Schreibt die Redaktion, was sie will?
So arbeitet die Redaktion (3): Immer stellt sich die Frage nach dem berechtigten Interesse
Von Lorena Greppo
BACKNANG/MURRHARDT. Im Grundgesetz heißt es: „Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.“ Man könnte also meinen, dass Redakteure in dem, was sie schreiben, völlig uneingeschränkt sind. Das wäre allerdings zu kurz gegriffen. Zum einen dürfen Journalisten nur Informationen verbreiten, deren Wahrheitsgehalt sie davor sorgfältig geprüft haben. Dazu gehört auch, dass man sich im Falle eines Streits mit beiden Seiten auseinandersetzt.
Das bedeutet aber auch, dass wichtige Informationen nicht weggelassen werden dürfen, damit kein falsches Bild einer Sachlage entsteht. Der Leser soll in die Lage versetzt werden, sich eine eigene Meinung bilden zu können. Dafür werden ihm die nötigen Fakten geliefert, aber auch Meinungsäußerungen von Experten, Verantwortlichen oder anderweitig Involvierten. Zudem muss ein Redakteur abwägen, ob ein Thema für eine breite Leserschaft überhaupt von Bedeutung ist. Herr und Frau Müller haben Eheprobleme – wenn die beiden keine Personen öffentlichen Interesses sind, ist das an sich kein Thema, dem ein Redakteur nachgeht. Es handelt sich um eine private Angelegenheit, die die Öffentlichkeit nicht berührt. Wenn Frau Müller allerdings Geschäftsführerin einer ortsansässigen Firma ist, die durch wiederholte Verstöße gegen Umweltauflagen von sich reden macht, und Herr Müller zugleich Vorsitzender des örtlichen Umweltschutzvereins ist, verhält sich das anders. Der Interessenskonflikt der beiden Ehepartner berührt dann auch Dritte und ist somit durchaus ein Thema für die Öffentlichkeit. Grundsätzlich ist in solchen Fällen ein Abwägen zwischen den Schutzrechten der Betroffenen und dem berechtigten Interesse der Allgemeinheit an einer Information vorzunehmen. Das ist nicht immer leicht und wird daher auch immer wieder hinterfragt.
Übrigens kann die Antwort auf die gestellte Frage auch anders aufgefasst werden, denn manchmal müssen Redakteure auch über Dinge schreiben, über die sie nicht schreiben wollen. Eine umfassende, wahrhaftige Berichterstattung zwingt die Redakteure – beispielsweise in Zeiten des Wahlkampfs – über Auffassungen und Positionen zu berichten, die sie selbst nicht teilen.
Haben auch Sie eine Frage zur Arbeit
der Redaktion, die wir in unserer Serie beantworten sollen? Dann schicken
Sie eine E-Mail an redaktion@bkz.de.