Politiker-Demo gegen Fahrverbote
Der Stuttgarter CDU-Fraktionsvorsitzende Alexander Kotz ruft zum Widerstand gegen Entscheidung der Landespolitik auf
Diesel - Ein Riss tut sich innerhalb der CDU auf: Bei einer Demonstration stellen sich die Stuttgarter Vertreter deutlich gegen ihre Parteikollegen in der Landesregierung. Gemeinsam mit der FDP kritisieren sie auf dem Schlossplatz die Fahrverbote.
Stuttgart Der Diesel setzt ungeahnte Kräfte in Bewegung: In demonstrativer Einigkeit fanden sich am Samstagnachmittag erstmals Vertreter von CDU, FDP und Freien Wählern gemeinsam auf dem Schlossplatz wieder, um gegen die Dieselfahrverbote in der Landeshauptstadt zu protestieren. Dem Aufruf der Kreisverbände waren geschätzt 400 bis 500 Dieselbefürworter gefolgt. Der Veranstalter selbst sprach von 900 bis 1000 Zuhörern.
Unter dem Applaus der Zuhörer betonte Hans-Ulrich Rülke, Fraktionschef der Liberalen im Landtag, dass die Fahrverbote rückgängig gemacht werden können: „Wenn Innenminister Strobl ankündigt, man könne politisch das Fahrverbot für Diesel der Euro-5-Norm verhindern, kann man auch das Fahrverbot gegen den Euro-4-Diesel zurücknehmen“, so Rülke. Der FDP-Kreisverband hatte die Demonstration federführend initiiert, die Kreisverbände von CDU und Freien Wählern hatten sich angeschlossen.
Dass jetzt an der Seite der Liberalen erstmals auch Politiker der Christdemokraten öffentlich für die freie Fahrt mit Dieselfahrzeugen protestierten, dürfte den seit Langem in der Sache schwelenden innerparteilichen Konflikt zwischen Kreisverband und Landes-CDU neue Nahrung gegeben haben. Als Koalitionspartner trägt die CDU in der Landesregierung die Fahrverbote mit.
Für den Bundestagsabgeordneten und Kreisvorsitzenden der CDU Stuttgart, Stefan Kaufmann, eine paradoxe Situation. „Wir sind in einer Partei, in der wir uns punktuell absetzen können vom Standpunkt der Landesregierung“, sagte Stefan Kaufmann. Gleichzeitig betonte er unter dem Applaus der Zuhörer, dass die CDU nicht von jeglicher Schuld freizusprechen sei. „Wir haben deutlich kritisiert, dass die CDU-Landtagsfraktion und die CDU-Landesminister den Grünen und ihrem Verkehrsminister Hermann nicht früher klar Grenzen aufgezeigt haben.“
In einem Schreiben hatte Kaufmann zuvor bereits betont, dass die Verantwortung für die Fahrverbote „in erster Linie die Grünen in Stadt und Land“ trügen. Kaufmann rief die Parteimitglieder und die Bevölkerung nun auf, sich aktiv an den Protesten gegen das Fahrverbot zu beteiligen, nachdem er nur wenige Wochen zuvor den Parteimitgliedern noch abgeraten hatte, an der Dieseldemo von Ioannis Sakkaros teilzunehmen.
FDP-Fraktionschef Rülke fuhr in seiner Rede einen Frontalangriff gegen die Deutsche Umwelthilfe (DUH): „Manche sagen, die Deutsche Umwelthilfe habe mehr mit der organisierten Kriminalität zu tun als mit dem Umweltschutz“, so Rülke. Der CDU bescheinigte er, „einen erheblichen Anteil daran zu haben, dass es in Stuttgart Fahrverbote gibt“. Gleichzeitig betonte er mit Blick auf die CDU in Stuttgart, offen zu sein für jeden, „der mit uns gegen die Landes-CDU protestieren will“. Der CDU-Fraktionschef im Stuttgarter Gemeinderat, Alexander Kotz, zeigte sich angesichts dessen froh, „in der Kommunal- und nicht in der Landespolitik zu sein“.
Nur kurz nach der Demo von CDU, FDP und Freien Wählern verstärkten die Fahrverbotsgegner rund um Initiator Ioannis Sakkaros bei der fünften Auflage der Dieseldemo am Neckartor den Druck auf die Landesregierung. Sakkaros begrüßte die vorangehende Aktion der Politiker auf dem Schlossplatz. Über die Entscheidung der Polizei, künftig keine Aussage mehr über die Zahl der Teilnehmer zu veröffentlichen, zeigte er sich weniger glücklich – noch am Freitag hatte er die Entscheidung positiv bewertet. Nach Angaben der Organisatoren nahmen rund 1000 Demonstranten an der fünften Dieseldemo teil. „Ich habe gegenüber der Landesregierung betont, dass wir es nicht akzeptieren werden, dass der Euro-5-Diesel auf Kosten des Euro-4-Diesels gerettet wird“, so Sakkaros. Er kündigte an, in zwei Wochen erneut mit Regierungsvertretern Gespräche zu führen.
Am Rande der Kundgebung riefen einige wenige Demonstranten unabhängig von der Dieseldemo auf dem benachbarten Dunantsteg zur Solidarität mit der französischen Gelbwesten-Bewegung auf.