinien zur Landesheimbauverordnung verabschiedet. Sie ermöglichen unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen von der Verordnung.
Gemeinde Wegen der LHeimBauVO kann das Alten- und Pflegeheim in Unterweissach nur noch bis Juli 2026 betrieben werden. Die Gemeindeverwaltung möchte daher andere Standorte prüfen, die für einen eventuellen Neubau infrage kämen. Ein Standort ist aus ihrer Sicht die Fläche unterhalb des aktuellen Heims, die Wiese oberhalb des Brüdenbachs. Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung vom 22. Dezember daher den Aufstellungsbeschluss „Brüdenwiesen Nord“ beschlossen.
Problem Die Fläche des Bebauungsplans „Brüdenwiesen Nord“ liegt im HQ-10-Gebiet, also einem Überschwemmungsgebiet, in dem es statistisch gesehen einmal in zehn Jahren zu Hochwasserereignissen kommt.