Blick zurück im Glück: Tony Marshalls Galerie der Erinnerung
dpa Gaggenau. Seine Stimme füllt den Raum, seine Zerbrechlichkeit bemerkt man erst auf den zweiten Blick. Schlagersänger Tony Marshall strotzt vor Lebensfreude und Glück. Mit einer kleinen Galerie lässt er seine Fans daran teilhaben.
Mit dröhnendem Lachen betritt er den Raum, stützt die eine Hand auf seine Krücke und zeigt mit der anderen weit ausholend auf all die persönlichen Kostbarkeiten um ihn herum. Der Schlagersänger Tony Marshall (83) hat am Dienstag in Gaggenau bei Rastatt seine eigene kleine Galerie eröffnet - und Glückseligkeit dringt ihm aus allen Poren.
„Ich habe alles dahin geschleppt, was mir lieb und wert ist“, sagt er. Mit der Galerie in einer Blockhütte, die zum Gasthof seines alten Freundes Frank Füchtenschnieder gehört, hat er sich nach eigenen Worten einen Traum erfüllt: „Es ist eine Hommage an meine Kollegen, von denen viele schon nicht mehr leben. Aber an mich soll man sich damit auch erinnern!“
Die Blockhütte ist vollgestopft mit Erinnerungen an eine beispiellose Schlagerkarriere und führt entlang an mehr als sechs Jahrzehnten auf der Bühne. Hunderte Fotos, Pokale, Medaillen, Goldene Schallplatten und auch Kuriositäten sind zu sehen: Etwa ein goldener Fußballschuh, den ihm Uwe Seeler einst zum 70. Geburtstag verehrte.
Bilder zeigen ihn mit Schlagergrößen wie Karel Gott, Peter Alexander oder Roberto Blanco - „einer meiner besten Freunden seit mehr als 60 Jahren“, sagt der Sänger, der mit Hits wie „Schöne Maid“ oder „Heute hau'n wir auf die Pauke“ Erfolge feierte. Sie zeigen ihn am Grab des großen Opernsängers Enrico Caruso: „Als ich als Kind den Film „Der große Caruso“ gesehen habe, wusste ich: Ich will Sänger werden.“
Früher hatte er seine Preziosen in einem privaten Museum in seiner Geburtsstadt Baden-Baden. Als die Räume gekündigt wurden, lagerte er die Gegenstände ein - und zeigt sie nun in Gaggenau, aufgestockt um viele weitere.
Einen Ehrenplatz hat die Ehrenbürgerurkunde Baden-Badens. Zu sehen ist aber auch eine, auf der die Insel Bora Bora, Titelgeber des gleichnamigen Songs von Tony Marshall, ihn einst zum Ehrenbürger kürte - unterzeichnet von Bürgermeister Tong Sang. Auf dem Foto dazu steht der Sänger breit lachend zwischen zwei Inselschönheiten.
Wenn Marshall über Musik spricht, strahlt er noch mehr als ohnehin. Er schmettert eine Arie von Verdi, er stimmt die „Ode an die Freude“ an. Die Stimme des 83-Jährigen, der klassischen Gesang studierte, ist kraftvoll und sonor. Von den schweren gesundheitlichen Problemen vor drei Jahren ist ihm nichts anzumerken. Dreimal die Woche muss er zur Dialyse, zu „Anneliese“, wie er lachend sagt. Er wischt das weg. „Ich bin erfüllt mit Dankbarkeit“, sagte er. „Meine Krankheiten sind gar keine, sondern lediglich ein Verfall des Körpers.“
Angst vor dem Tod hat Marshall, der sich selber als Atheisten bezeichnet, nicht. Einschlafen und einfach nicht mehr aufwachen, das wär's, sagt er. Oder noch besser: „Auf der Bühne vom Blitz getroffen werden.“ Aber soweit ist es noch lange nicht. Er hat viel vor: Diamantene Hochzeit will er feiern, eine Fernsehsendung ist geplant, über die er noch nichts verraten will, und ein neues Album im Herbst.
Sein neues Lied „Der letzte Traum“ wird schon vorher veröffentlicht. Sein Team hat ihm einen anrührenden Text auf den Leib geschrieben. „Der letzte Tag ist immer noch in Farbe, in meiner Welt ist immer noch Musik. Und das Gefühl, das ich vom Leben habe, es ist so groß, dass meine Seele fliegt.“
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