Antike Weinkultur in Rheinland-Pfalz

Römische Kelter-Anlage wird wohl unter der Erde bleiben

Ein besonderer archäologischer Fund im Landkreis Bad Kreuznach bleibt bis auf weiteres unsichtbar im Boden. Dafür gibt es gute Gründe. Aber es gibt auch Initiativen, die den Fund freilegen wollen.

Die Verlegung der römischen Kelteranlage zur Klosterruine Disibodenberg wäre nach den Worten des Ortsbürgermeisters von Odernheim am Glan zu teuer.

© dpa/Fredrik von Erichsen

Die Verlegung der römischen Kelteranlage zur Klosterruine Disibodenberg wäre nach den Worten des Ortsbürgermeisters von Odernheim am Glan zu teuer.

Von Markus Brauer/dpa

Von einem „Sensationsfund“ spricht der Mainzer Historiker Michael Matheus, wenn er über die im vergangenen Sommer identifizierte römische Kelteranlage im Landkreis Bad Kreuznach redet. Die Generaldirektion Kulturelles Erbe freut sich über „einen tollen regionalen Fund“, noch dazu den ersten dieser Art in der Weinregion Nahe-Rheinhessen.

Entdeckt, aber für immer verschwunden?

Doch Besucher werden die römische Kelter-Anlage wohl nicht zu Gesicht bekommen, denn sie ist an ihrem Fundort in Odernheim am Glan unter einem Tonnen schweren Erdhaufen verschwunden. Darüber soll ein Einfamilienhaus gebaut werden. Historiker Matheus, der unterstützt von namhaften Archäologen Belege zu dem Römerfund geliefert hat und Ehrenvorsitzender des Instituts für geschichtliche Landeskunde ist, bedauert das außerordentlich.

Das Kulturdenkmal sei von herausragender Bedeutung, sagt er. Aus seiner Sicht sollte es freigelegt, konserviert, restauriert und der Öffentlichkeit und damit dem Tourismus zugänglich gemacht werden. Derzeit macht sich der Historiker für die Idee stark, die Kelter-Anlage in das rund sieben Kilometer entfernte rheinland-pfälzische Freilichtmuseum in Bad Sobernheim zu verlagern.

Bürgermeister: Präsentation scheitert am Geld

Zuvor sei die Klosterruine Disibodenberg im Gespräch gewesen, berichtet der Ortsbürgermeister von Odernheim am Glan, Achim Schick. Dort war einst Hildegard von Bingen Leiterin der Frauenklause.

„Schade für so einen Fund, es scheitert am Geld“, erklärt der CDU-Politiker der rund 1700 Einwohner großen Gemeinde. „Professor Matheus hat an alle Türen geklopft.“ Die Umsiedlung des Fundes würde nach Darstellung des Kommunalpolitikers allein schätzungsweise 200.000 bis 300.000 Euro kosten.

Der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Nahe-Glan, Uwe Engelmann, unterstützt die Idee mit dem Freilichtmuseum, in dem es auch um die Geschichte des Weinbaus geht und in dem es einen Weinberg gibt. „Die Finanzen kriegen wir irgendwie hin“, äußert sich der SPD-Politiker zuversichtlich.

Könnte man die Kelter-Anlage im Freilichtmuseum aufbauen?

Es laufe jetzt ein Antrag bei der Denkmalbehörde des Kreises Bad Kreuznach, die sich eng mit der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) abstimmen werde, sagt Engelmann. Zugleich wolle der Eigentümer endlich bauen, er warte schon seit Sommer 2024 darauf, loslegen zu können.

„Aus archäologischer Sicht würde man oft gerne mehr machen“, betont GDKE-Generaldirektorin Heike Otto. Dies sei aber längst nicht immer sinnvoll und machbar. „Das Konservieren der Denkmäler, die wir in Rheinland-Pfalz haben, ist schon eine sehr große Herausforderung.“

Dazu gehören aus der Römerzeit so bedeutende Bauten wie das Porta Nigra in Trier oder das Römische Theater in Mainz. Für dessen Schutz und Teilnutzung wird gerade an einem Konzept gearbeitet.

