Politologe: AfD will Kapital aus Corona-Protest schlagen
dpa/lsw Freiburg. Zwischen Gegnern der Corona-Politik und der AfD gibt es etliche Überschneidungen. Die Partei will das nach Meinung eines Experten nutzen und das Stimmenpotenzial der Kritiker der Corona-Politik ausschöpfen.
Die AfD versucht nach Überzeugung eines Experten, Kapital aus den Aktionen von Impfgegnern zu schlagen und sich als ihre Speerspitze zu etablieren. „Die Partei will über Elitenkritik Teile der Protestszene an sich binden“, sagte der Freiburger Politikwissenschaftler Michael Wehner der Deutschen Presse-Agentur. Die Unzufriedenheit der Menschen mit der Corona-Politik und die Kritik an vermeintlichen Übergriffen staatlicher Institutionen greife die AfD auf, um sich als Sprachrohr des Volkes darstellen und Wählerstimmen hinzugewinnen zu können. Die Partei wolle die Szene infiltrieren und sie in die gewünschte Richtung lenken.
Tausende Menschen haben an mehreren Orten im Südwesten am Wochenende gegen die Corona-Maßnahmen demonstriert. Am Samstag fand in Göppingen eine Kundgebung der AfD gegen eine Impfpflicht statt - unter anderem mit der Chefin der AfD-Bundestagsfraktion, Alice Weidel.
Die FPÖ in Österreich mache vor, den Protest der Straße ins Parlament zu tragen und politisch davon zu profitieren, sagte Wehner, der Außenstellenleiter der Landeszentrale für Politische Bildung ist. Die Herkunft der Impfgegner sei sehr heterogen. „Manche gehen von links kommend nach rechts und umgekehrt.“
So schlössen sich die Impfgegner im Osten der AfD an, im Westen eher linken Strömungen wie den „Querdenkern“. Als weitere Gruppe der Kritikerszene nannte er die vor allem in Baden-Württemberg lebenden Anthroposophen. „Wer Wissenschaft und Schulmedizin ablehnt und auf die Selbstheilungskräfte des Körpers vertraut, hat mit einer Impfpflicht ein großes Problem.“ Wehner betonte, während der Notlage einer Gesellschaft dürften nicht Einzelinteressen über Gemeinwohl, Respekt und Solidarität gestellt werden.
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