Ernährung
Plant Points: 30 Pflanzen pro Woche für die Darmgesundheit
Aktuell bildet sich ein neuer Ernährungstrend auf Social Media. Demnach soll man pro Woche 30 „Pflanzenpunkte“ zu sich nehmen. Wir erklären, was es damit auf sich hat.
Von Katrin Jokic
Wahrscheinlich hat jeder, der sich schon einmal mit dem Thema gesunde Ernährung befasst hat, von der „5 am Tag“-Regel gehört. Demnach soll man täglich 5 Portionen Obst und Gemüse zu sich nehmen. Die „30 Plant Points Challenge“ ist gewissermaßen eine Weiterentwicklung davon. Die Theorie, die auch als „Diversity Diet“ bekannt geworden ist, wurde bereits vor ein paar Jahren von der in London lebenden australischen Ärztin Dr. Megan Rossi veröffentlicht. Neuen Aufschwung erfährt die Ernährungsweise aber nun durch eine Netflix-Doku.
Im April 2024 erschien auf Netflix nämlich „Hack Your Health: Die Geheimnisse unserer Verdauung“. Unter der Regie von Anjali Nayar klären in diesem Film diverse Experten rund um das Thema Darm, Darmgesundheit und Mikrobiom auf. Darunter ist auch Giulia Enders, die hierzulande durch ihren Bestseller „Darm mit Charme“ bekannt wurde.
In dieser Doku stellt Arpana „Annie“ Gupta, Neuropsychologin an der University of California, kurz ihr Konzept „ABC“ vor. ABC steht für „Always be counting“, also „immer zählen“. Das bezieht sich allerdings nicht etwa auf das Kalorienzählen, wie es bei vielen Diäten üblich ist, sondern auf das Zählen von pflanzlichen Lebensmitteln, die man zu sich nimmt. Gupta sagt, man solle pro Woche 20 bis 30 verschiedene Obst- und Gemüsesorten bzw. pflanzliche Lebensmittel zu sich nehmen, um die eigene Darmgesundheit zu verbessern.
30 Pflanzen pro Woche
30 Pflanzen pro Woche – dieses Konzept stellte Rossi bereits 2019 in ihrem Buch „Eat Yourself Healthy“ (ANZEIGE) vor. Die Netflix-Doku hat nun einen regelrechten Trend daraus gemacht, mit Plant-Points-Challenges auf Social Media & Co. Hierbei wird für jede gegessene pflanzliche Zutat 1 Plant Point (Pflanzenpunkt) vergeben, für Kräuter gibt es je nach Challenge einen halben oder einen Viertel-Punkt. Eine einzige Plant-Point-Challenge oder wirklich festgelegte Regeln gibt es dabei nicht. Ihnen allen ist nur eines gemeinsam: 30 pflanzliche Lebensmittel pro Woche sollten es sein.
Folgende Lebensmittel können Sie essen, um auf 30 Pflanzen pro Woche zu kommen. In Klammern finden Sie die Ballaststoffe pro 100 Gramm.
Nüsse & Samen
Brot, Getreide & Pseudo-Getreide
Obst & Beeren
Gemüse & Pilze
Hülsenfrüchte
Kräuter
Doch was ist der Zweck dieser Ernährungsweise? Mithilfe der Diversity Diet – also einer vielfältigen Ernährung – sollen wir ausreichend und unterschiedliche Ballaststoffe zu uns nehmen. Laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung sind Ballaststoffe fast ausschließlich in pflanzlichen Lebensmitteln und Pilzen enthalten. Vor allem Hülsenfrüchte wie Bohnen oder Kichererbsen, aber auch Nüsse und Samen sind reich an Ballaststoffe. Vollkornprodukte, Gemüse und Obst sind aber ebenfalls gute Lieferanten für Ballaststoffe.