Eine fast 2000 Jahre alte Kelter-Anlage aus der Römerzeit könne bereits in Ungestein bei Bad Dürkheim besichtigt werden, berichtet der ständige Vertreter des Landesarchäologen, Ulrich Himmelmann. Ungestein liege zwar nicht in Rheinhessen, aber in der Pfalz - dem zweitgrößten Weinbaugebiet der Republik.

Voraussetzungen für „archäologischen Park“ fehlen

Für einen „archäologischen Park“ fehlten beim Fund der Weinkelter am Zusammenfluss von Nahe und Glan jedenfalls die Voraussetzungen, unterstreichen Himmelmann und Otto. Zunächst müsste der Grundstückseigentümer einverstanden sein.

Dann müsste der archäologische Fund richtig ausgegraben, dokumentiert und gesichert sowie ein Schutzbau darüber errichtet werden. „Es bräuchte auch ein Konzept, die Finanzen und einen Förderverein, der sich dann darum kümmert“, erläutert Otto.

„Es ist niemand da, der sagt, ich nehme die Zügel in die Hand“, stellt Schick fest. „Die Gemeinde hat kein Geld und kann das gar nicht machen.“ Und selbst wenn der Grundstückseigentümer einverstanden wäre, müsste er auch noch ausbezahlt werden. Die Lage des Fundes am Beginn eines Neubaugebiets sei für touristischen Verkehr zudem ungünstig. Also doch eine Umsiedlung ins Freilichtmuseum?

Denkmal muss aber erhalten werden

Sicher ist: „Das Denkmal ist zu erhalten“, stellt Himmelmann für die Fachbehörde GDKE fest. „Wir haben eine Lösung mit dem Grundstückseigentümer gefunden.“

„Es wird eine Schicht tragfähiges Material über das Denkmal aufgetragen, so dick, dass die Leitungen unter dieser Schicht sind und nicht im Denkmal.“ Der Fund sei bereits im vergangenen Herbst mit 300 Tonnen Erde überschüttet worden, damit er geschützt bleibe, sagt Ortsbürgermeister Schlick.

Im Boden ist es geschützt

Der Schutz ist für die Archäologen entscheidend. „Ich freue mich über jedes Denkmal, das im Boden ist – geschützt für künftige Generationen“, erklärt Otto. Denn alle 50 bis 70 Jahre gebe es neue Erkenntnisse, die dann auch Wiederaufgebautes infrage stellten.

Beim legendären Heinrich Schliemann beispielsweise werde heute bedauert, „dass alles weg gegraben wurde“. Daher müsse man sich immer fragen, ob das Freilegen eines Denkmals nötig sei, denn dadurch werde es zunächst zerstört und nur eine Kopie wieder aufgebaut.

Und trotz der Bedeutung des Fundes: „Der Weinbau gehört sehr flächendeckend mit zur Kultur der Römer“, so Himmelmann. „Es war nur eine Frage der Zeit, bis man einen Nachweis in Rheinhessen findet.“

Matheus hebt Bedeutung des Fundes für Tourismus hervor

Der Fachmann für Wein-Geschichte Matheus sieht das anders. Seit den 1970er Jahren gebe es direkte archäologische Hinweise auf eine Weinerzeugung im Moseltal, in der Pfalz seien sie rund zehn Jahre später gefunden worden. Für die Anbaugebiete Mittelrhein und Rheinhessen hätten bisher sichere Zeugnisse für die römerzeitliche Weinproduktion gefehlt.

Der Nachweis der aufwendigen und kostspieligen römischen Kelteranlage mit drei Becken könne nun als definitiver Beleg für die Produktion von Qualitätsweinen in römischer Zeit gelten. Der Historiker spricht von einem „seltenen Kulturdenkmal“, das eigentlich ein Magnet für den Tourismus vor den Toren der Great Wine Capital Mainz sei.

CDU-Politiker Schick findet: „Unabhängig von der Partei: Das Land müsste das machen.“ Aber eine Tafel, die auf den unsichtbaren Fund in Odernheim hinweist, die sei sicherlich auch von der Gemeinde zu finanzieren.

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Erstellt:
13. April 2025, 16:18 Uhr

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