Ex-Bundespräsident Horst Köhler ist tot

Seine große Karriere begann in Baden-Württemberg

Staatssekretär, Chef des IWF, Bundespräsident – Horst Köhlers große Karriere nahm in Baden-Württemberg ihren Anfang. Das waren die wichtigsten Etappen seines Lebens.

Horst Köhler: Der Tübinger Student, der 1981 in die CDU eintrat, machte schnell Karriere.

© AFP/JOHN MACDOUGALL

Horst Köhler: Der Tübinger Student, der 1981 in die CDU eintrat, machte schnell Karriere.

Von red/KNA/dpa

Ein Mann der lauten, schrillen Töne war Horst Köhler nie. Dabei hatte er zu Beginn seiner Amtszeit als neunter Bundespräsident im Interview noch gesagt, er wolle offen sein - und notfalls unbequem. Die meisten Schlagzeilen neben seiner überraschenden Kür zum Kandidaten von Union und FDP für das höchste Staatsamt 2004 machte jedoch das Ende seiner zweiten Amtszeit 2010: Für viele ebenso überraschend und als erster Bundespräsident in der deutschen Geschichte trat Köhler vom Amt zurück. Am Samstagmorgen ist er im Alter von 81 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit im Kreis seiner Familie in Berlin gestorben.

Seinem Rücktritt als Bundespräsident vorangegangen war ein missverständliches und vielleicht absichtlich missverstandenes Interview, das er auf dem Rückflug aus Afghanistan gegeben hat, wo er Truppen der Bundeswehr besucht hatte. Der Afghanistan-Einsatz als handelspolitische Notwendigkeit und damit vom Grundgesetz nicht gedeckt? So hatten politische Stimmen in Berlin seine Worte ausgelegt. Köhler sah sich in einer „Schlammschlacht“ diffamiert, die aus seiner Sicht Gefahr lief, das höchste Staatsamt zu beschädigen.

Was Horst Köhler geprägt hat

Nach seinem Rücktritt habe er sich eine Diskussion über Wahrhaftigkeit erhofft. Die Debatte blieb aber aus. Er habe sich nie über den Schritt zum Rücktritt gefreut, sagte Köhler Jahre später im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er sei aber mit sich im Reinen gewesen.

Geprägt hat Köhler nach eigenen Worten ein Buch des Weltethos-Theologen Hans Küng zum Thema Wahrhaftigkeit. Das Thema fand Widerhall in seinen Lebensstationen: Der studierte Volks- und Wirtschaftswissenschaftler, der nach einer Beamtenlaufbahn zunächst Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes und 2000 Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) in Washington wurde, hatte entgegen jedem Klischee über Banker ein weites Herz - vor allem für Afrika, für nachhaltiges Wirtschaften und für soziale Projekte.

In Ludwigsburg wurde die Familie heimisch

Köhlers Eltern stammen aus Bessarabien, einer Region deutscher Auswanderer am Schwarzen Meer, die heute zu Moldawien und Rumänien gehört. 1943, zu der Zeit lebte die Familie bereits im polnischen Skierbieszow, wurde Köhler als siebtes von acht Kindern geboren. Die Eltern mussten fliehen, vor Kriegsende nach Leipzig und 1953 weiter nach Westen, wo sie in Ludwigsburg heimisch wurden.

Der Tübinger Student, der 1981 in die CDU eintrat, machte schnell Karriere: Referent am Tübinger Institut für Wirtschaftsforschung, ein Job im Bundeswirtschaftsministerium, dann in die Kieler Staatskanzlei und zurück zur Bundesregierung, wo er im Bundesfinanzministerium Staatssekretär wurde. Sowohl beim Maastricht-Vertrag der EU als auch bei der Wiedervereinigung verhandelte Köhler in erster Reihe - allerdings immer mehr einer Fachwelt als der breiten Öffentlichkeit bekannt.

Engagement für christliche Werte

Als Elder Statesman wirkte der Altbundespräsident weiter. 2012 berief ihn der damalige UN-Generalsekretär Ban Ki Moon in ein Gremium zur Entwicklung globaler Entwicklungsziele, Nachfolger Antonio Guterres ernannte ihn zum UN-Sondergesandten für die Westsahara. Köhler, der mit seiner Frau Eva Luise im Chiemgau und in Berlin wohnte, reiste, hielt Vorträge, setzte in vielfacher Hinsicht eher auf Nachhaltigkeit als auf die schnelle Schlagzeile. Afrika blieb für ihn der Zukunftskontinent. Die Nachhaltigkeitsziele 2030 der Vereinten Nationen trug er als Logo-Button am Revers.

Zu den weiteren Facetten Köhlers gehörte sein Engagement für christliche Werte: So war der vielfach geehrte Altbundespräsident etwa Mitglied des Kuratoriums der vom Theologen Küng ins Leben gerufenen Stiftung Weltethos. Außerdem fungierte er als Schirmherr des ersten „Bürgerrates Klima“ und engagierte sich mit seiner Frau Eva Luise, „dem wichtigsten Menschen in meinem Leben“, in einer gemeinsamen Stiftung zur Erforschung seltener Erkrankungen. Köhlers Tochter war aufgrund einer solchen Erkrankung im Jugendalter erblindet.

„Ich hatte immer erfüllende Aufgaben, die mich wirklich gefordert haben“, sagte Köhler im KNA-Interview zu seinem 80. Geburtstag. Für den Protestanten war besonders in Krisensituationen der Glaube eine Kraftquelle - ganz im Sinne seines Konfirmandenspruchs: „Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch.“

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Erstellt:
1. Februar 2025, 11:44 Uhr
Aktualisiert:
1. Februar 2025, 12:41 Uhr

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