Die DGE empfiehlt, mindestens 30 g Ballaststoffe pro Tag zu sich zu nehmen bzw. pro 1000 kcal rund 14,6 g Ballaststoffe. Der Mikrobiologe Justin L. Sonnenburg (Stanford) empfiehlt in „Hack Your Health“ sogar 50 g Ballaststoffe pro Tag zu sich zu nehmen.
Studien zeigen aber auch: in Deutschland nehmen Frauen pro Tag nur rund 18 g Ballaststoffe zu sich und Männer etwa 19 g. In den USA sind es laut der Netflix-Doku mit durchschnittlich 15 g pro Tag sogar noch weniger. Möchte man den Empfehlungen der DGE und anderer Experten folgen, ist es wahrscheinlich gar nicht schlecht, mal darauf zu achten, 30 Pflanzen pro Woche zu essen.
Je nachdem, welche Ernährung Sie gewohnt sind, können 30 Pflanzen pro Woche eine Herausforderung sein, zumal Sie natürlich auch eine gewisse Menge essen müssen, um ausreichend Ballaststoffe zu sich zu nehmen. Gut eignen sich daher Rezepte, die verschiedene Obst- und Gemüsesorten miteinander kombinieren wie beispielsweise Smoothies, Suppen oder Ofengemüse. Nüsse, Samen und Kräuter können Sie bei fast allen Gerichten als Topping hinzufügen.
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Darum sind Ballaststoffe wichtig für die Gesundheit
Ballaststoffe haben eine Fülle von Wirkungen auf den Körper, vor allem auf die Verdauung. Lebensmittel mit vielen Ballaststoffen halten länger satt, beugen Verstopfungen vor und wirken sich generell positiv auf die Masse und Konsistenz des Stuhlgangs aus. Ballaststoffreiche Lebensmittel verweilen zudem länger in Magen und Darm, wodurch die Nährstoffaufnahme verbessert wird und sie eine gute Nahrungsquelle für das Mikrobiom darstellen.
Der Begriff Mikrobiom bezieht sich in diesem Fall auf die Mikroorganismen, die sich im menschlichen Verdauungstrakt, insbesondere im Darm, befinden. Dazu zählen Bakterien, Pilze, Viren und andere Mikroben. Das Mikrobiom spielt eine wichtige Rolle für die Verdauung, die Produktion von Vitaminen, die Regulierung des Immunsystems, den Stoffwechsel (Energiebilanz, Fettspeicherung) und die allgemeine Darmgesundheit.
Bei einer zu einseitigen Ernährung mit zu wenigen Ballaststoffen kann es vorkommen, dass die Vielfalt des Mikrobioms und die Anzahl nützlicher Bakterien im Darm abnimmt. Gleichzeitig können schädliche Bakterien sich vermehren, wodurch es zu Entzündungsreaktionen, Abbau der Darmschleimhaut, Verstopfungen und anderen Stoffwechsel-Problemen kommen kann. Die Folge können beispielsweise Adipositas oder Typ-2-Diabetes sein.
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Doch das Mikrobiom im Darm hat nicht nur Einfluss auf die Verdauung, sondern auf die gesamte Gesundheit. Zusammenhänge zwischen Darm und Gehirn zeigen sich beispielsweise bei Autismus, Parkinson und auch stressbedingten psychiatrischen Krankheiten wie Angststörungen und Depressionen.
Wer nach einer Phase mit wenigen Ballaststoffen (wieder) mehr Ballaststoffe zu sich nehmen möchte, fühlt sich eventuell zunächst aufgebläht oder bekommt Bauchschmerzen. In diesem Fall wird geraten, zunächst mit kleineren Portionen zu starten und den Verdauungstrakt nach und nach wieder an ballaststoffreiche Ernährung zu gewöhnen.
Um das Ökosystem im Darm neu zu formen, benötigt es mitunter 9 bis 12 Monate. Wer eine kürzere Diät bzw. Ernährungsumstellung macht und danach in alte Muster verfällt, geht das Risiko des Jojo-Effekts ein – unter anderem wegen des Mikrobioms.