Schießerei in Schorndorf wird verhandelt

Ein 21-Jähriger soll in einem Wohngebiet mit einer Maschinenpistole geschossen haben.

Die Jugendkammer des Stuttgarter Landgerichts eröffnete den Prozess gegen einen 21-Jährigen, der im Herbst aus einem Auto geschossen haben soll.

© Alexander Becher

Die Jugendkammer des Stuttgarter Landgerichts eröffnete den Prozess gegen einen 21-Jährigen, der im Herbst aus einem Auto geschossen haben soll.

Von Heike Rommel

Schorndorf. Die Jugendkammer des Stuttgarter Landgerichts hat den Prozess gegen einen 21-Jährigen eröffnet, der im Herbst in einem Schorndorfer Wohngebiet mit einer Waffe herumgeschossen haben soll. Die Anklage lautet auf versuchten Totschlag und Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz. Die Vermutung liegt nahe, dass es sich um einen Fall vom Bandenrivalität handelt.

Der Angeklagte soll jener Mann sein, welcher am Abend des 23. Oktober 2023 in Schorndorf-Weiler mit einer geladenen Maschinenpistole im Auto unterwegs war. Er soll damit als Mitglied einer Bande aus dem Raum Stuttgart/Zuffenhausen/Göppingen auf jemanden aus einer anderen Gang aus der Gegend Ludwigsburg/Esslingen/Plochingen geschossen haben. Dabei, so die Stuttgarter Staatsanwältin Melanie Rischke, habe der 21-Jährige, aus der Untersuchungshaft in den Stuttgarter Gerichtssaal gebracht, eine tödliche Verletzung seines oder seiner Kontrahenten billigend in Kauf genommen.

Der Anklage zufolge kam es in dem Schorndorfer Wohngebiet gegen 21.40 Uhr zum Aufeinandertreffen des 21-Jährigen mit vier anderen Männern, die in der Liebermannstraße ebenfalls mit dem Auto vorfuhren. Es fielen Schüsse. Die Anwohner hörten das und einer von ihnen setzte einen Notruf ab. Der damals noch 20-jährige Angeklagte gibt an, Unbekannte hätten zuerst auf ihn geschossen. Er stellte sich etwa eine halbe Stunde später der Polizei – allerdings als Opfer und nicht als Täter.

Während der junge Mann aus dem Kreis Göppingen die halbe Nacht bei der Polizei Schorndorf saß, gingen dort Informationen von einer Ermittlungsgruppe und von der Spurensicherung ein, sodass aus der anfänglichen Geschädigtenvernehmung eine Beschuldigtenvernehmung wurde. Die Verteidigerin des 21-Jährigen, Margarete Haimayer, vermisst dabei die polizeiliche Aufklärung darüber, dass ihr Mandant als Heranwachsender bei der Polizei einen Pflichtverteidiger gebraucht hätte.

Einige Ungereimtheiten in der Aussage des Angeklagten

Der Verdacht, dass ein Schusswechsel stattgefunden hat, kam auf, als in dem Schorndorfer Wohngebiet Anwohner vernommen und Kugeln, Hülsen sowie Einschusslöcher in einem Verkehrsschild, einem Fenster im ersten Stock eines Gebäudes und in der Dachverkleidung eines Hauses gefunden wurden. Laut Anklage soll der 21-Jährige mit der Maschinenpistole aus dem Autofenster geschossen haben. 15 Schüsse sollen insgesamt gefallen sein. Verletzte gab es offensichtlich keine.

Die Jugendkammer unter Vorsitz von Richter Mathias Merz hat bereits Polizeibeamte im Zeugenstand vernommen. Einem Schorndorfer Polizisten und einem Polizisten von der Waiblinger Kripo kam es seltsam vor, dass der Angeklagte, vom Essen in Schwäbisch Gmünd kommend, auf dem Heimweg in den Kreis Göppingen ausgerechnet in Schorndorf-Weiler gelandet sei. Die Erklärung des 21-Jährigen hierzu: Das Navi habe ihn in die Irre geführt. Am Tatort, so die Polizeibeamten, habe es so ausgesehen, als seien Schüsse in verschiedene Richtungen gefallen. Zu den Einschusslöchern aus einer Neun-Millimeter-Pistole in der Motorhaube und im Außenspiegel seines Mercedes habe der Angeklagte erklärt, es handele sich um den Wagen eines Freundes, der gerade keine Fahrerlaubnis besäße.

Die Polizei vermutet Bandenrivalität

Äußerst seltsam fanden die Zeugen von der Polizei außerdem, dass der Angeklagte vom Tatort bis zum fünf bis sechs Minuten entfernten Schorndorfer Revier eine halbe Stunde gebraucht hat. Bei der Durchsuchung der Wohnung des Angeklagten wurde ein Butterflymesser gefunden, was zu einem weiteren Anklagepunkt wegen unerlaubten Waffenbesitzes geführt hat.

Das Landeskriminalamt hat schon im Herbst vergangenen Jahres einen Zusammenhang dieses Falls mit Schießereien zwischen den zwei rivalisierenden Gruppierungen aus dem Raum Stuttgart/Zuffenhausen/Göppingen und Ludwigsburg/Esslingen/Plochingen gesehen. Die beiden Banden sollen seit Sommer 2022 schwere Gewalttaten begangen und sich immer wieder Schießereien in der Region Stuttgart geliefert haben. Der Prozess gegen den 21-Jährigen, anberaumt auf neun Verhandlungstage, wird am kommenden Montag ab 9 Uhr fortgesetzt.

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Erstellt:
21. April 2024, 06:00 Uhr

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