Boden des Jahres 2025
Rendzina: Dünn und steinig, aber fruchtbar
Über den Boden, die oberste Schicht der Erdkruste, die zusammen mit Wasser die wichtigste Grundlage für unsere Ernährung und die Landökosysteme bildet, wissen wir oft sehr wenig. Zur Förderung des Wissens über Böden dient die Aktion „Boden des Jahres“, die seit 2004 besteht. Boden des Jahres 2025 ist die Rendzina.
Von Markus Brauer
Er ist unter uns, unter den Feldern, die uns Nahrung schenken, unter dem Gras, auf dem wir laufen, unter den Bäumen, die unsere Atemluft filtern. Er scheint unerschöpflich und seit Urzeiten vorhanden. Die Rede ist vom Boden.
Boden des Jahres
Die unentbehrlichen Leistungen, die der Boden – die dünne oberste Haut der Erdkruste – für die Menschheit und das Leben auf der Erde erbringt, sind häufig viel zu wenig bekannt. Deshalb setzen sich die bodenkundlichen Fachverbände und andere Institutionen weltweit für mehr Bodenwissen ein. In Deutschland, Österreich und der Schweiz tun sie dies unter anderem dadurch, dass seit 2005 alljährlich ein „Boden des Jahres“ proklamiert wird.
Bedeutung des Bodens
Im Boden wirken Gestein, Wasser, Luft und Leben (in Form von Pflanzen und Tieren) zusammen, um die fruchtbare oberste Erdschicht zu schaffen. Sie bildet die wesentliche Grundlage für unsere Ernährung aber auch die Erzeugung von Energierohstoffen wie etwa Holz. Ein gesunder Boden filtert aber auch Wasser und trägt bei Starkregen zum natürlichen Rückhalt von Hochwasser bei.
Auch die Biodiversität in Form von prächtigen Blütenpflanzen, Bäumen und Sträuchern hängt vom Untergrund ab. In Abhängigkeit vom Ausgangsgestein, vom Klima (vor allem von Temperaturen und Niederschlägen), von der Position im Gelände und von der Vegetation entstehen ganz verschiedene Typen von Böden, mit unterschiedlicher Zusammensetzung und unterschiedlicher Schichtung, welche die Bodenwissenschaftler und -wissenschaftlerinnen analysieren und nach bestimmten Kriterien systematisch gliedern.
Rendzina: Boden des Jahres 2025
Für das Jahr 2025 ist die Rendzina zum „Boden des Jahres“ gekürt worden. Die Rendzina entsteht auf Kalk-, Dolomit- oder Gipsgesteinen und zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass unter dem dunklen humusreichen Oberboden direkt der Gesteinsuntergrund ansteht.
Mit ihrem hohen Karbonatgehalt bieten die Rendzinen hervorragende Bedingungen für Bodenlebewesen. Pflanzenstreu wird von den Bodenorganismen daher schnell zu organischer Bodensubstanz umgewandelt und intensiv in den Boden eingearbeitet, z. B. durch Regenwürmer. Das hat eine beträchtliche Humusanreicherung des Bodens zur Folge.
Die hohe biologische Aktivität fördert ihrerseits die Auflockerung des Bodens und verbessert die Bodenstruktur. Dies begünstigt wiederum die Wasseraufnahme, den Luftaustausch sowie die Speicherung von Nährstoffen und Reinigung des Sickerwassers.
Dennoch sind Rendzinen für den Ackerbau oft weniger geeignet, da der Boden aufgrund seiner fehlenden Tiefgründigkeit nur oberflächlich bearbeitet werden kann und beim Pflügen immer wieder größere Gesteinsbrocken an die Oberfläche gebracht werden.
Alpen, Fränkische und Schwäbische Alb
Das Wasser kann durch das kluftreiche und lösliche Gestein in der Regel schnell versickern, sodass sich auf der Rendzina häufig ein Trockenrasen mit zahlreichen seltenen Blütenpflanzen entwickelt. Ansonsten bedeckt oft Wald solche Standorte, häufig auch in Form von stattlichen alten Buchenbeständen.
