Reportage: Unterwegs als Lebensmittelkontrolleurin in Murrhardt und Auenwald

Um die Gesundheit der Verbraucher zu schützen, schauen im Rems-Murr-Kreis regelmäßig Lebensmittelkontrolleure bei den Betrieben vorbei. Gestern hat Angelika Kliemank von der Lebensmittelüberwachung zwei Speiseeishersteller besucht.

Angelika Kliemank weist den Speiseeishersteller Luca Schiffo auf die korrekte Verwendung von Desinfektionsmittel hin. Foto: Stefan Bossow

© Stefan Bossow

Angelika Kliemank weist den Speiseeishersteller Luca Schiffo auf die korrekte Verwendung von Desinfektionsmittel hin. Foto: Stefan Bossow

Von Anja La Roche

Murrhardt/Auenwald. Meistens ist Lebensmittelkontrolleurin Angelika Kliemank ein Überraschungsgast. So auch heute: Unangekündigt kommt sie beim Eiscafé Belluno in Murrhardt an, in der linken Hand eine Kühlbox, in der rechten einen Koffer. Der Besitzer des Ladens, Luca Schiffo, hat heute eigentlich Ruhetag, ist zufälligerweise aber da, um nach den Kühlschränken zu schauen. Die haben in der Sommerhitze nämlich schwer zu kämpfen. Angelika Kliemank muss er gewähren lassen, sonst würde er ein Bußgeld erhalten. Die Presse aber müsste er nicht reinlassen, doch für den Speiseeishersteller ist das in Ordnung. „Ich habe nichts zu verbergen“, sagt er.

Angelika Kliemank zieht einen sterilen Kittel an und begibt sich, mit einem Klemmbrett bewaffnet, in die Küche des Eiscafés. Genauestens betrachtet sie dort die Geräte, spickt in die Kühlschränke und schaut sich die gelagerten Nahrungsmittel an. Währenddessen steht Luca Schiffo ihr Rede und Antwort. „Wie oft produziert ihr hier Speiseeis?“, fragt sie. „Fast jeden Tag. Aber heute ist Ruhetag“, antwortet er. Kliemank dokumentiert einen frischen Wasserschaden an der Decke. „Das muss gemacht werden, da kommt auf jeden Fall noch mal jemand zur Nachkontrolle“, sagt sie.

Inspiziert werden auch der Mixer, die Eismaschinen, das Waschbecken – alles in Ordnung, nur das Handwaschbecken ist zurzeit nicht ganz dicht und muss repariert werden. Kliemank weist den Inhaber zudem darauf hin, die Flächen und Utensilien stets trocken zu halten, den Bodenwischer mal auszutauschen und drauf zu achten, dass sich der Kunststoff an den Teigschabern nicht ablöst – sonst könnte es passieren, dass Plastik im Eis landet.

Kritisch sieht sie, dass in einer Schublade Dokumente und Küchenutensilien nebeneinander aufbewahrt werden, auch wenn der Eisproduzent Letztere derzeit gar nicht zur Produktion verwendet. „Die Grundhygiene stimmt, das sind nur Kleinigkeiten“, betont die Kontrolleurin.

Besuch in Heimen und Supermärkten

Angestellt ist Angelika Kliemank bei der Kreisverwaltung. Der Fachbereich Lebensmittelüberwachung kontrolliert die zirka 6500 Lebensmittelbetriebe, und zwar vom Erzeuger bis hin zum Endverbraucher. Die Kontrolleurin besucht also beispielsweise auch Pflegeheime und Supermärkte. Planmäßig schaut sie zirka ein- bis zweimal im Jahr bei einem Betrieb vorbei. Liegen Beschwerden vor oder hat sie in der Vergangenheit bereits etwas beanstanden müssen, weitet sie die Kontrollen aus.

Ende 2020 hat Angelika Kliemank die zweijährige Ausbildung zur Lebensmittelkontrolleurin abgeschlossen. „Es ist schon ein ziemlicher Weg dahin“, sagt sie. Denn um die Ausbildung zu beginnen, ist eine Abschluss als Techniker oder Meister in einem Lebensmittelberuf vorausgesetzt. Sie selbst ist gelernte Bäckereifachverkäuferin.

