Sahin und der BVB befinden sich in den Flitterwochen
Der Ex-Fußballer gibt im Pokal sein Pflichtspieldebüt als Trainer von Borussia Dortmund. Noch erscheint alles rosarot – der Club rollt dem Coach den Teppich aus.
Von Thomas NOWAG
Dortmund - Die alte Liebe ist bei Nuri Sahin längst neu entflammt, in seinem Bauch tanzen die schwarzgelben Schmetterlinge – noch. „Wir sind in den Flitterwochen“, sagt der neue Trainer von Borussia Dortmund vor seinem Pflichtspieldebüt im DFB-Pokal. Im eiskalten Fußballgeschäft aber verfliegt der wunderbare Zauber eines Anfangs nur zu schnell: „Es werden die ersten harten Entscheidungen kommen, dann müssen wir zusammenbleiben“, sagt der Coach.
2289 Tage nach seinem letzten Bundesligaspiel für den BVB bekommt der Rückkehrer am Samstag (18 Uhr) eine größere Bühne als erwartet. Der Regionalligist Phönix Lübeck zieht für das Erstrundenspiel gegen den Champions-League-Finalisten ins Stadion des Hamburger SV um. Für Sahin, den einst jüngsten aller Bundesligaspieler, ist das eine lösbare Aufgabe.
Vorab sprach der 35-Jährige, ja, der immer noch erst 35-Jährige, wie ein Junge unter dem Weihnachtsbaum, dem das Christkind sämtliche Wünsche erfüllt hat. Der BVB rühmt sich mit seiner Bilanz „fünf von fünf“ – alle Spieler, die der Verein unbedingt haben wollte, so sagen die Verantwortlichen, seien auch gekommen.
Zuletzt war das Nationalstürmer Maximilian Beier, von dem Sahin geradezu schwärmt: „Da mache ich kein Geheimnis draus. Er war mein absoluter Wunschspieler.“ Ein cooler Typ, ein Schlitzohr, lustig, einer, der viel Qualität bringe, Tiefe und Schnelligkeit. Kurz: „Er hat alles, was du offensiv brauchst“, sagte der Trainer über den Stürmer.
Beim Thema Pascal Groß ging es so weiter, der Nationalspieler soll auf der Sechserposition einbringen, was dem BVB bisher fehlte: mehr Strategie und Kreativität. „Ich habe schon am Telefon gespürt: Ich rede mit einem Fußballer, mit jemandem, der Ahnung von der Materie hat“, sagte Sahin. „Er war der Spieler, den wir unbedingt haben wollten. Ich bin extrem glücklich, dass er hier ist“, gibt sich der Coach auch hinsichtlich dieser Personalie euphorisch.
Flitterwochen, eben. Die alte Liebe hat ihrem neuen Trainer den rosaroten Teppich ausgerollt. Serhou Guirassy, vom VfB Stuttgart gekommen, war vergangene Saison einer der Topstürmer der Bundesliga, so konnte der Verein Niclas Füllkrug für viel Geld entspannt gen England ziehen lassen. Innenverteidiger Waldemar Anton kam vom VfB gleich mit, er schließt die Lücke, die der Abschied von Mats Hummels riss.
Niklas Süle scheint zudem wieder in Bestform zu sein, er sprach zuletzt offen über mentale Probleme während der vergangenen Saison. Er habe „den Menschen Niklas Süle kennengelernt“, sagte Sahin, „er weiß selbst, dass er nicht zufrieden sein konnte“. Der Innenverteidiger könnte eine Art interner Zugang sein. Bleibt der brasilianische Rechtsverteidiger Yan Couto, der ebenfalls eine sinnvolle Ergänzung ist.
Die potenzielle Startelf des BVB liest sich also durchaus titelreif, auch wenn die Konkurrenz ebenfalls nicht schläft. Insofern hatte Nuri Sahin Glück, dass er am Donnerstag zur Pokal-Pressekonferenz gebeten hatte. Darauf konnte er sich zurückziehen, als die Sprache auf etwaige Meisterträume kam. Eines könne er sagen, betonte er da: „Wir wollen DFB-Pokal-Sieger werden.“
Über alles andere lässt sich ja in ein paar Monaten noch reden – wenn die Flitterwochen vorbei sind.