Schumm-Stift bietet Unterkunft für bis zu 150 Geflüchtete in Murrhardt

Der Vorstand des Murrhardter Schumm-Stifts hat sich entschlossen, nach dem Teilumzug des Pflegeheims Asylbewerber in den leeren Stockwerken des Altbaus aufzunehmen. Vor allem ukrainische Familien, aber auch Menschen aus anderen Krisengebieten sollen dort unterkommen.

Das Haus Emma verfügt über fünf Stockwerke, in denen noch bis vor Kurzem rund 80 Seniorinnen und Senioren gepflegt wurden. Sie sind mittlerweile in den Neubau schräg gegenüber, ebenfalls an der Fornsbacher Straße, umgezogen. Wenn die Sanitär- und Küchenbereiche des Hauses umgestaltet sind, wird die Erich-Schumm-Stiftung dort Geflüchtete aufnehmen. Archivfoto: Jörg Fiedler

© Jörg Fiedler

Das Haus Emma verfügt über fünf Stockwerke, in denen noch bis vor Kurzem rund 80 Seniorinnen und Senioren gepflegt wurden. Sie sind mittlerweile in den Neubau schräg gegenüber, ebenfalls an der Fornsbacher Straße, umgezogen. Wenn die Sanitär- und Küchenbereiche des Hauses umgestaltet sind, wird die Erich-Schumm-Stiftung dort Geflüchtete aufnehmen. Archivfoto: Jörg Fiedler

Von Christine Schick

Murrhardt. Die Erich-Schumm-Stiftung hat in einen großen Neubau investiert und nun, nach dem Umzug in den neuen Komplex schräg gegenüber an der Fornsbacher Straße in Murrhardt, steht ein Großteil des Hauses Emma – der ehemalige Kernbereich und mehrstöckige Bau des Alters- und Pflegeheims – leer. Wie der Vorstand der Stiftung gestern mitteilte, wird der Altbau nun nach reiflicher Überlegung vorübergehend als Unterkunft für geflüchtete Familien aus der Ukraine und anderen Ländern zur Verfügung stehen. „Ein entsprechender Vertrag mit dem Landkreis Rems-Murr wurde im August 2022 unterzeichnet“, erläutert der Vorstand in einer Pressemitteilung.

Ursprünglich waren die Pläne ganz andere. Nach Fertigstellung des Neubaus sollte das Haus Emma – in einer Art Wohnpark gemeinsam mit den weiteren Häusern Elisabeth und Lili – völlig neu konzipiert und mit unterschiedlich großen Wohnungen ausgestattet werden, mit dem Ziel, ein generationenunabhängiges Wohnen inklusive Dienstleistungen anbieten zu können. „Zwischenzeitlich hat sich jedoch die Situation am Baumarkt so stark verändert, dass wir überlegt haben, das Haus übergangsweise leer stehen zu lassen. Dies hätte wiederum der Bausubstanz geschadet. Angesichts der vielfältigen Krisenherde um uns herum kam uns bereits im März dieses Jahres der Gedanke, das Haus Emma übergangsweise dem Landkreis Rems-Murr als Unterkunft für Geflüchtete anzubieten. Die Grundüberlegung war, vornehmlich Familien aus der Ukraine hier einen Platz zu bieten – auch mit der Motivation Arbeitsplätze anbieten zu können“, berichtet der Vorstand weiter über die Hintergründe.

