Mutmaßliche Messer-Attacke in Tübingen?
Polizei sieht sich nach Palmer-Post ungerecht behandelt
Was ist dran an einer Messer-Attacke in Tübingen? Und warum muss sich die Polizei jetzt wehren?
Von red/dpa/lsw
Die Polizei sieht sich nach etlichen Facebook-Posts von Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer ungerecht behandelt und an den Pranger gestellt. Im sozialen Netzwerk will Palmer seit ein paar Tagen eine mutmaßliche Messer-Attacke aufklären, die laut Polizei in Reutlingen, die für Tübingen zuständig ist, aber gar nicht stattgefunden hat.
„Durch die öffentlichen Posts könnte der Eindruck entstehen, dass hier bewusst etwas nicht berichtet worden sei. Dies trifft aber nicht zu“, sagte ein Polizeisprecher.
Was postet Palmer?
Mit dem Hashtag „Aufklärung nötig“ schreibt Palmer am 30. November: „Der Angriff in einem TüBus am 17. Oktober wird verschieden geschildert. Der Busfahrer und der mutige Mann, der den Afghanen auf dem Boden fixiert hatte, bis die Polizei eintraf, berichten mir übereinstimmend von einem Messer. Die Polizei berichtet hingegen, kein Beteiligter könne sich an ein Messer erinnern. Das ist ein Widerspruch, der aufgeklärt werden muss. Dass die Polizei von dem Vorgang nicht berichtet hat und der Angreifer nicht in Haft ist, erklärt sich aus der Annahme, dass es nur eine Schlägerei ohne Einsatz eines Messers war und kein Messer gefunden wurde.“
In einem anderen Post schreibt er: „Ich habe einen Bericht des Busfahrers und des mutigen Mannes mit Migrationshintergrund, der den Angreifer überwältigt hat, vorliegen.“ (....) „Ich halte es für wichtig, dass der Eindruck, hier werde etwas verheimlicht, widerlegt wird. Und ich will meine Dankbarkeit für die mutigen Männer ausdrücken, die Schlimmeres verhindert haben.“
Was ist an der Messer-Attacke dran?
Einen wie im Facebook-Post von Palmer genannten Messerangriff habe es in Tübingen in den vergangenen Wochen nicht gegeben, sagte ein Polizeisprecher. Fakt sei, dass es sich um einen Sachverhalt vom späten 17. Oktober handelt. „Zu diesem Zeitpunkt wurde der Polizei eine Auseinandersetzung in einem Bus gemeldet, bei der anfangs der Verdacht bestand, dass einer der Beteiligten ein Messer bei sich führen könnte.“
Nach derzeitigem Kenntnisstand soll dabei ein 25-Jähriger im Bus versucht haben, eine Frau zu schlagen. Nachdem der 25-Jährige der Frau nach dem Verlassen des Busses gefolgt war, wurde er von Zeugen überwältigt und bis zum Eintreffen der Polizei am Boden festgehalten. Offenbar dabei erlitt der Mann leichte Verletzungen, die später in einem Krankenhaus versorgt wurden. Weitere Personen wurden nicht verletzt.
Dem Tatverdächtigen, der beim Eintreffen der Polizeibeamten immer noch von den Zeugen am Boden festgehalten wurde, wurden Handschellen angelegt. Einen Angriff auf die Polizeibeamten - so wie es Palmer laut Zeugenaussagen schreibt - habe es nicht gegeben. „Weder bei dem 25-jährigen afghanischen Staatsangehörigen, noch im Umfeld konnte ein Messer aufgefunden werden. Von den unmittelbar Beteiligten war kein Messer gesehen worden.“
Anzeige wegen versuchter Körperverletzung
Der Mann sei auf freien Fuß gekommen und bei der Staatsanwaltschaft Tübingen sei eine Anzeige wegen versuchter Körperverletzung gemacht worden. „Die der Polizei bekanntgewordenen und vernommenen Zeugen haben übereinstimmend angegeben, kein Messer gesehen zu haben.“
Eine Pressemitteilung zu dem Fall gab es laut Polizei nicht. „Im Bereich der Straftaten berichten wir beispielsweise über herausragende Delikte mit schweren Folgen oder hohem Sachschaden, während die Masse der einfachen Delikte in der Regel unerwähnt bleiben muss.“ Jeden Tag würden im Durchschnitt zwischen 700 und 800 unterschiedlich gelagerte Einsätze verzeichnet. „Schon damit wird deutlich, dass unsere täglichen Pressemitteilungen nur einen Querschnitt aus den herausragenden Ereignissen wiedergeben können. Wir schöpfen dabei quasi die Spitze ab“, sagte der Polizeisprecher.