Rendzinen kommen in Deutschland in den Hoch- und Mittelgebirgsbereichen mit Kalk, Dolomit oder Gips als anstehendem Gestein vor, also in den Alpen, auf den Jurakalkflächen der Fränkischen und Schwäbischen Alb oder in den Muschelkalkgebieten, etwa in Thüringen. Aber auch ganz im Norden gibt es Rendzinen: auf den Kalken aus der Kreidezeit.
Dieser Umstand gab den Anlass dafür, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern die Schirmherrschaft über den Boden des Jahres 2025. Die Kreidefelsen von Rügen – im jetzt zu Ende gehenden Caspar-David-Friedrich-Jahr vielfach wiedergegeben – erhielten dabei ihre naturwissenschaftliche Würdigung.
Geologie und Bodenkunde Baden-Württembergs
Mit einer Fläche von 33 751 Quadratkilometern umfasst Baden-Württemberg knapp ein Zehntel der Fläche Deutschlands (357 168 Quadratkilometer). Davon sind 14 Prozent Siedlungs- und Verkehrsfläche; 46 Prozent werden landwirtschaftlich genutzt; 38 Prozent sind Wald- und Forstflächen; ein Prozent ist von Wasser bedeckt.
Geologie des Südwestens
Geologisch lässt sich Baden-Württemberg in fünf große Regionen unterteilen:
- Oberrheinische Tiefebene: Ein mit Sedimenten gefüllter Grabenbruch. Dazu gehört auch die Vorbergzone – die Hügellandschaft vor den Randgebirgen der Oberrheinischen Tiefebene wie dem Schwarzwald. In der Tiefebene finden sich Salzlagerstätten, Heilquellen und erloschene Vulkane wie der Kaiserstuhl.
- Schwarzwald und Odenwald: Diese Randgebirge bestehen aus Granit, Gneis und Buntsandstein, führen viel Wasser und sind recht tief eingeschnitten. Im Hochschwarzwald verläuft die Europäische Hauptwasserscheide zwischen Rhein und Donau. Der Feldberg ist mit 1493 Metern der höchste Berg in den deutschen Mittelgebirgen.
- Südwestdeutsches Schichtstufenland: Es besteht aus einer weiten, hügeligen Terrassenlandschaft, die durch Gesteinsstufen voneinander abgegrenzt ist. Hierzu gehören die Neckar- und Tauber-Gäuplatten (Baar, Oberes Gäu, Stromberg, Kraichgau, Hohenloher Ebene), das Keuperbergland (Kleiner Heuberg, Rammert, Schönbuch, Glemswald, Strom- und Heuchelberg, Schurwald, Schwäbisch-Fränkische Waldberge) und das Albvorland.
- Schwäbische Alb: Die Alb ist ein in sich geschlossenes Mittelgebirge. Als gewässerarmes Karstgebiet ist sie von Karstformen wie Dolinen (trichter- oder schüsselförmige Senken) und vulkanischen Formen durchzogen. Am östlichen Rand liegt der Meteoritenkrater von Nördlingen, das sogenannte Nördlinger Ries). Über die Schwäbische Alb verläuft die europäische Wasserscheide.
- Alpenvorland: Hierzu gehören Oberschwaben und das württembergische Allgäu, ein flachwelliges Hügelland, in dem der Bodensee und vulkanische Erhebungen liegen. Die Landschaft ist geprägt von Moränen – großen Schuttablagerungen, die die von Gletschern bei ihrer Bewegung mitbewegt oder aufgehäuft wurden –, Seen und Mooren.
Bodenkunde des Südwestens
In Baden-Württemberg überwiegen verschiedene Braunerde-Typen, während Schwarzerde-Böden weniger häufig vorkommen. Braunerde entsteht durch Verbraunung und Verlehmung des Bodens. Ausgangsmaterialen sind vor allem Schluffe (Feinböden aus Sand, Ton oder Lehm sowie Ablagerungsgestein) und Kalkstein.
- Parabraunerde: Dieser Bodentyp besteht aus Lösslehm. Bei Löß handelt es sich um feines Bodenmaterial, das in den Wärmeperioden der Eiszeit durch Erosion über weite Strecken transportiert und an anderer Stelle abgelagert wurde. Lösslehm ist für den Ackerbau bestens geeignet. Die Parabraunerden der Filder-Hochfläche zählen deshalb auch zu den fruchtbarsten Böden Deutschlands.