Sie misst die Temperatur in den Kühlschränken und betrachtet die Lebensmittel

Kliemank schaut sich weiter um im Lager und im Produktionsbereich des Eiscafés, misst die Temperatur in den Kühlschränken und betrachtet die Lebensmittel. Eine ungeöffnete vegane Streichcreme ist abgelaufen. „Wir versuchen, immer mehr vegan anzubieten, aber das wird kaum angenommen“, bedauert Luca Schiffo. Ein Becher mit Schmand ist wenige Tage über dem Mindesthaltbarkeitsdatum. „Das dürfen sie noch verwenden“, erklärt Kliemank, „aber dann tragen sie die Verantwortung.“ Etwas geschockt reagiert sie dann bei zwei Stück verdorbenem Parmaschinken, die Luca Schiffo nach eigener Aussage für seinen Hund aufbewahrt hatte. Die Expertin ermahnt ihn mit milder Strenge, Lebensmittel, die er privat noch verwenden möchte, woanders aufzubewahren und Verdorbenes rechtzeitig zu entsorgen.

Auch dass ein Mitarbeiter, auch wenn er ganz neu ist, noch keine Infektionsschutzbelehrung hat, beanstandet sie und fordert Schiffo auf, die Bescheinigung nachzureichen. Etwas zu warm ist zudem die Auslage, in welcher sich unter anderem Tiramisu befindet. „Es ist eine Herausforderung, bei der Hitze zu arbeiten“, sagt Luca Schiffo. Hervorragend ist hingegen die Temperatur in der Eisauslage – sogar kühler als bei vielen anderen Eisverkäufern. „Die meisten sagen, es geht nichts unter zwölf Grad Celsius, weil sie sonst keine richtigen Kugeln formen können“, erzählt Kliemank.

Schließlich entnimmt sie Proben. Jeweils zwei Eiskugeln der Sorten Zitrone, Joghurt und Banane füllt sie in die sterilen Boxen, außerdem entnimmt sie etwas Sahne. Die Proben kommen sogleich in die Kühlbox, im Auto dann in eine andere, minus 22 Grad Celsius kalte Box. Später werden sie nach Fellbach in ein Labor gebracht und auf Keime und Rückstände von Desinfektionsmitteln untersucht (siehe Infotext).

Jeder Betreiber hat das Recht, Gegenproben zu entnehmen und auf eigenen Kosten in einem Labor testen zu lassen. Luca Schiffo besteht auf dieses Recht. „Ich vertraue eurer Arbeit, aber bei der Hitze können die Produkte so schnell kaputtgehen.“

Kontrolle beim Heslachhof

Nächster Stopp ist in Auenwald, genauer beim Heslachhof im Ortsteil Oberbrüden. Im ländlichen Raum sei es oft Glück, dass die Leute auch vor Ort sind, wenn sie zur Kontrolle vorbeikomme, erzählt Angelika Kliemank. Damit die Hofbesitzerin Anna Sommer auch wirklich da ist, hat Kliemank am Vortag angerufen und einen Termin vereinbart. Auch sie hat kein Problem mit dem Pressebesuch. „Ich finde es gut, wenn die Leute wissen, dass auch wir Direktvermarkter kontrolliert werden“, sagt sie. „Viele denken, das passiert nur bei den Eisdielen.“

Zunächst schaut sich Angelika Kliemank in der kleinen Verkaufshütte um, die aber am heutigen Tag leer steht, „alles leer, alles sauber“, sagt sie. An den Eisautomaten überprüft sie die Temperatur. Die melden laut Anna Sommer an ihr Handy, falls die Temperatur zu hoch ist.

Dann schaut sie sich im Produktionsraum und Lager um, wo im Sommer ein bis zweimal die Woche Eis und etwa einmal im Monat Joghurt hergestellt wird. Die Expertin erklärt, dass auch die Aushilfe von Anna Sommer eine Infektionsschutzbelehrung benötigt, denn ob diese vorliegt, weiß die Inhaberin nicht genau. Sie beanstandet auch, dass das Desinfektionsmittel seit November abgelaufen ist. Dafür lobt Kliemank, dass der Fliegengrill gut positioniert ist, weil er nah am Boden steht. Sie überprüft die Unterlagen, die die Herstellung dokumentieren und packt drei der verkaufsbereiten Eisbecher in die Kühlbox. Auf eine Gegenprobe verzichtet Sommer. „Wenn Sie nichts mehr von uns hören, ist alles in Ordnung.“ Mit diesen Worten verabschiedet sich Kliemank schließlich mit der Kühlbox und dem Koffer wieder in Richtung Auto.

Vier staatliche Labore im Land

Labore Die von den Mitarbeitern der Kreisverwaltung entnommenen Proben werden in staatlichen Laboren untersucht. In Baden-Württemberg befinden sich vier Chemische- und Veterinäruntersuchungsämter, die unterschiedlich spezialisiert sind.

Alarm Birgt ein Produkt Gesundheitsrisiken, wird es aus dem Verkehr geholt. Falls erforderlich folgt eine EU-weite Schnellwarnung.

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Erstellt:
13. Juli 2023, 06:00 Uhr

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