Erstmals Belege gefunden

Schon die alten Ägypter berauschten sich mit psychoaktiven Drogen

Seit langem vermuten Archäologen, dass auch die alten Ägypter psychoaktive Drogen bei ihren Ritualen nutzten. Jetzt gibt es den eindeutigen Beweis: In einem 2200 Jahre alten Gefäß wurden Inhaltsstoffe von drei halluzinogen wirkenden Pflanzen entdeckt.

Tongefäße wie dieses mit der Fratze des Schutzgottes Bes waren im alten Ägypten weit verbreitet. Wozu sie dienten, zeigen Analysen von Rückständen.

© © University of South Florida/Institute for Digital Exploration (IDEx)

Tongefäße wie dieses mit der Fratze des Schutzgottes Bes waren im alten Ägypten weit verbreitet. Wozu sie dienten, zeigen Analysen von Rückständen.

Von Markus Brauer

Drogen sind keine Erfindung der Neuzeit: In den meisten alten Kulturen wurden ebenfalls schon berauschende, halluzinogene oder einschläfernde Substanzen genutzt – meist im Zusammenhang mit religiösen Praktiken.

Im Nahen Osten nutzte man Cannabis und Opium schon vor 3500 Jahren bei Totenritualen und als Opfergabe. In antiken Heiligtümern ließen sich Priesterinnen von Rauschgift-Dämpfen in Trance versetzen. Die Inkas betäubten ihre Kinderopfer mit Drogen.

Tongefäße mit Schutzdämon-Fratze

Auch die antiken Ägypter machten beim Drogenkonsum keine Ausnahme. Bisher mangelte es aber an einem eindeutigen Beweis für die Nutzung psychotroper Substanzen. Den hat jetzt ein Forscherteam um Davide Tanasi von der University of South Florida in Tampa in einem sogenannten Bes-Gefäß gefunden. Die Studie ist im Fachmagazin „Scientific Reports“ erschienen.

"A University of South Florida professor found the first-ever physical evidence of hallucinogens in an Egyptian mug, validating written records and centuries-old mythsof ancient Egyptian rituals and practices. Through advanced chemical analyses, Davide Tanasi examined one of the… pic.twitter.com/YlFGRAC3DY — Egypt-Museum.com (@egyptomuseum) November 16, 2024

Diese Tongefäße waren von 1600 v. Chr. bis 476 n. Chr. in Ägypten weit verbreitet und zeigten den Kopf des Dämonen und Schutzgeistes Bes. „Bes bot Schutz vor Gefahren, wehrte Schaden ab und konnte Böses verhindern“, erklären die Forscher.

Der Überlieferung zufolge stoppte Bes beispielsweise den Zorn der blutdürstigen Göttin Hathor, indem er sie mithilfe einer pflanzenbasierten, als Blut getarnten Droge einschläferte. In der Nekropole Sakkara wurde diesem Schutzgott sogar in speziellen Kammern gehuldigt.

Bes-Gefäß einem Drogentest unterzogen

„Schon seit langem spekulieren Ägyptologen darüber, welche Funktion diese Gefäße hatten: Ob sie im Alltag verwendet wurden, für religiöse Zwecke oder in Ritualen“, erläutert Koautor Branko van Oppen vom Tampa Museum of Art.

Ein 2200 Jahre altes Bes-Gefäß, das im Museum von Tampa aufbewahrt wird, liefert nun die Antwort. „Zum ersten Mal konnten wir dadurch die chemischen Signaturen der Flüssigkeit identifizieren, die einst in diesem Bes-Gefäß enthalten war – das ist noch nie zuvor gelungen“, erklärt Tanasi.

Extrakte von drei psychoaktiven Pflanzen

Die Analysen zeigen, dass das Bes-Gefäß Extrakte von drei psychoaktiven und medizinisch wirkenden Pflanzen enthielt:

  • Alkaloide der Steppenraute (Peganum harmala): Diese in Trockenregionen des Mittelmeerraums vorkommende Pflanze hat eine halluzinogene Wirkung „Die Samen dieser Pflanze produzieren hohe Konzentrationen der Alkaloide Harmin und Hamalin, die traumartige Zustände und Visionen hervorrufen“, erklären die Experten. Peganum harmala wird in altägyptischen Texten auch als „Pflanze des Bes“ bezeichnet.
  • Alkaloide und Flavonoide der Stern-Seerose (Nymphaea nouchali): Auch dieses Gewächs hat eine psychotrope Wirkung. „Einige Arten dieser Seerosen gelten als narkotisch und beruhigend und wurden traditionell als Arzneimittel und wegen ihrer berauschenden Wirkung verwendet“, schreiben die Forscher.
  • Afrikanische Spinnenpflanze (Cleome gynandr): „Diese Pflanze ist besonders interessant, denn ihre frischen Wurzeln können oral eingenommen die Wehen fördern.“

Berauschender Trunk für religiöse Rituale

Die Ägypter bereiten in den Tongefäßen Drogen auf Pflanzenbasis vor. Spuren von Honig, Sesam, Süßholzwurzel und Traubensaft legen nahe, dass die Pflanzenextrakte Teil eines gesüßten Trunks waren.

Altägyptische Darstellungen in den Bes-Kammern von Sakkara legen nahe, dass der Trunk bei Ritualen zu Ehren des Schutzgotts konsumiert wurde. „Mit unseren Analysen haben wir wissenschaftliche Beweise dafür gefunden, dass die Überlieferungen zu den Bes-Ritualen eine reale Basis hatten“, sagt Tanasi.

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Erstellt:
19. November 2024, 13:00 Uhr

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