- Pelosol-Braunerde: Diese Erde ist tonig, steinarm, mittel- bis tiefgründig und reich an Nährstoffen. Sie kommt in Tonsteinlandschaften vor und ist im Südwesten weit verbreitet – etwa in der Region um Stuttgart. Dieser Bodentyp besteht vorwiegend aus Tongestein und Mergel, einem Sedimentgestein, das sich je etwa zur Hälfte aus Ton und Kalk zusammensetzt.
- Rendzina: Diese Böden finden sich in den Gäulandschaften und der Schwäbischen Alb. Redzina bezeichnet in der Bodenkunde und Geologie einen flachgründigen Boden, der sich auf karbonat- oder gipsreichen Gesteinen bildet. Der Name stammt aus dem Polnischen und meint das kratzende Geräusch, das ein Pflug verursacht, wenn er über Steine gezogen wird. Dieses Kalk-, Mergel- und Dolomitgestein ist typisch für Karst und viele Gebirge. Er kann sich bei günstigen Bedingungen zu Schwarz- oder Braunerde weiterentwickeln.
- Podsolige Braunerde: Braunerde aus magmatischen und metamorphen Gestein, das infolge einer Erhöhung des Umgebungsdruckes tief in der Erdkruste entsteht, ist typisch für die Hochlagen des Schwarzwalds. Im nördlichen Schwarzwald findet sich podsolige Braunerde, ein saurer, an Nährstoffen armer Bodentyp aus sandigem und lehmig-sandigem Hangschutt mit vielen Steinen. Podsol ist der typische Boden von Nadelwäldern und auf der nördlichen Hemisphäre einer der am weitesten verbreiteten Bodentypen. Das geringe Nährstoffangebot bietet für Nadelbaumarten wie Kiefern, Fichten und Lärchen günstige Lebensbedingungen. Podsol ist im Süd- und Nordschwarzwald genauso wie in der Lüneburger Heide zu finden.
- Tschernosem-Parabraunerde: Die Tschernosem-Parabraunerde ist ein Lehmboden, welcher der Schwarzerde ähnelt. Schwarzerde (auch Tschernosem genannt) ist ein Bodentyp, der sich auf kalkreichen Lockergestein wie Löss bildet und sehr fruchtbar ist. Auffallend ist die schwarz-braune Färbung, die von Humus, also organischem Material und der Zersetzung durch Bodenlebewesen herrührt. In den Lösslandschaften Baden-Württembergs (Kaiserstuhl, Nordschwarzwald, Gäulandschaften, Schmidener Feld) findet sich häufig Tschernosem-Parabraunerde aus Löss und Lösslehm. Aufgrund der hohen Speicherfähigkeit für Nährstoffe und Wasser kann sie bei entsprechender Düngung zu fruchtbarem Ackerboden werden.
- Auenböden: In den Auen und Niederterrassen an Rhein, Donau und ihren Nebenflüssen finden sich sehr unterschiedliche Bodentypen wie Kiesboden, Sandboden, lehmig-toniger Boden, sandig-schluffiger sowie kalkreicher-grauer Auenboden.
Humus des Lebens
Ohne den Humus des Lebens würde keine Pflanzen gedeihen, würden weder Tier noch Mensch Nahrung finden, wäre kein Leben möglich. Von fruchtbaren Ackerböden hängt die Erzeugung von Nahrungs- und Futtermitteln ab. Ohne Waldböden könnte kein Baum gedeihen. Fast die gesamte Vegetation benötigt den Boden für die Versorgung mit Wasser, Nährstoffen und zum Wachsen.
Die Böden filtern das Regenwasser, regulieren das Klima und sind Garant der Biodiversität - der Artenvielfalt. Nach den Ozeanen und noch vor den Wäldern ist die dünne Haut des Planeten ihr größter Kohlenstoffspeicher. Böden speichern rund 1500 Milliarden Tonnen Kohlenstoff – die doppelte Menge, die als Kohlendioxid in der Erdatmosphäre vorhanden ist.