Der CDU-Chef und seine Koalitionspläne

Selbstbewusst, selbstbewusster, Friedrich Merz

Der Wahlsieger Friedrich Merz setzt darauf, dass die SPD sich seinen Ideen inhaltlich stark anpasst. Doch kann der Plan aufgehen? Ein Blick auf Merz’ Plan – und die drei Männer, die ihn besonders unterstützen sollen.

Er will schnelle Koalitionsverhandlungen: Friedrich Merz.

© dpa/Michael Kappeler

Er will schnelle Koalitionsverhandlungen: Friedrich Merz.

Von Tobias Peter

Das Adjektiv selbstbewusst hat in diesen Tagen eine neue Steigerungsform gefunden: Selbstbewusst, selbstbewusster, Friedrich Merz. Der voraussichtlich künftige Bundeskanzler tut an diesem Montag das ganz natürlich, was ihm auf der Bühne manchmal schwerfällt: Er lächelt. Weil er es kann, nicht, weil er es – wie im Wahlkampf – muss. Zwischendurch zeigt er aber auch immer wieder ein ernstes Gesicht. Jetzt ist so ein Moment.

Der 69-Jährige aus dem Sauerland hat die Bundestagswahl gewonnen: nicht glamourös, aber eindeutig. Er hat sich bis kurz vor der Wahl eine harte Auseinandersetzung mit der SPD geliefert – also mit der Partei, mit der er künftig regieren muss. Ein schwarz-rotes Bündnis: Früher hätte man das eine große Koalition genannt. Doch mittlerweile ist es fast schon ein kleines Bündnis. Faktisch hat Friedrich Merz aber keine andere Option.

Merz könnte jetzt verbal, soweit es geht, abrüsten. Er könnte in erster Linie nach Gemeinsamkeiten suchen. Er könnte erste Brücken zu den Sozialdemokraten bauen. Stattdessen hat Merz – zusätzlich zum Wechsel, den er in der Migrations- und in der Wirtschaftspolitik verlangt – zur Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus gleich noch eine weitere Forderung an künftige Koalitionspartner mitgebracht.

Die Union pocht darauf, das Wahlrecht müsse zur nächsten Legislaturperiode wieder verändert werden. Zur Erinnerung: Nachdem es nicht zu einer überparteilichen Einigung gekommen ist, hatte die Ampel eine Reform des Wahlrechts beschlossen. Sie soll verhindern, dass der Bundestag immer größer wird. Das ist gelungen, die Mandate sind nun bei 630 gedeckelt. Der Preis dafür: Es ziehen nicht mehr alle Wahlkreisgewinner in den Bundestag ein.

Bundesweit trifft das 23 Direktkandidaten, die ihren Wahlkreis gewonnen haben, nun aber trotzdem nicht in den Bundestag einziehen. 18 von ihnen kommen von der CDU oder CSU. „Das ist inakzeptabel“, betonte Merz. Trotz Extra-Forderung: Der CDU-Chef bleibt bei seiner Aussage vom Abend des Wahlsiegs, dass es mit der Regierungsbildung nun schnell gehen sollte. Nur: Der Streit übers Wahlrecht zieht sich bereits über Jahre.

Ein ungewöhnliches Pokerspiel

Die öffentlichen Statements nach Wahlen und vor Sondierungen oder Koalitionsverhandlungen sind ein faszinierendes Pokerspiel. Denn eigentlich weiß jeder, was für ein Blatt der andere auf der Hand hat. Die Union hat mit Abstand am stärksten bei der Wahl abgeschnitten – und die SPD historisch schlecht. Gleichzeitig gibt es aber keinen Zweifel daran: Ohne die Sozialdemokraten wird Friedrich Merz nicht Kanzler. Obwohl also alle Karten bekannt sind, redet jeder nun die des anderen schlecht.

Warum also glaubt Merz, dass die SPD seinen Forderungen in der Migrationspolitik nachgeben wird, die sie bisher auch als rechtlich ausgeschlossen bezeichnet hat? Wie kann er annehmen, dass die SPD seinen Ideen in der Wirtschaftspolitik folgen wird – und das, obwohl die von Merz vorgeschlagenen Steuersenkungen von der SPD im Wahlkampf noch als kaum finanzierbar und sozial ungerecht gebrandmarkt wurden?

