Studie aus Tübingen

Seit wann Reptilien hören können

Als die Wirbeltiere das Wasser verließen und an Land gingen, gab es ein Problem: das Hören. Schon Ur-Reptilien entwickelten daraufhin ein Trommelfell. Vielleicht rettete sie das vor dem Aussterben.

Dieses undatierte Handout mit dem Gemälde von Júlia D’Oliveira (São Carlos, Brasilien) zeigt einen hypothetischen Reptilienvorfahren, der das feine Geräusch eines Insektes mit seinem Trommelfell wahrnimmt.

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Dieses undatierte Handout mit dem Gemälde von Júlia D’Oliveira (São Carlos, Brasilien) zeigt einen hypothetischen Reptilienvorfahren, der das feine Geräusch eines Insektes mit seinem Trommelfell wahrnimmt.

Von Markus Brauer/dpa

Aus der Analyse von uralten Reptilien-Fossilien sowie modernen Reptilien-Embryonen schließt ein Forscherteam, dass die Vorfahren heutiger Reptilien bereits über ein Trommelfell zum Hören verfügten. Dies könnte der Gruppe möglicherweise geholfen haben, ein großes Artensterben in der Erdgeschichte zu überleben. Denn wer gut höre, könne Insekten als Nahrung wahrnehmen und Raubtieren ausweichen, schreiben die Wissenschaftler im Fachblatt „Current Biology“.

⚡️REPTILIAN SIXTH SENSE⚡️Biologists at the University of Maryland recently discovered a previously unknown talent in a Reptilian lizard that’s shaking up what we thought we knew about Reptilian hearing. “In a new study published in Current Biology on October 4, 2024, the… pic.twitter.com/2f7P0ncXcH — Reptile Hybrid (@Reptile_Hybrid) October 10, 2024

Durchgeführt wurde die Studie von Forschern aus Brasilien, den USA und Deutschland unter Leitung von Mario Bronzati vom Fachbereich Geowissenschaften am Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment an der Universität Tübingen. Nachfahren der ersten Reptilien sind heute mehr als 20.000 Arten von Krokodilen, Eidechsen, Schlangen und Schildkröten.

Trommelfell war schon früh vorhanden

Für die Studie untersuchten die Experten den Ursprung und die Entwicklung des Trommelfell-Hörens bei modernen Reptilien und deren zahlreichen ausgestorbenen Verwandten. Und zwar, indem sie Informationen aus der Paläontologie und der Entwicklungsbiologie kombinierten. Dabei wurden auch Entwicklungsdaten von Eidechsen- und Krokodil-Embryonen erhoben.

Bei der Analyse entdeckten sie Umgestaltungen in der Knochenstruktur der Ohrregion bei den Vorfahren der heutigen Reptilien. Diese Veränderungen führten zur Bildung einer Ohröffnung und eines Bereichs für die Befestigung des Trommelfells.

Übergang vom Wasser zum Land

Die evolutionäre Neuerung entstand demzufolge, nachdem die ersten Wirbeltiere vor etwa 400 bis 360 Millionen den Übergang vom Wasser zum Land meisterten.

Da sich Schallwellen in der Luft und im Wasser unterschiedlich ausbreiten, hätten sich die Tiere mit dem Problem des Hörens konfrontiert gesehen. Obwohl die ersten lurchartigen Landwirbeltiere bereits hören konnten, habe die Entwicklung eines Trommelfells das Gehör dieser Tiere immens verbessert.

Verwandte ohne Trommelfell starben aus

„Dies ist die erste Studie, die den Ursprung des Trommelfells bei Reptilien im Detail dokumentiert. Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der Vorfahre aller Reptilien bereits ein Trommelfell besaß, ähnlich dem, was wir bei den heutigen Arten finden. Wir zeigen auch, dass die nächsten Verwandten der heutigen Reptilien kein Trommelfell besaßen“, erklärt Bronzati.

Diese Verwandten starben laut Bronzati und Kollegen alle an der Perm-Trias-Grenze vor etwa 250 Millionen Jahren aus. Dies lege nahe, dass die Entwicklung des Trommelfells ein Schlüsselereignis für den evolutionären Erfolg der Reptilien gewesen sein könnte.

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Erstellt:
16. Oktober 2024, 12:59 Uhr
Aktualisiert:
16. Oktober 2024, 13:59 Uhr

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