Rückfall beim Konsum von Kinderpornografie
70-Jähriger wegen des Besitzes kinder- und jugendpornografischer Inhalte zu einem Jahr und sechs Monaten Gefängnis verurteilt.

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Der Angeklagte räumte vor dem Backnanger Amtsgericht die Vorwürfe gegen ihn ein. Symbolfoto: O. Akdeniz/Stock-Adobe
Von Jutta Rieger-Ehrmann
Backnang. Dem 70-jährigen Angeklagten wird in der Verhandlung am Amtsgericht Backnang der Konsum und Besitz, also das Abspeichern, von umfangreichem kinder- und jugendpornografischen Material zur Last gelegt. Auf den Bildern ist der sexuelle Missbrauch von Kindern und Jugendlichen im Alter von 6 bis 16 Jahren zu sehen. Der Beschuldigte räumt die Vorwürfe ein und möchte Angaben zur Person machen. Durch das „Eingesperrtsein“ in der Coronazeit habe er noch mehr Zeit im Internet und den entsprechenden Chats verbracht. Es sei ihm klar, dass es ein Fehler war, und es tue ihm leid. Er ist seit einigen Jahren Witwer, lebt allein und hat zwei erwachsene Kinder sowie einen Enkelsohn. Kontakt hat er vor allem zum Sohn. Der Richter möchte wissen, seit wann er von dieser Neigung wisse und ob er selbst auch Missbrauch erlebt habe. Letzteres verneint der Beschuldigte. Auf die erste Frage antwortet er, dass er vor einigen Jahren durch Medienberichte neugierig geworden sei und sich dann im Internet und in Chats informiert und ausgetauscht habe.
Inzwischen sei er in Heilbronn in Behandlung. „Hilft Ihnen die Therapie?“, so der Richter weiter. „Ja, sie hilft mir, offener und bewusster zu werden. Lange habe ich die Neigung verdrängt und es als nicht so schlimm angesehen“, erklärt der Angeklagte. Außerdem werden ihm Wege aufgezeigt, wie er der Versuchung widerstehen könne, zum Beispiel durch mehr Aktivitäten, was aber wegen Corona nicht möglich gewesen sei. Dadurch wurde der Rückfall begünstigt. Bereits im Jahr 2020 war der heute 70-Jährige wegen desselben Delikts zu zehn Monaten mit einer Bewährungszeit von drei Jahren verurteilt worden. Auch hier wurde bei einer Hausdurchsuchung umfangreiches Bildmaterial sichergestellt.
Verhalten nach vorheriger
Verurteilung nicht verändert
Zu seinen persönlichen Verhältnissen sagt der Angeklagte Folgendes aus: Nach seinem Hauptschulabschluss sowie einer Ausbildung zum Kfz-Mechaniker hat er als Monteur im Außendienst und lange Jahre in einigen großen Firmen als Vorarbeiter und Einsteller gearbeitet. Mit 65 Jahren ging er in den Ruhestand, kurz zuvor war seine Frau gestorben. Er bezieht eine Rente und eine Betriebsrente, sodass er finanziell ganz gut dasteht. Er bezahlt eine kleine Miete, Schulden hat er keine. Mit seiner Gesundheit stehe es nicht zum Besten, ein Pflegedienst kommt täglich wegen seiner Beine.
In seinem Plädoyer stellt der Staatsanwalt fest, dass die Beweise und Bilder eindeutig sind. Trotz der Verurteilung 2020 habe der Angeklagte sein Verhalten nicht geändert und es kam so zum Bewährungsbruch. Er sei zwar voll geständig, doch im Jahr 2021 wurde ein Gesetzespaket zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder beschlossen. Der Grundtatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern wird seither nicht mehr als Vergehen, sondern als Verbrechen eingestuft, mit einem Strafmaß von mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe. Deshalb beantragt er, auch wenn es hart klinge, ein Jahr und acht Monate Haft ohne Bewährung.
Der Rechtsanwalt bestätigt, dass die Beweislage klar sei, er bittet jedoch das Gericht, „es sich nicht zu einfach zu machen“, denn der Angeklagte versuche wirklich, Strategien zur Bekämpfung seiner Neigung, für die er nichts könne, zu entwickeln. Schon das Eingeständnis dieser Anlage sei „das Schwierigste, was man sich eingestehen kann“. Eine Gefängnisstrafe ändere nichts daran, im Gegenteil, die Therapie würde abgebrochen, seine Wohnung wäre weg und mit 70 Jahren ins Gefängnis zu müssen, sei überaus schwierig, ein Neubeginn danach ebenfalls. Da eine Therapie in diesem Bereich meist Jahre dauere, sei der Rückfall nicht überraschend gekommen.
Das letzte Wort hat der Angeklagte. Er bestätigt, dass beide Seiten recht haben, er müsse was tun. Daher auch die Therapiegespräche, auf die er sich jedes Mal freue. Ein Fortschritt sei auch, dass er mit seinem Sohn darüber geredet habe. Nach einer Beratung des Gerichts spricht der Richter folgendes Urteil: ein Jahr und sechs Monate Freiheitsstrafe ohne Bewährung sowie die Übernahme der Kosten des Verfahrens. Der Grund sei zum einen die erfolgte Strafverschärfung.
Hinter jedem Bild steckt eine
reale Missbrauchsgeschichte
Nur besondere Umstände erlauben eine Haftverschonung, die seien in dem Fall jedoch nicht gegeben. Hinter jedem Bild, aufgespürt wurden sie durch das National Center for Missing&Exploited Children in den USA, stecke eine reale Missbrauchsgeschichte eines Kindes. Durch den Konsum werde der Markt immer wieder neu angekurbelt und der Anreiz für die „Produktion“ der Bilder und Taten geliefert. Die Opfer seien neben den psychischen und physischen Schäden auch ständig mit diesen Bildern im Netz konfrontiert. Trotz einiger strafmildernder Faktoren wie zum Beispiel sein Alter und die Situation als „Erstverbüßer“ sei eine Bewährung und Haftverschonung nicht möglich, da auch die Sozialprognose nicht positiv ausfalle. Selbst der „Warnschuss“ 2020 habe nicht zu einer Verhaltensänderung geführt, die „bloße Hoffnung“ reiche nicht aus. Der zu erwartende Bewährungswiderruf wurde im Urteil berücksichtigt. Gegen das Urteil kann Berufung eingelegt werden.