Friedrich Merz hat darauf vor allem eine Antwort: Die SPD werde sich die Sache schon überlegen, wenn sie sich einmal ihr eigenes Wahlergebnis anschaue. Wenn sie verstehe, dass sie viele Wähler sowohl an die Union als auch an die AfD verloren habe. Die SPD müsse die Probleme der Menschen im Land lösen, wenn sie wieder erfolgreicher werden will. So will es der CDU-Chef verstanden wissen. Und: Die SPD soll doch bitte endlich einsehen, dass CDU-Politik klüger ist – so dürfte es für viele Sozialdemokraten gerade klingen.

Das Umfeld des Friedrich Merz

Wer so selbstbewusste Ansagen macht wie Friedrich Merz, der hat ein gut geordnetes professionelles Umfeld, das ihn trägt. In der Pressekonferenz im Konrad-Adenauer-Haus steht CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann neben ihm. Der 47-Jährige aus Paderborn ist einer der wichtigsten Vertrauten von Merz. Er hat den Prozess zum Grundsatzprogramm angeleitet. Ihn machte Merz zum Generalsekretär, als er mit dessen Amtsvorgänger Mario Czaja nicht zurechtkam. Linnemann steht fürs Konservative genauso wie für das Wirtschaftsliberale in der Union. So wie Merz.

Wann immer es darum geht, wer in der Union unter einem Kanzler Merz – ob in Partei, Fraktion oder Regierung – eine wichtige Rolle spielen wird, werden drei Namen genannt: Linnemann, der erste Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Thorsten Frei, und der frühere Gesundheitsminister Jens Spahn.

Frei, der von 2004 bis 2013 Oberbürgermeister von Donaueschingen war, organisierte die Fraktion in den vergangenen dreieinhalb Jahren zur großen Zufriedenheit von Merz. Der 51 Jahre alte Jurist gilt als hochloyal. Und Merz betraute ihn mit wichtigen Gesprächen mit der Ampel zur Migrationspolitik.

Jens Spahn (44) wiederum ist das Kunststück gelungen, sich in den engen Führungskreis zu lavieren, obwohl er sich in einem früheren Machtkampf bewusst gegen das Team Merz gestellt hatte. Spahn stellte sich damals an die Seite von Armin Laschet, der Merz im Kampf um den Parteivorsitz schlug. Erst nach Laschets gescheiterter Kanzlerkandidatur wurde Merz Parteichef. Und Spahn, der wie kaum ein anderer erfolgreich CDU-Politik in den Medien verkauft, arbeitete sich beharrlich in die Nähe des neuen Vorsitzenden.

Das Problem, das bleibt

Doch ein Problem können auch Linnemann, Frei und Spahn für ihren Vorsitzenden nicht auflösen. Kostenlos wird eine Koalition mit der SPD nicht zu haben sein. Damit die Union das versteht, gibt die SPD sich professionell kühl. „Ob es zu einer Regierungsbildung kommt, ob die SPD in eine Regierung eintritt, das steht nicht fest“, sagte SPD-Chef Lars Klingbeil am Montag im Willy-Brandt-Haus. Schon Sigmar Gabriel hat als SPD-Chef mit dem Instrument der Mitgliederbefragung die Preise in der Koalition mit Angela Merkel in die Höhe getrieben.

Klingbeil soll nun fürs Erste der neue starke Mann in der SPD sein. Obwohl er als Parteichef die Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz und die katastrophale Wahlniederlage mitverantwortet, hat ihn das Präsidium der Partei zusätzlich für den Fraktionsvorsitz nominiert. Man will klare Verantwortlichkeiten in den Zeiten der anstehenden Verhandlungen. Klingbeil hatte bereits am Wahlabend für einen Generationswechsel plädiert – ein glücklicher Zufall, dass der Niedersachse selbst erst 47 Jahre alt ist.

Merz hat nach seinem Wahlsieg übrigens nach eigenen Angaben noch kein Glückwunsch der früheren CDU-Kanzlerin Angela Merkel erreicht. Zuletzt hatte die Altkanzlerin Kritik an einer gemeinsamen Abstimmung von Union und AfD geübt. „Also, ich hab bis jetzt von Angela Merkel keine Glückwünsche gesehen“, sagte Merz auf Nachfrage. Und fügte dann aber noch hinzu: „Es kann sein, dass ich sie übersehen habe, weil ich ein paar hundert SMS im Verlauf der letzten Nacht bekommen habe.“ Es sind selbstbewusste Worte.

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Erstellt:
24. Februar 2025, 18:38 Uhr

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