Scheitert Theresa May mit ihrem Brexit-Deal?

Britische Regierung steht vor dramatischer Niederlage

Die Zeit für den Brexit-Showdown ist gekommen. An diesem Dienstagabend stimmt das britische Unterhaus über den Austrittsvertrag ab, den Theresa May mit der EU ausgehandelt hat.

Worum geht es bei Mays Deal?

Der Vertrag soll dafür sorgen, dass Großbritannien die EU in der Nacht auf den 30. März ordnungsgemäß verlassen kann. In ihm sind die Scheidungsmodalitäten geregelt – Begleichung von Rechnungen, weiter bestehende Bürgerrechte. Außerdem gibt es eine politische Deklaration zum künftigen Verhältnis zwischen der EU und Großbritannien. Die ist allerdings nicht bindend und ziemlich unbestimmt.

Frage: Was ist, wenn May ihren Deal durchbringt?

Dann ist der Weg für den Austritt zum vorgegebenen Datum frei. Im Sommer 2020 soll dann entschieden werden, ob der sogenannte Backstop in Kraft tritt, der das Vereinigte Königreich dazu verpflichtet, so lange in der EU-Zollunion zu bleiben und Nordirlands Handelsbestimmungen denen der EU anzupassen, bis eine endgültige Lösung zum Offenhalten der irischen Grenze gefunden ist.

Frage: Kann der Deal noch scheitern?

Im Moment deutet alles darauf hin, dass der Deal scheitert. Die BBC glaubt sogar, dass es zur dramatischsten Niederlage einer britischen Regierung in den letzten hundert Jahren kommt. Denn Nordirlands Unionisten und etliche Dutzend konservative Brexit-Hardliner lehnen den Backstop grundsätzlich ab. Auf der anderen Seite hält eine kleinere Gruppe strammer Proeuropäer im Tory-Lager Mays Deal für fatal, weil er ihrer Ansicht nach den Briten keine klaren Per­spektiven bietet.

Frage: Was macht May, wenn sie verliert?

May hat bis nächsten Montag Zeit, um mit einem neuen Plan vors Parlament zu treten. Der neue Plan könnte auch mehr oder weniger der alte sein – falls sie darauf spekuliert, dass ihn nächste Woche eine größere Zahl an Abgeordneten aus wachsender Panik unterstützt. Denkbar wäre auch ein erneuter Blitztrip nach Brüssel. Bis Montag braucht May allerdings gar nicht zu warten. Wenn sie will, kann sie schon nach einer Abstimmungsniederlage am Dienstagabend erklären, was sie als Nächstes plant.

Frage: Und was könnte Theresa Mays Plan nach einer möglichen Niederlage sein?

Die Premierministerin könnte zum Beispiel unmittelbar ihren Rücktritt ankündigen. Immerhin wäre sie gescheitert mit allem, was Intention ihrer zweieinhalbjährigen Amtszeit war – und sie hätte die schwerste Krise der britischen Nachkriegszeit ausgelöst. Sollte sie abtreten, sähe sich London wohl gezwungen, die EU um Aufschub beim Austritt zu bitten. Denn die Neuwahl eines Nachfolgers Mays würde einige Zeit in Anspruch nehmen.

Frage: Könnte May Neuwahlen ausrufen?

Sollte sie sich für parlamentarische Neuwahlen entscheiden und das Unterhaus der eigenen Auflösung zustimmen, könnten solche Wahlen schon Ende Februar oder Anfang März stattfinden. Genau das will ja Oppositionsführer Jeremy Corbyn von der Labour Party, der einen Misstrauensantrag gegen die Regierung plant.

Frage: Welche Alternativen gäbe es?

Im Wesentlichen wohl nur zwei. Formiert sich eine Art „Koalition der Mitte“ im Unterhaus aus kompromisswilligen Torys und Oppositionspolitikern, dann könnten diese Abgeordneten sich eventuell auf einen „sanften Brexit“ mit Verbleib im Binnenmarkt und in der Zollunion der EU verständigen. Das müsste freilich mit der EU neu ausgehandelt werden – und wäre nicht leicht zu „verkaufen“ an die Brexit-Wähler daheim. Die zweite Alternative wäre eine neue Volksabstimmung. Die könnte im Mai oder Juni stattfinden. Ihre Ausrichtung bräuchte also ebenfalls zusätzliche Zeit.

Frage: Und wenn es keine Einigung gibt?

Wenn sich die Unterhausabgeord­neten auf gar nichts einigen können oder sich die Regierung auf keine Alterna­tive einlässt, steuert Großbritannien unweigerlich auf einen No-Deal-Brexit zu. Denn auf das Austrittsdatum hat sich Westminster gesetzlich festgelegt. Deshalb wollen an diesem Dienstag Gegner eines „No Deal“ in einem Zusatzantrag schon vor der Hauptabstimmung ihre Ablehnung eines „No Deal“ bekunden. .

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Erstellt:
15. Januar 2019, 03:14 Uhr

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