„Schritt Richtung Normalisierung“ im Reisejahr erwartet
dpa/lsw Stuttgart. Hoffnungsschimmer für die Tourismusbranche: Die Reiselust der Menschen ist groß. Die Corona-Pandemie sorgt jedoch weiter für Unsicherheit.
Die Menschen in Deutschland verspüren eine sehr hohe Reiselust. Es gebe einen Nachholbedarf an Urlaubsreisen infolge der Corona-Pandemie, sagte Tourismusforscher Martin Lohmann von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen (FUR) in einem Online-Livestream am Freitag in Stuttgart. Doch gleichzeitig dämpfte er die Erwartungen für die Branche. Das hohe Interesse am Reisen führe nicht automatisch zu einer entsprechenden Nachfrage.
Sie dürfte auch im laufenden Jahr geringer ausfallen als im Vergleich zur Vor-Corona-Zeit, sagte Lohmann anlässlich der Vorstellung der alljährliche „Reiseanalyse“ vor der Reisemesse CMT, die zum zweiten Mal nur online stattfindet. Laut der Umfrage haben 61 Prozent von gut 2500 Befragten Lust auf eine Urlaubsreise in diesem Jahr (Vorjahr: 51 Prozent). Die Faktoren Zeit und Geld würden mit 72 Prozent beziehungsweise mit 70 Prozent ebenfalls so günstig wie seit dem Jahr 2013 nicht mehr eingeschätzt, als diese Fragen erstmals gestellt wurden. „Das wird jedoch nicht unbedingt in Reisen umgesetzt“, erläuterte Lohmann weiter.
Die Unwägbarkeiten der wechselnden Vorschriften führen den Angaben nach bei vielen Reisewilligen dazu, dass sie mit Buchungen abwarten. Zudem begrenzten Corona-Vorschriften die Zugänglichkeit und die Kapazitäten touristischer Angebote. Gerechnet wird allerdings mit einem „Schritt Richtung Normalisierung“ zur Situation vor Ausbruch der Pandemie. Ausgegangen wird von etwa 60 Millionen Urlaubsreisen der Menschen hierzulande. Das wären geschätzt etwa 10 Millionen mehr als im vergangenen Tourismusjahr.
Auch im laufenden Jahr werden demnach Ziele zwischen Rügen und Garmisch-Partenkirchen sowie in den Nachbarländern Deutschlands gefragt sein. „Deutschland bleibt Nummer 1 bei den Urlaubsreisen.“ Die Pandemie habe das Reiseverhalten auch verändert. So seien in den Jahren 2019 und 2020 die Marktanteilszuwächse in Baden-Württemberg bei Jüngeren unter 50 Jahren besonders hoch gewesen. Auch in Pandemiezeiten sei der Südwesten bei Personen ab 50 Jahren besonders beliebt gewesen.
Der Anteil von Flugreisen dürfte sich 2022 gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 weiter relativ gering sein. Der als kontaktarm geltende Campingurlaub findet in Corona-Zeiten dagegen neue Freunde. Noch nie waren so viele Menschen in Deutschland den Angaben zufolge an Ferien mit einem Wohnmobil (15 Prozent) oder im Caravan (12 Prozent) interessiert.
Die Reiseziele rund um das Mittelmeer werden sich nach Einschätzung von Lohmann wieder erholen. An der Spitze der Länder stehe Spanien, gefolgt von der Türkei, Griechenland und Italien. Der Tourismus zählt zu den am härtesten von der Corona-Krise getroffenen Branchen. Auf etwa 24 Milliarden Euro beziffert der Reiseverband DRV allein die Umsatzausfälle bei Reisebüros und Veranstaltern in Deutschland in zwei Pandemie-Jahren.
Weltweit brach der Tourismus der FUR zufolge im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorkrisenjahr um mehr als 70 Prozent ein. Die Zahl der internationalen Gäste-Ankünfte lag geschätzt bei etwa 351 Millionen, nach 381 Millionen 2020 und 1,46 Milliarden im Jahr 2019. Das Volumen des internationalen Tourismus entspreche damit in etwa dem Niveau von 1987.
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