Vorfall in Nagold

Rassistisches Gegröle am 1. Mai: Verfahren eingestellt

Gigi D’Agostinos „L’amour toujours“ wurde nicht nur auf Sylt für rassistische Gesänge abgewandelt. Auch in Baden-Württemberg gab es Fälle wie vor einem Jahr in Nagold. Was daraus geworden ist.

Rassistisches Gegröle am 1. Mai vergangenes Jahr im Bereich Calw und Nagold bleiben ungeahndet. (Symbolbild)

© dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

Rassistisches Gegröle am 1. Mai vergangenes Jahr im Bereich Calw und Nagold bleiben ungeahndet. (Symbolbild)

Von red/dpa/lsw

Rassistische Gesänge während einer Maiwagenfahrt im Bereich Calw und Nagold im vergangenen Jahr bleiben ungeahndet. Die Voraussetzungen für eine Anklage wegen Volksverhetzung reichten nicht, teilte die Staatsanwaltschaft Tübingen mit. Daher habe die Behörde das Ermittlungsverfahren gegen sieben Männer und eine Frau eingestellt.

Im sozialen Netzwerk Facebook war ein Video geteilt worden, auf dem Teilnehmer einer größeren Gruppe während der alljährlichen Maiwagen-Tour in der Region rassistische Sprüche skandierten. Zum Lied „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino grölten einige „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“. Unter anderem die Organisatoren des Umzugs verurteilten den Vorfall. 

Abwägungssache

Das Geschehen sei zwar „offensichtlich ausländerfeindlich“, erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft. Der Ausspruch stelle aber zunächst einmal eine Meinungsäußerung dar und unterliege dem grundrechtlichen Schutz der Meinungsfreiheit, „so verletzend er für Betroffene auch sein mag“.

Zwar können Meinungen nach Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts den verfassungsrechtlichen Schutz verlieren. Es lägen aber im konkreten keine Umstände hierfür vor, erläuterte der Sprecher. Dass das Gegröle am Nagolder Busbahnhof in Gegenwart von Ausländern beziehungsweise Menschen mit Migrationshintergrund stattfand, reiche hierfür nicht aus. 

„Über keinen der Beschuldigten liegen polizeiliche Erkenntnisse im Zusammenhang mit ausländerfeindlichen oder rassistischen Vorfällen oder gar eine Zugehörigkeit bzw. Nähe zur rechten Szene vor“, hieß es weiter. Auch habe das Gegröle nicht im Zusammenhang mit einem politischen Aufmarsch oder unter Verwendung verbotener oder anderweitig dem rechtsextremen oder rechtsradikalen Spektrum zuzuordnenden Symbolen und Gesten stattgefunden.

Im Ergebnis haben die Ermittlungen den Angaben zufolge keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Äußerung „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ im vorliegenden Fall ein „böswilliges Verächtlichmachen“ im Sinne des Strafgesetzbuches zugeschrieben werden könne - „auch wenn die Äußerung evident zu missbilligen und moralisch verwerflich ist“.

Ähnliche Entscheidung zu Sylt

Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch die Staatsanwaltschaft in Flensburg, die wegen eines Vorfalls in einer Bar auf Sylt ermittelt hatte. Dieser hatte durch ein damals viral gegangenes Video große Empörung ausgelöst. Vor kurzem teilte die Behörde mit, die Verfahren überwiegend eingestellt zu haben.

Nur ein 26-Jähriger solle wegen eines „winkenden Grußes“ mit ausgestrecktem Arm und der Andeutung eines „Hitlerbärtchens“ mit einem Strafbefehl verwarnt werden, hieß es. Die Gesten sind ebenfalls in dem Video zu sehen. 

Die Staatsanwaltschaft sieht der Mitteilung zufolge den Straftatbestand des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erfüllt. Unter anderem solle der Mann einer gemeinnützigen Einrichtung 2.500 Euro zahlen.

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Erstellt:
30. April 2025, 07:26 Uhr

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