Prozess gegen „Querdenker“-Gründer Ballweg beginnt
Die Staatsanwaltschaft wirft der Symbolfigur der Coronaproteste Betrug in mehr als 9000 Fällen vor. Neun Monate saß Michael Ballweg in Untersuchungshaft.
Von Christine Bilger
Stuttgart - Michael Ballweg ist Anfang April 2023 aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Der Kanal „Freiheit für Michael Ballweg“ existiert aber in der Nachrichten-App Telegram immer noch. Um den Gründer der „Querdenken“-Bewegung geht es darin schon lange nicht mehr. Man findet Informationen zu Bitcoin- und Goldkursen, Tipps zur Vermeidung von Steuerzahlungen und für das beste Auswanderer-Konto oder Beiträge über Alice Weidel (AfD) als „Bundeskanzlerin der Herzen“.
Eingerichtet worden war der Kanal, als Ballweg im Sommer 2022 in Untersuchungshaft kam. Damals stand neben versuchtem Betrug auch noch der Vorwurf der Geldwäsche im Raum, die Untersuchungshaft wurde wegen Fluchtgefahr verhängt. Neun Monate saß er in Stammheim ein. Vielleicht kommt der Kanal von Mittwoch, 2. Oktober, an wieder auf sein Kernthema zurück, die Solidarität mit Michael Ballweg im Ermittlungsverfahren gegen ihn. Denn da beginnt das Verfahren am Stuttgarter Landgericht gegen Ballweg. Die 10. Große Wirtschaftskammer hat 33 Termine bis ins kommende Frühjahr angesetzt, um die Vorwürfe gegen den „Querdenken“-Gründer aufzuklären.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchten Betrug in mehr als 9000 Fällen und versuchte Steuerhinterziehung vor. Im Kern geht es darum, ob Ballweg Geld, das er von seinen Unterstützerinnen und Unterstützern eingeworben hatte, für die „Querdenken“-Bewegung einsetzte oder einen Teil für sich privat nahm.
Als Michael Ballweg in Untersuchungshaft saß, fanden sich regelmäßig mehrere Hundert Menschen vor den Gefängnismauern in Stammheim ein, die für ihn demonstrierten. Zurück in Freiheit organisierte er im Sommer dann eine große Demo in Berlin, passenderweise zum Thema Freiheit. Das Thema, mit dem er im Frühjahr 2020 die Bewegung startete, ist freilich verloren gegangen. Ballwegs Protest richtete sich damals gegen die Schutzmaßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie.