Peta demonstriert vor Wilhelma
Die Tierschutzorganisation fordert das Ende der Menschenaffen-Haltung in Zoos – und hat Klage eingereicht.
Von Maximilian Kroh
Stuttgart - Ab kurz vor elf Uhr sitzt der Gorilla am Samstagmorgen vor der Wilhelma im Käfig. Es ist selbstverständlich kein Tier aus dem Stuttgarter Zoo, es ist noch nicht mal ein echter Menschenaffe. Eine Aktivistin der Tierrechtsorganisation Peta hat sich in ein Kostüm geschmissen und kauert nun in einer winzigen Gitterkiste. Flankiert wird sie von mehreren Aktivisten in Sträflingsoutfits und Halb-Mensch-halb-Affe-Maske. In diesem Setting demonstriert Peta vor der Wilhelma gegen die Haltung von Menschenaffen. „Kein Zoo der Welt kann Menschenaffen das bieten, was sie für ein artgerechtes Leben bräuchten“, sagt Yvonne Würz. Sie ist Peta-Fachreferentin für Zoos und Zirkusse und die Koordinatorin der Aktion. Es ist der bekannte Disput: Die Tierrechtsorganisation argumentiert mit Verhaltensstörungen und Krankheiten bei den Tieren, die Zoos halten mit der Notwendigkeit des Artenschutzes dagegen.
Es ist ein stiller Protest an diesem klirrend kalten Samstag in Stuttgart. Die Aktivisten halten Schilder hoch, „Menschenaffen raus aus Zoos“ steht darauf – Sprechchöre oder kämpferische Reden gibt es keine. Die Wilhelma lässt sie gewähren, nur ihre Position müssen die Aktivisten ein paar Mal leicht anpassen. Der Eingang muss für die Besucher frei bleiben, Gleiches gilt für die Kassenhäuschen.
„Wir wollen die Menschen aufklären und gleichzeitig Zoos und Politik auffordern, die Haltung von Menschenaffen zu beenden“, erklärt Würz. Rund 30 Demonstranten sind gekommen, manche Teilnehmer tragen Pullover, Jacken oder Beutel mit der Aufschrift „#FCKZOOS“. Mira aus Reutlingen ist eine davon: „Zoos sind aus der Zeit gefallen“, findet sie. „Das Gerede von Artenschutz ist am Ende doch nur eine Entschuldigung für Profitgier.“
Die meisten Wilhelma-Besucher bleiben unbeeindruckt von der Aktion. Manche bleiben kurz stehen, reden mit Demoteilnehmern oder Aktivisten, gehen dann aber doch weiter in den Zoo. „Also, geh mer zu de Äffle jetzt?“, scherzt eine ältere Frau. Die meisten Besucher sind Eltern mit jungen Kindern. Die Demo finde sie in Ordnung, sagt eine junge Mutter – „aber ich freue mich, dass mein Sohn hier die Tiere sieht“.
Eine andere Frau, ebenfalls mit Kind an der Hand, geht mit gemischten Gefühlen in den Zoo, wie sie sagt. „Ich lese viel, aber eben von beiden Seiten“, erzählt sie. „Ich gehe hier vor allem hin, weil es gute Wochenendunterhaltung für die Kinder ist. Und die Frage ist ja auch, was mit den Tieren ohne den Schutz der Zoos passiert.“
Sonderlich viele Besucher sind es ohnehin nicht – es gibt Angenehmeres, als Mitte Januar durch die Kälte zu spazieren. Warum also demonstriert Peta ausgerechnet jetzt? „Wir haben im Juli und Oktober Videoaufnahmen von Bonobos gemacht, die sich Haare ausrupfen oder den eigenen Kot fressen“, sagt Yvonne Würz. Das sei zwar eindeutig unnatürliches Verhalten, dennoch hätten die Videos zuerst ausgewertet müssen.
„Außerdem haben wir vor Kurzem eine Anzeige gegen die Wilhelma erstattet. Darin geht es nicht nur um die Haltung der Affen, sondern auch um andere Tiere, etwa die Haltung von Elefanten.“ Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat den Eingang der Anzeige bestätigt. Bei der Wilhelma ist nach eigener Auskunft bis Freitagnachmittag noch nichts eingegangen – dementsprechend will sich der Zoo auch nicht dazu äußern.