Baden-Württemberg
Pro Familia: Immer weniger Ärzte für Abtreibungen zur Verfügung
Pro Familia Baden-Württemberg spricht von Versorgungslücken in Hinblick auf Schwangerschaftsabbrüche und begrüßt den Gesetzesvorstoß im Bundestag.
Von Lea Krug
Pro Familia Baden-Württemberg kritisiert, dass im Land zu wenige Praxen und Kliniken gibt, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Die Organisation hofft, dass ein Gesetzvorstoß im Bundestag zur Entkriminalisierung des Abbruchs die Lage verbessern könnte. „Die Versorgungslage hat sich in den vergangenen Jahren verschärft. Vor allem der operative Eingriff wird nur von wenigen Ärztinnen und Ärzten in Baden-Württemberg vorgenommen“, erklärt Gudrun Christ, die Geschäftsführerin von Pro Familia. Für betroffene Frauen werde es stetig schwerer, eine Anlaufstelle zu finden.
Laut der kürzlich veröffentlichten ELSA-Studie liegen die 85 Landkreise, in denen es keine „angemessene Erreichbarkeit“ zum nächsten Angebot für einen Schwangerschaftsabbruch gibt, vor allem in Bayern, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. „Länger als 40 Minuten sollte die Anfahrt nicht dauern“, findet die Pro Familia Geschäftsführerin. Viele Frauen, die einen Abbruch vornehmen lassen, hätten schon Kinder. Es sei für sie eine große organisatorische Frage. Viele von ihnen müssten extra freinehmen, Angehörige um Hilfe bitten oder hätten im Zweifel auch kein eigenes Auto. „Es geht um die Zumutbarkeit“, drückt es Christ aus.
Besonders betroffene Regionen
Sie verweist auch auf eine Erhebung ihrer Organisation aus dem Jahr 2023, die ganz Ähnliches verdeutlicht. Besonders schlecht sei die Lage beispielsweise in den Landkreisen Ravensburg, Biberach und Rottweil. Betroffen sei aber beispielsweise auch Pforzheim, dort gebe es überhaupt keine Ärzte oder Kliniken mehr, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen
Grundsätzlich ist der Eingriff in Deutschland rechtswidrig und im Strafgesetzbuch verankert. Lediglich der Abbruch in den ersten zwölf Wochen ist straffrei, wenn vorher eine Beratung stattgefunden hat. Ohne Strafe bleibt er außerdem, wenn medizinische Gründe vorliegen. Umstritten ist der Paragraf seit Jahrzehnten.
Nun dürfte wieder Bewegung in die Debatte kommen. Am Donnerstag hatte eine Gruppe von Abgeordneten eine Initiative zum Schwangerschaftsabbruch im Parlament eingebracht. Der von Vertreterinnen von SPD und Grünen vorgestellte Gesetzentwurf sieht vor, dass der Abbruch bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche rechtmäßig sein soll. Die dreitägige Wartefrist zwischen Beratung und Abbruch soll dabei gestrichen werden. Vertreterinnen von CDU und CSU kritisierten das Vorhaben scharf. Unions Kanzlerkandidat Friedrich Merz erklärte, das Thema sei „geeignet, einen völlig unnötigen Großkonflikt in Deutschland auszulösen.“
Gudrun Christ von Pro Familia geht der Entwurf nicht weit genug, aber es sei das, was auch in weiten Teilen der Bevölkerung Unterstützung finde. Deshalb begrüße Pro Familia die überparteiliche Initiative trotzdem. Es sei in Hinblick auf die nächsten Jahre wohl die letzte Chance auf eine Neuregelung, so Christ.
Viele Frauen werden ungewollt schwanger
Im Leben der meisten Frauen spielte die Frage eine wichtige Rolle, betont die Pro Familia Geschäftsführerin. Eine Studie habe ergeben, dass jede dritte Schwangerschaft in Deutschland nicht beabsichtigt gewesen sei, jede sechste sogar ungewollt. „Wir setzen uns dafür ein, dass die Frauen selbst entscheiden können“, so Christ.
Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche von Frauen aus Baden-Württemberg stieg zuletzt an. Im Jahr 2023 wurden rund 11 400 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet, wie das Statistische Landesamt mitteilte. Das sind 7,6 Prozent mehr als noch im Vorjahr. Im Vergleich zu zwanzig Jahren vorher ist die Zahl jedoch rückläufig.