Koalition
„Schwedisches Modell“ bei der Wehrpflicht
Wehrdienst-Comeback: Die neue Koalition aus CDU/CSU und SPD will das „Schwedische Modell“ für die Bundeswehr. Friedrich Merz kündigt es an, aber „auf freiwilliger Basis“ – wie passt das zusammen?

© KNA Katholische Nachrichten-Agen/Julia Steinbrecht
Bundeswehr-Soldat bei einer Übung – müssen bald sogar junge Frauen an die Waffe?
Von Michael Maier
Paukenschlag bei der Vorstellung des Koalitionsvertrags von CDU/CSU und SPD: Friedrich Merz (CDU) hat angekündigt, dass die neue Regierung einen Wehrdienst nach dem „Schwedischen Modell“ einführen will – allerdings „auf freiwilliger Basis“. Diese Ankündigung ist Teil der Bemühungen, die Verteidigungsfähigkeit Deutschlands angesichts der angespannten Weltlage zu stärken, wirft aber gleichzeitig Fragen auf.
Was genau ist das „Schwedische Modell“? Schweden hatte seine Wehrpflicht 2010 ausgesetzt, sie aber 2017/2018 angesichts der veränderten Sicherheitslage in Europa (insbesondere durch Russland) wieder reaktiviert – und zwar in einer modernisierten Form, die nun als „Schwedisches Modell“ bekannt ist.
Schwedisches Modell bei der Wehrpflicht
- Musterung aller: Grundsätzlich werden alle jungen Männer und Frauen eines Jahrgangs erfasst und zu einer Online-Musterung aufgefordert.
- Selektive Auswahl: Nur ein Teil der jungen Menschen wird zu umfassenderen physischen und psychologischen Tests eingeladen.
- Bedarfsorientierte Einberufung: Letztendlich wird nur ein kleiner, an den tatsächlichen Bedürfnissen der Streitkräfte orientierter Teil der Gemusterten zum Grundwehrdienst einberufen. Entscheidend sind dabei Eignung und Motivation.
- Verpflichtend für Ausgewählte: Wichtig ist: Wer in Schweden nach diesem Prozess ausgewählt wird, ist gesetzlich verpflichtet, den Wehrdienst anzutreten. Es ist also kein reines Freiwilligenmodell.
„Schwedisches Modell“ oder Freiwilligkeit?
Wie passt das nun mit dem Schlagwort „Freiwilligkeit“ zusammen? Das schwedische Vorbild basiert ja gerade auf der Wehrpflicht für die ausgewählten jungen Männer und Frauen, obwohl es sich nur um eine kleine Minderheit des jeweiligen Jahrgangs handelt.
Vielleicht sollen zwar alle jungen Menschen erfasst und gemustert werden, um einen Überblick über potenzielle Rekruten zu gewinnen – der Dienstantritt erfolgt dann aber ausschließlich durch Freiwillige aus diesem Pool? Das wäre dann eine deutliche Abweichung vom schwedischen Vorbild.
Musterung ist in Schweden Pflicht
Eventuell nutzt man auch den positiv besetzten Begriff „Schwedisches Modell“, um eine modernisierte Form der Rekrutierung zu signalisieren, schreckt aber vor einer echten Dienstpflicht zurück? Vielleicht hofft man, durch attraktive Rahmenbedingungen und gezielte Ansprache nach der Musterung so viele Freiwillige zu gewinnen, dass eine formal bestehende Pflicht (falls sie überhaupt eingeführt wird) de facto nie angewendet werden muss?
Dienstpflicht auch für Frauen?
Klar ist jedenfalls, dass eine Wehrpflicht für Frauen nur mit Zweidrittel-Mehrheit per Grundgesetzänderung eingeführt werden könnte. Im Bundestag gibt es dagegen aber eine Sperrminorität von Linken und AfD. Beide Parteien sind gegen eine Dienstpflicht für Frauen.