Das Haus bietet Barrierefreiheit, auch für kranke und behinderte Menschen

Wie auch die Stiftung feststellt, hat sich die Flüchtlingssituation bekanntermaßen immer weiter verschärft. Bereits im August hatte sich das Landratsamt vor dem Hintergrund der vielen ukrainischen Geflüchteten, die im Land ankamen, mit einem Schreiben an die verschiedensten Einrichtungen gewandt. Martina Keck vom Presseteam des Landratsamts lässt wissen, dass derzeit händeringend nach Unterbringungsmöglichkeiten gesucht wird. Sie bestätigt, dass der Kreis nun plant, Teile des Erich-Schumm-Stifts in Murrhardt als Unterkunft für Geflüchtete zu nutzen. „Angesichts der hohen Zahl der Geflüchteten, die aktuell zu uns kommen, hat die Liegenschaft viele Vorzüge: Sie bietet Platz für bis zu 150 Menschen, verfügt über eine Zimmerstruktur und ist weitestgehend barrierefrei. Schließlich ist es aktuell besonders schwierig, Geflüchtete mit Erkrankungen oder Behinderung adäquat unterzubringen“, erläutert Martina Keck. Allerdings braucht es noch einige Vorarbeiten. Wie auch Rainer Görke, der die kaufmännische Leitung der Erich-Schumm-Stiftung innehat, bestätigt, müssen zunächst die Sanitäranlagen und Küchen umgebaut werden. „Auf den fünf Stockwerken gibt es salopp gesagt nur kleinere Behelfsküchen, aber damit die Menschen sich hier gut versorgen können, muss man das umgestalten und erweitern.“ Ein erster Besichtigungstermin mit den Verantwortlichen ist für kommende Woche geplant. Görke macht klar, dass eine schnelle Nutzungsmöglichkeit wünschenswert sei, dies aber davon abhänge, wie zügig die Arbeiten umsetzbar seien.

Im Anschluss könnte je nach Dynamik und Zugangszahlen der Einzug ins Haus erfolgen, erläutert Martina Keck. „Wir gehen bisher davon aus, dass die Unterkunft im Zeitraum ab Ende Oktober oder im Laufe des Novembers belegt werden könnte.“ Sie untermauert die schwierige Situation mit einigen Zahlen: Zurzeit sind es rund 160 Menschen aus der Ukraine pro Monat, die als Flüchtlinge in den Kreis kommen, für Oktober liegt die Zahl bereits bei rund 180 Asylbewerbern. „Das Land signalisiert uns aber, dass es in naher Zukunft 600 oder mehr pro Monat sein könnten. Diese Spanne macht es schwer zu planen.“

Die Stiftung betont die Verantwortungfür Bewohnerinnen und Bewohner

Der Vorstand lässt in Anbetracht seiner Entscheidung, das Haus als Unterkunft zur Verfügung zu stellen, wissen: „Uns ist bewusst, dass wir im Zusammenleben mit unseren Bewohnerinnen und Bewohnern sowie den Mieterinnen und Mietern der Häuser Elisabeth und Lili eine besondere Verantwortung haben. Dies ist auch dem Landkreis klar und im Grundsatz im Mietvertrag verankert. Dementsprechend soll der Fokus der Zuweisung auf Familien gelegt werden, die aus der Ukraine, aber auch aus anderen Flüchtlingsgebieten kommen können. Eine enge Abstimmung mit dem Landkreis ist unter anderem durch den Sozialarbeiter gewährleistet, der fünf Tage pro Woche vor Ort ist.“ Was die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner anbelangt, verweist das Landratsamt auf die dynamische, sprich nicht vorhersagbare Entwicklung. „Bisher planen wir, dort vor allem Geflüchtete aus der Ukraine unterzubringen. Die Zahl der Asylbewerber aus anderen Ländern steigt jedoch aktuell stark an.“ Bei der Belegung von neuen Unterkünften stehe das Landratsamt in engem Austausch mit der jeweiligen Kommune und weiteren Ansprechpartnern.

Nach Informationen von Rainer Görke lässt sich im Erdgeschoss ein Büro einrichten, über das die Neuankömmlinge betreut werden können beziehungsweise in dem sie zeitweise Ansprechpartner finden. Ansonsten gibt es eine klare Aufteilung: Die Räumlichkeiten des Erd- und Untergeschosses im Haus Emma, in dem noch ein Teil der Beschäftigten des Alters- und Pflegeheims tätig ist, stehen für sich. Die Wohnbereiche in den oberen Stockwerken sind komplett abtrennbar, erläutert er. Es gebe auch einen separaten Eingang.

Abschließend bewertet der Vorstand die Entscheidung als Win-win-Situation für den Landkreis und die Erich-Schumm-Stiftung: „Wir bieten einerseits Menschen in Not ein erstes neues Heim, finden eventuell neue Arbeitskräfte, und können andererseits unsere Konzeption und Planung für das Haus Emma im Sinne des ,generationenunabhängigen Wohnens mit Service‘ überarbeiten und dann in die Realisierung gehen.“

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Erstellt:
8. Oktober 2022, 06:00 Uhr

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